„Zugang gestalten!“ 2023 in Münster
Verantwortung für das kulturelle Erbe übernehmen und seine Zugänglichkeit im digitalen Zeitalter ermöglichen – so ließe sich der Anspruch der Konferenzreihe „Zugang gestalten!“ umschreiben. Seit 2011 kommen dafür Vertreter*innen von Institutionen, Forschende, Kulturschaffende, Jurist*innen und andere am kulturellen Gedächtnis Interessierte zusammen, um zu diskutieren, sich zu vernetzen und neue Perspektiven zu vermitteln.
Gastgeberin der diesjährigen Konferenz ist die Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“ der Universität Münster. Sie lädt dazu ein, Wege und Möglichkeiten zu erörtern, um rechtliche, praktische und institutionelle Hindernisse beim digitalen Zugang zu kulturellen Gütern zu beseitigen. Dafür gilt es zunächst, die verschiedenen Barrieren zu identifizieren. Je besser diese bekannt sind, desto einfacher fällt die Arbeit an konkreten Lösungen.
Über die Konferenzreihe „Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe“
Die Konferenz in Münster Anfang Oktober 2023 ist die mittlerweile 13. Veranstaltung der Reihe, nachdem Paul Klimpel von iRights.info und iRights.Law sie 2011 ins Leben gerufen hatte.
Regelmäßige Veranstalter der Konferenzreihe sind neben dem iRights e.V. unter anderem das Bundesarchiv, die Deutsche Nationalbibliothek, das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz, die Deutschen Digitale Bibliothek, das Jüdische Museum Frankfurt, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Wikimedia Deutschland e.V.
Hindernisse identifizieren, Lösungen erarbeiten, best practices etablieren – ein Blick ins Programm
Auch in diesem Jahr wieder verspricht die Konferenz eine Vielzahl interessanter Vorträge, Workshops und Debatten, um Wege zu finden, den digitalen Wandel zu nutzen und möglichst vielen Menschen den Zugang zu Kulturgütern zu bieten.
Feierlicher Auftakt am Mittwochabend, 4. Oktober
Wie auch in den vergangenen Jahren findet „Zugang gestalten!“ an insgesamt drei Tagen statt. Der erste Abend gilt der feierlichen Auftaktveranstaltung: Zwischen Gemälden, Skulpturen und Möbeln aus über 1000 Jahren Kultur- und Kunstgeschichte geht es am Mittwochabend im Münsteraner LWL – Museum für Kunst und Kultur los. Neben einem Empfang und der feierlichen Eröffnung haben Teilnehmende die Möglichkeit, an einer Führung durch das Museum teilzunehmen.
Donnerstag, 5. Oktober
Michael Quante, Philosophie-Professor, und Reinold Schmücker, Sprecher der Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“, eröffnen am Donnerstag das Fachprogramm. Das Grußwort hält Anette Pieper von der Deutschen UNESCO-Kommission, die auch in diesem Jahr wieder die Schirmherrschaft für die Konferenz übernommen hat.
Das erste Panel befasst sich zunächst mit negativen Auswirkungen der Digitalisierung. Insbesondere geht es um Kontrollverlust, die Verbreitung von Lügen (fake news) und wie man dieser Entwicklung begegnen kann. Dazu wird unter anderem Franziska Krah vom Jüdischen Museum anhand der „Protokolle der Weisen von Zion“ das lange Leben von Verschwörungstheorien beleuchten – sowohl im analogen als auch im digitalen Leben. Frank von Hagel vom Institut für Museumsforschung gibt dann wieder Positivbeispiele. Er erklärt, wie sich neue Formen der Partizipationen nutzen lassen, um der Verbreitung von „wirkmächtigen Lügen“ entgegenzutreten.
Beim zweiten Panel werden die rechtlichen Rahmenbedingungen und deren praktische Auswirkungen in insgesamt sechs Vorträgen erläutert. Hier sind insbesondere Änderungen durch die Europäische Richtlinie zum Urheberrecht ein Thema. Unter anderem steht dabei der Umgang mit nicht mehr verfügbaren Werken im Vordergrund. So hatte der Gesetzgeber im vergangenen Jahr eine Verordnung zur Konkretisierung der Vorgaben aus der Urheberrechtsrichtlinie beschlossen. Diese ist im Frühjahr in Kraft getreten, Martin Bittner aus dem Bundesjustizministerium stellt sie vor.
Parallele Vertiefungsgruppen stehen nachmittags zur Auswahl. Interessierte können wählen zwischen Workshops zum Lizenzierungsservice für Vergriffene Werke der Deutschen Nationalbibliothek, dem EUIPO Portal zur Rechteklärung, einem englischsprachenige Workshop zu Vergiffenen Werken („out of commerce works“) oder einer Veranstaltung der VG Bild-Kunst zur Lizenzierung ganzer Sammlungen.
Im dritten und letzten Panel am späten Donnerstagnachmittag widmen sich die Vorträge den Möglichkeiten, digitale Werkzeuge zu nutzen, um den Zugang zu Kulturgütern zu erweitern. So schlägt Claus-Michael Schlesinger von der Kompetenzwerkstatt Digital Humanities an der HU Berlin vor, über die Archivierung und Bereitstellung von Tweets den „Dorfplatz als Kulturerbe“ zu erschließen. Welches Potential ein digitaler, offener Zugang für Kultureinrichtungen bietet, erläutern Christian Huemer vom Belvedere Research Centre Wien und Klaus Bulle vom Marburger Bildarchiv.
Am Abend präsentiert der Künstler Oliver Laric sein 2012 initiiertes Online-Archiv für urheberrechtsfreie 3D-Scans. Er wird dabei erläutern, wie die digitalen Objekte entstehen und mit welchen Konflikten und Ängsten er als Schöpfer dabei konfrontiert ist.
Freitag, 6. Oktober
Im vierten Panel am Freitagvormittag steht zunächst die Barrierefreiheit des Zugangs im Mittelpunkt. Welche Wege haben sich hier als besonders erfolgreich erwiesen? Was müssen Einrichtungen tun, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen?
Das Thema führt direkt zum fünften Panel zu „Kollaboration und Mitgestaltung“. Und damit zur Frage, wie Kollaborationsmöglichkeiten geschaffen werden können. Am Beispiel der „Wikis“ (Wikipedia, Wikimedia commons, Wikidata und Wikibase) sollen wieder in parallelen Vertiefungsgruppen verschiedene Aspekte der Beteiligung an diesen Projekten vertiefend erörtert werden. Alternativ steht ein Kulturhackathon zur Auswahl. Als Mitwirkende konnten hier u.a. Lucy Patterson und Christos Varvantakis vom Wikimedia Deutschland e.V. und der Leiter des Open Science Lab an der TIB – Leibniz‐Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften Lambert Heller gewonnen werden.
Mit dem Panel „Wir haben es geschafft“ kehrt die Konferenz auf die Zielgerade ein. In parallelen Gruppen werden positive Erfahrungen von Institutionen wie dem Frankfurt Städl u.a. vermittelt. Das Frankfurter Museum beispielsweise hat ein hybrides Mobilgame für Erwachsene entwickelt. Damit eröffnet es den Nutzerinnen und Nutzern einen spielerischen und emotionsbasierten Zugang zu seinem Sammlungsbestand. Antje Lindner und Chantal Eschenfelder vom Städl stellen das Projekt vor.
Abschließend lädt Paul Klimpel zur Podiumsdiskussion. Das gibt die Möglichkeit für eine zusammenfassende Revue sowie für zukünftige Impulse beim kulturellen Erbe.
Programm, Anmeldung und Medienarchiv
Das Programm kann hier abgerufen werden, die kostenlose Anmeldung ist ab sofort hier möglich.
Bitte beachten Sie folgende zwei Hinweise: Im Anmeldeprozess ist es erforderlich, aus den verschiedenen Vertiefungsgruppen eine Auswahl zu treffen. Außerdem ist es möglich, sich für die feierliche Eröffnung am Mittwochabend anzumelden. Und: Auch dieses Jahr werden mit Ausnahme der Vertiefungsgruppen alle Programmpunkte auch im Live-Stream angeboten. Für den Live-Stream ist keine Anmeldung erforderlich.
Ein umfangreiches Medienarchiv (siehe Screenshot oben) bietet die Möglichkeit, die vergangenen Konferenzen mit Fotos, Videos und Audio-Aufnahmen Revue passieren zu lassen – und sich auf das Treffen 2023 in Münster einzustimmen. Alle weiteren Informationen finden sich auf der Konferenz-Website zugang-gestalten.org.
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