ZPÜ, ICE, MPLC, und Co. – Welche Verwertungseinrichtungen sich hinter den Kürzeln verbergen und was sie tun
Verwertungsgesellschaften vertreten Urheber*innen und Verlage bei der Wahrnehmung ihrer Urheberrechte: Sie sammeln Geld für ihre Mitglieder ein, beispielsweise wenn deren Werke öffentlich aufgeführt oder gesendet werden. Die Einnahmen schütten die Verwertungsgesellschaften an ihre Mitglieder nach bestimmten Schlüsseln und nach Abzug von Verwaltungsgebühren aus.
Die bekanntesten Verwertungsgesellschaften in Deutschland sind die GEMA und die VG Wort; daneben gibt es elf weitere, die beispielsweise in der Filmwirtschaft oder bildenden Kunst aktiv sind. Mehr zum Prinzip von Verwertungsgesellschaften und warum es diese besonderen Organisationen überhaupt gibt, das erklärt dieser Text bei iRights.info ausführlich. Wieviel Geld die Verwertungsgesellschaften in Deutschland verwalten und in welchen Bereichen, ist Gegenstand eines weiteren Textes, der hier zu finden ist.
Doch es gibt noch mehr Organisationen in der Verwertung von Urheberrechten: Neben den 13 Verwertungsgesellschaften gibt insgesamt neun sogenannte Verwertungseinrichtungen in Deutschland. Diese sind mit den Verwertungsgesellschaften teils eng verbunden, aber nicht identisch.
Abhängige Verwertungseinrichtungen
Als abhängig gilt eine Verwertungseinrichtung, wenn sie zu einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften gehört und diesen bei der Wahrnehmung von Urheberrechten zuarbeitet. Sie dienen dazu, die Arbeit von Verwertungsgesellschaften effizienter zu gestalten, indem sie Vergütungen, die mehrere Verwertungsgesellschaften betreffen, zentral erfassen.
Eine abhängige Verwertungseinrichtung darf – genauso wie eine Verwertungsgesellschaft – keinen Gewinn erzielen, sondern muss ihre Einnahmen (nach Abzug einer Verwaltungspauschale) ausschütten. Das Geld erhalten die Verwertungsgesellschaften, die die Anteile an der Verwertungseinrichtung halten. Diese wiederum schütten die Einnahmen dann an ihre Mitglieder aus.
Wie auch die Verwertungsgesellschaften selbst müssen die abhängigen Verwertungseinrichtungen Transparenzberichte veröffentlichen, in denen sie über Einnahmen und Ausschüttungen detailliert informieren. Die Transparenzberichte geben nicht nur Auskunft über die Höhe der Geldflüsse, sondern auch über die Geschäftsbereiche der Verwertungseinrichtungen.
Die Kontrolle über die Verwertungseinrichtungen übernimmt das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA). Derzeit sind sieben abhängige Verwertungseinrichtungen in Deutschland zugelassen:
ZPÜ
Das Prinzip einer Verwertungseinrichtung lässt sich sehr gut an der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) erläutern: Diese ist ein Zusammenschluss von GEMA, GÜFA, GVL und sechs weiteren Verwertungsgesellschaften. Geschäftsführerin der ZPÜ ist die GEMA, die auch das Personal der Verwertungseinrichtung stellt. Die 1963 gegründete ZPÜ war die erste Verwertungseinrichtung. Nach ihrem Vorbild entwickelten sich weitere Verwertungseinrichtungen.
Die ursprüngliche Aufgabe der ZPÜ war es, Vergütungen von Herstellern und Importeurinnen von Tonband- und Videogeräten einzuziehen, mit denen sich urheberrechtlich geschützte Audio- und audiovisuelle Werke kopieren lassen (etwa von Schallplatte auf Tonband oder vom Fernseher auf Videokassette). Grundlage dafür ist der Vergütungsanspruch bei Privatkopien, der im Zuge der Reformierung des Urheberrechts 1965 eingeführt wurde.
Privatkopie
Unter bestimmten Voraussetzungen ist es erlaubt, von urheberrechtlich geschützten Werken Kopien herzustellen, um sie im privaten Rahmen zu nutzen. Zum Beispiel, wenn man man eine Musik-CD für ein anderes Familienmitglied, einen Freund oder eine Freundin kopiert. Häufig hat man dafür an anderer Stelle bereits bezahlt. Die Privatkopie-Regelung ist ein Beispiel für eine Pauschalvergütung. Mehr zum Thema.
Heute nimmt die ZPÜ diese Vergütungsansprüche nicht nur für Musik- oder Videokassetten wahr, sondern auch für Computer, Festplatten, USB-Sticks oder Fernsehgeräte mit eingebauten Aufnahmefunktionen. Auch Smartphones, Tablets und sogar Smartwatches sind davon betroffen, da sich mit ihnen ebenfalls urheberrechtlich geschützte Musik, Filme, Bilder und weitere Medien mittels Privatkopie speichern lassen, etwa über Cloudangebote oder Messengerdienste. Wer also solche Geräte anschafft, zahlt indirekt eine geringe Pauschale an die ZPÜ.
Beim Kopieren und Speichern können verschiedene Urheberrechte berührt sein, etwa bei einem Musikstück die Urheberrechte im engen Sinne (Komposition und Text, wahrgenommen von der GEMA) sowie die Leistungsschutzrechte (etwa Gesang, Einspielung und Produktion, vertreten von der GVL). Bei Videoaufnahmen können weitere Rechte berührt sein, die von den filmbezogenen Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden (unter anderem GÜFA, GWFF oder VGF).
Wegen der verschiedenen Urheber*innen und Urheberrechte wäre es viel zu aufwändig, die pauschalen Vergütungen für Privatkopien von allen Verwertungsgesellschaften separat einziehen zu lassen. Stattdessen übernimmt das zentral eine Verwertungseinrichtung, die die Einnahmen wiederum an die betreffenden Verwertungsgesellschaften verteilt.
In ihrem Transparenzbericht für das Jahr 2020 macht die ZPÜ Einnahmen von insgesamt rund 222 Millionen Euro geltend (im Vorjahr 2019: knapp 307 Millionen). Mit etwa 90,5 Millionen Euro machen Smartphones hierbei den größten Anteil aus, gefolgt von Computern und Brennern (etwa 74 Millionen Euro).
Das eingenommene Geld verteilt die ZPÜ an die Verwertungsgesellschaften, die die Anteile an ihr halten. Die Verwertungsgesellschaften wiederum schütten die Einnahmen nach bestimmten Schlüsseln an ihre Mitglieder aus. Knapp 142 Millionen Euro, also mit Abstand der größte Teil, gingen an die GEMA, wie sich aus dem Transparenzbericht der Verwertungsgesellschaft ablesen lässt.
ZBT
Die sogenannte Bibliothekstantieme ist eine Vergütung, die Bibliotheken entrichten, wenn sie Werke kostenlos an Nutzer*innen verleihen (beispielsweise in Form von Büchern, CDs oder DVDs). Das Urheberrecht sieht vor, dass die Urheber*innen beziehungsweise Rechteinhaber*innen hierfür entschädigt werden.
Wieso die Bibliothekstantieme immer wieder zu Unstimmigkeiten zwischen Buchhandel und Bibliotheken führt und was der Unterschied zwischen Büchern und E-Books ist, berichtet iRights.info hier und hier.
Die Vergütungen dafür zieht die Zentralstelle Bibliothekstantieme (ZBT) als Verwertungseinrichtung ein. Zu den acht Gesellschafterinnen der ZBT zählen unter anderem GEMA, VG Bild-Kunst und GVL. Die VG Wort fungiert als geschäftsführende Verwertungsgesellschaft der ZBT.
Neben der Bibliothekstantieme nimmt die ZBT auch Vergütungen für Intranetnutzungen in Schulen wahr. Für das Jahr 2020 gibt die Verwertungseinrichtung Einnahmen in Höhe von rund 33 Millionen Euro an: Knapp 15 Millionen davon entfallen auf die Bibliothekstantieme und gut 18 Millionen auf die Intranetnutzung an Schulen.
ZFS
Hinter dem Kürzel ZFS verbirgt sich eine weitere Zentralstelle, nämlich für das Fotokopieren an Schulen. Die 1986 gegründete ZFS hat die VG Bild-Kunst, die VG Musikedition und die VG Wort als Gesellschafterinnen; die letztgenannte ist geschäftsführend.
In einem mit den Bundesländern geschlossenen Gesamtvertrag ist geregelt, dass die ZFS Vergütungen für papierische und digitale Vervielfältigungen erhält. Damit dürfen beispielsweise urheberrechtlich geschützte Schriftwerke, Abbildungen und Musiknoten in Schulen kopiert werden.
Für diese Vervielfältigungen listet die ZFS in Ihrem Transparenzbericht für das Jahr 2020 Einnahmen in Höhe von gut 18,7 Millionen Euro auf.
ZWF
Mehrere filmbezogene Verwertungsgesellschaften, darunter etwa die AGICOA, GWFF oder die VFF, sind die Gesellschafterinnen der ZWF, der Zentralstelle für die Wiedergabe von Fernsehsendungen. Daneben ist auch die VG Bild-Kunst vertreten, die die ZWF geschäftsführend vertritt.
Aufgabe der 1992 gegründeten ZWF ist die Wahrnehmung der Rechte von Bild- und Filmurheber*innen sowie von Produzent*innen. Dabei geht es vor allem um die Vergütungen, die sich aus der Kabelweitersendung von Fernsehprogrammen und die Wiedergabe in Hotels, Krankenhäusern, Haftanstalten oder Altenheimen ergeben.
Knapp 7 Millionen Euro sind im Jahr 2020 von der ZWF auf diese Weise eingenommen worden, wie der Transparenzbericht der Verwertungseinrichtung offenlegt. Gute zwei Drittel dieser Einnahmen wurden an die zusammenhängenden Verwertungsgesellschaften AGICOA und GWFF ausgeschüttet, rund 16% gingen an die VG Bild-Kunst.
ARESA
Die Verwertungseinrichtung ARESA (ausgeschrieben: Anglo-American Rights European Service Agency) nimmt als Tochterorganisation der GEMA die Vervielfältigungsrechte der Bertelsmann Music Group (BMG), einem großen Musikverlag, wahr.
Dabei geht es um digitale Nutzungen in Streaming- und Downloaddiensten wie Apple Music oder Spotify in mehr als 80 Ländern weltweit. Unter den repräsentierten Künstler*innen sind beispielsweise Adele oder Take That; insgesamt vertritt die ARESA eigenen Angaben zufolge mehr als 1,6 Millionen Rechteinhaber*innen.
In ihrem Transparenzbericht für das Jahr 2020 weist die Verwertungseinrichtung Einnahmen in Höhe von gut 32,5 Millionen Euro aus. Rund 12,7 Millionen hätten sich dem Bericht nach aus Lizenzforderungen ergeben; mehr als zehn Millionen aus „sonstigen Vermögensgegenständen“, wozu die Verwertungseinrichtungen vor allem Vorschüsse rechnet.
SOLAR
Zusammen mit der britischen Verwertungsgesellschaft PRS unterhält die GEMA eine weitere Verwertungseinrichtung namens SOLAR Music Rights Management. Diese ging 2014 aus den beiden Vorgängerorganisationen CELAS und PAECOL hervor.
Ähnlich wie ARESA vertritt SOLAR große Musikverlage: In diesem Fall SONY/ATV und EMI Music Publishing für den europäischen Markt. Nutzer*innen und Organisationen, die Stücke aus den Rechtekatalogen dieser beiden Verlage nutzen möchten, können bei SOLAR entsprechende Lizenzen erhalten.
Laut dem Transparenzbericht der britischen Verwertungsgesellschaft nahm SOLAR im Jahr 2020 rund 14,3 Millionen britischen Pfund (entspricht etwa 17,1 Millionen Euro) ein.
ICE
Auch das International Copyright Enterprise – kurz: ICE – ist eine Verwertungseinrichtung, die von der GEMA betrieben wird. Daneben hat ICE die schwedische Verwertungsgesellschaft STIM und die britische PRS als Betreiberinnen.
Digitale Streaming- und Musikdienste können bei ICE Lizenzen für das Gesamtrepertoire der drei Verwertungsgesellschaften erhalten, was die Urheberrechtswahrnehmung effizienter und dynamischer macht, wie die GEMA in einer ausführlichen Darstellung von ICE hervorhebt. Im Jahr 2020 konnte ICE insgesamt rund 31,7 Millionen Pfund einnehmen; das entspricht rund 38 Millionen Euro. Die Zahlen gehen aus dem Transparenzbericht der britischen Verwertungsgesellschaft PRS hervor.
Unabhängige Verwertungseinrichtungen
Unabhängige Verwertungseinrichtungen gehören nicht zu einer oder mehreren Verwertungsgesellschaften, sondern agieren frei am Markt und dürfen Gewinne erzielen (im Gegensatz zu Verwertungsgesellschaften).
Trotzdem unterstehen auch unabhängige Verwertungseinrichtungen dem sogenannten Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG), das ihre Befugnisse regelt. Aus diesem Gesetz folgt beispielsweise, dass sie regelmäßig vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) kontrolliert werden. Allerdings müssen sie nicht vom DPMA zugelassen werden, es reicht die Anzeige der Tätigkeit. Zur Veröffentlichung von Transparenzberichten sind unabhängige Verwertungseinrichtungen nicht verpflichtet, daher werden hier keine Zahlen aufgeführt.
In Deutschland sind derzeit zwei unabhängige Verwertungseinrichtungen tätig:
CCLI
Hinter dem Kürzel CCLI verbirgt sich die Christian Copyright Licensing International, eine Lizenzagentur, die sich auf die Musiknutzung in Gottesdiensten christlicher Gemeinden spezialisiert hat.
Möchte eine Kirche ein bestimmtes Lied im Rahmen einer Veranstaltung nutzen, kann es über CCLI die entsprechende Lizenz erhalten. Im Angebot von CCLI ist auch eine Streaming-Lizenz für digitale Nutzungen. Solche digitalen Übertragungen haben während der Pandemie deutlich an Relevanz gewonnen.
Die CCLI stammt ursprünglich aus den USA und arbeitet eigenen Angaben zufolge mit mehr als 250.000 Kirchen weltweit zusammen.
MPLC
Auch die MPLC, die Motion Picture Licensing Company, stammt aus den USA: Wie viele andere Unternehmen der Filmbranche hat die MPLC ihren Sitz im kalifornischen Los Angeles.
Als Tochterfirma von Motion Picture vertritt sie die Rechte von mehreren Filmproduktionsfirmen, darunter auch Disney, Universal oder Constantin Film.
Die MPLC kümmert sich um öffentliche Aufführungen von Filmen, etwa in Hotels, Gaststätten, Verkaufsräumen, Arztpraxen, Altenheimen und neuerdings auch Impfzentren.
Fazit
Die Übersicht zeigt: Verwertungseinrichtungen übernehmen wichtige und teils zentrale Aufgaben, die mehrere Verwertungsgesellschaften betreffen. Dafür hantieren sie in der Regel mit Millionenbeiträgen und ähnlich wie die ihnen übergeordneten Verwertungsgesellschaften agieren sie zumeist monopolistisch. Das macht eine Aufsicht durch das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) notwendig.
Wer sich nicht aus speziellem Interesse mit der Praxis von Verwertungsgesellschaften beschäftigt – etwa um einen Hollywood-Film für die Wiedergabe in einer Arztpraxis zu lizenzieren oder vielleicht als Lehrer*in in einer Schule mit ZBT oder ZFS zu tun hat – kommt kaum mit Verwertungseinrichtungen in Kontakt. Dabei zahlen alle, die beispielsweise ein Smartphone, einen USB-Stick oder eine CD-Sammlung besitzen, indirekt Urheberrechtspauschalen (in diesem Falle an die ZPÜ).
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