Zusammenarbeit für offene Wissenschaftsdaten
Die Flut an digitalen Daten, die zum Beispiel bei Untersuchungen in den Sozialwissenschaften oder bei Satellitenmissionen in den Naturwissenschaften entstehen, wächst rasant. Viele dieser Daten sind einzigartig und werden im Rahmen kostenintensiver Missionen und Expeditionen erhoben. Vorangetrieben durch die Digitalisierung der Wissenschaft gewinnen datengetriebene Forschungsansätze an Bedeutung. Beispiele hierfür finden sich in den Bio- und Geowissenschaften, in denen über das Netz kollaborativ mit und an Forschungsdaten gearbeitet wird.
Bereits 2007 hat die OECD ihre Mitgliedsstaaten aufgefordert dafür zu sorgen, dass Daten, die im Rahmen öffentlich finanzierter Projekte entstehen, offen zugänglich gemacht werden. Anliegen ist es, die Nachprüfbarkeit und die Nachnutzbarkeit der Daten zu fördern und damit die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems zu steigern. Dieses Anliegen wird auch von der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen unterstützt. Sie hat 2010 „Grundsätze zum Umgang mit Forschungsdaten“ verabschiedet. In diesen „unterstützt die Allianz die langfristige Sicherung und den grundsätzlich offenen Zugang zu Daten aus öffentlich geförderter Forschung“.
Die Europäische Kommission stellte im letzten Jahr in einer Konsultation massive Zugangsbarrieren zu Forschungsdaten fest: 87 Prozent von 1140 befragten Personen widersprachen der Aussage, dass es kein Zugangsproblem zu Forschungsdaten in Europa gibt. In einer weiteren aufschlussreichen Studie von Tenopir et al. (2011) von über 1.300 Forschenden, stellen 67 Prozent der Befragten fest, dass der Zugang zu Daten, die von anderen Forschern oder Institutionen generiert wurden, mangelhaft sei.
Eine Kultur des „Data Sharings“ etablieren
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen zwar häufig das Potenzial offener Forschungsdaten, stehen der offenen Zugänglichkeit ihrer eigenen Daten jedoch oft zurückhaltend gegenüber. Um eine Kultur des „Data Sharings“, des Teilens von Daten, in der Wissenschaft zu fördern, ist es nötig Anreize zu schaffen. Im wettbewerbsorientierten Wissenschaftssystem gilt es, Forschenden vertrauenswürdige und verlässliche Infrastrukturen wie etwa Daten-Repositorien anzubieten, auf denen Forschungsdaten dauerhaft zugänglich gemacht werden können. Von großer Bedeutung ist es zum Beispiel die Zitierfähigkeit der Forschungsdaten zu ermöglichen, um damit die Verankerung im wissenschaftlichen Reputationssystem zu fördern.
Erfreulich ist, dass diese Anforderungen an Open Research Data, welche die Wissenschaft von anderen Bereichen, in denen Daten offen zugänglich gemacht werden (zum Beispiel Open Government Data) unterscheiden, im politischen Raum Beachtung finden. Nicht unterschlagen werden soll, dass natürlich auch der offenen Zugang zu Behördendaten für viele wissenschaftliche Disziplinen von großem Interesse ist und somit die genannte Abgrenzung nicht immer greift.
Politische Bemühungen
Auf nationaler Ebene wurde das Thema zum Beispiel von der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ aufgegriffen. Die Kommission empfiehlt „dem Bund, Projekte voranzutreiben, die verbindliche Standards für Zugänglichmachung und Erhalt der digitalen Datenbestände aus öffentlicher Forschung entwickeln”.
Weiter schenkt die Europäische Kommission dem Thema steigende Aufmerksamkeit. Die Kommission hat im letzten Jahr Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zum Themenbereich „Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und deren Bewahrung“ (PDF) veröffentlicht. In diesen werden die Mitgliedsländer aufgefordert, Strategien zu implementieren, damit, „Forschungsdaten, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, über digitale E-Infrastrukturen öffentlich zugänglich, verwendbar und weiterverwendbar gemacht werden.“
Wissenschaftliche Einrichtungen fördern Forschungsdatenmanagement
Immer mehr wissenschaftliche Einrichtungen beginnen, unter dem Stichwort „Forschungsdatenmanagement“, Angebote für Forschende zu schaffen. Anliegen ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das „Data Sharing“ so einfach wie möglich zu machen.
Mit diesem Thema und den damit verbundenen Herausforderungen haben sich in der in der vergangenen Woche 140 Expertinnen und Experten in einem Symposium am Deutschen GeoforschungsZentrum GFZ in Potsdam beschäftigt. Veranstaltet wurde das Symposium von mehreren „Daten-Projekten“, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) aktuell fördert. Diskutierten wurden die finanziellen, rechtlichen, organisatorischen und technologischen Aspekte des Datenmanagements.
Gerade an den Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft, zu denen das GFZ gehört, wird unter Einsatz großer Forschungsinfrastrukturen wie Satelliten, Schiffen und Teilchenbeschleunigern eine datenintensive Forschung betrieben. Vor diesem Hintergrund sind die Helmholtz-Zentren im Rahmen ihrer Open-Access-Aktivitäten bestrebt „Data Sharing“ zu fördern.
Doch eine Vielzahl von Herausforderungen sind nicht auf der institutionellen Ebene, sondern auf der disziplinären Ebene zu finden: In vielen Fächern fehlt es noch an Konventionen und Standards um den Datenaustausch ohne Probleme realisieren zu können. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass der offene Zugang in einigen Fächern aufgrund rechtlicher Bedingungen (zum Beispiel Regelungen des Datenschutzes) nicht realisierbar ist.
Entwicklungen in Richtung mehr Sharing
Doch der Blick auf die jüngsten Entwicklungen stimmt positiv: So haben die Wissenschaftsorganisationen diesen Monat bekannt gegeben, das Thema in den kommenden fünf Jahren gemeinsam voranzutreiben. Neben der Förderung des Datenmanagements werden sich Helmholtz-Gemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft und weitere Institutionen im Rahmen ihrer Schwerpunktinitiative „Digitale Information“ bis 2017 den ökonomischen und juristischen Dimensionen des „Data Sharings“ widmen. Auch fordern mehr und mehr Förderorganisationen ihre Mittelempfänger auf, Forschungsdaten, die in geförderten Projekten entstehen, über das Netz offen zugänglich zu machen – so auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.
Darüber hinaus bilden sich auf internationaler Eben Initiativen, wie zum Beispiel die „Research Data Alliance“, deren Mission die Förderung des Datenaustausches in der Wissenschaft ist. Diese Kooperationen sind von besonderer Bedeutung. Nur durch Vernetzung und abgestimmtes Handeln kann den Herausforderungen des offenen Zugangs zu Forschungsdaten für die international arbeitende Wissenschaft angemessen begegnet werden.
Heinz Pampel arbeitet im Open-Access-Koordinationsbüro der Helmholtz-Gemeinschaft und promoviert am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Aktuell betreut er den Aufbau des Registry of Research Data Repositories, re3data.org.
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