Zitieren leicht gemacht – Die Regeln für Zitate im Urheberrecht
Im privaten und professionellen Alltag sind wir permanent mit den Äußerungen anderer Personen konfrontiert. Dies umso mehr seit Voranschreiten der Digitalisierung, etwa in den Sozialen Medien, auf YouTube, in journalistischen oder wissenschaftlichen Texten.
Wer sich mit fremdem Gedankengut auseinandersetzen möchte, kann dies mittels Zitaten im Urheberrecht tun. Wie das geht, erklärt dieser Text.
Wo sind Zitate im Urheberrecht geregelt und was ist der Sinn hinter der Regelung?
Für Zitate ist Paragraph 51 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) die entscheidende Rechtsnorm. Danach ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Hintergrund dieser Vorschrift ist der Wille des Gesetzgebers, eine geistige Auseinandersetzung mit fremden Gedanken zu gewährleisten. Dies entspricht auch dem Streben nach wissenschaftlichem und kulturellem Fortschritt.
Das Zitatrecht stellt eine Ausnahme – oder auch „Schranke“ – des Grundsatzes dar, dass der Urheber allein über die Art und Weise seines Werks bestimmen darf und für etwaige Nutzungen vergütet werden muss.
Dennoch ist das Zitieren nicht grenzenlos zulässig. Die oben genannten Voraussetzungen des Paragraphen 51 UrhG, die ein Zitat, seine Quelle und sein Medium erfüllen müssen, seien hier im Einzelnen näher beleuchtet:
1. Das zitierte Werk:
Das zitierte Werk muss veröffentlicht und urheberrechtlich geschützt sein. Für Inhalte, die keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, ist die Verwendung ohne Einschränkungen möglich.
Dabei sollte man die Anforderungen beachten, die für ein „Werk“ im Sinne des Urheberrechts gelten: Nicht jede gedankliche Äußerung erreicht die Anforderungen eines Werkes. Um als Werk im Sinne des Urheberrechts schutzfähig zu sein, ist vor allem auch die sogenannte Schöpfungshöhe notwendig. Diese ist erreicht, wenn das Werk ein gewisses Maß an Originalität und Individualität aufweist. Dabei kann man zwar das Maß im Einzelfall niedrig ansetzen, was man auch die „kleine Münze“ nennt. Reine Sinnsprüche oder Redewendungen, wie etwa „der frühe Vogel fängt den Wurm“ bleiben aber hinter den Anforderungen zurück.
Der urheberrechtliche Schutz betrifft Werke darüber hinaus auch in zeitlicher Hinsicht: Werke, die das Leben ihrer Urheberin mindestens 70 Jahre überdauern, gelten als gemeinfrei. Beispielsweise ist ein Zitat von Stellen aus Goethes „Faust“ ohne urheberrechtliche Bedenken möglich.
Schließlich muss das zitierte Werk auch veröffentlicht sein. Der Urheber muss das Ursprungswerk also tatsächlich und willentlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben.
2. Das Zitat:
Das Zitat hat sowohl äußere als auch inhaltliche zu erfüllende Anforderungen.
Die äußere Form:
Zitate im Urheberrecht müssen äußerlich erkennen lassen, dass damit fremde Gedanken übernommen werden. Das ist optisch durch die Verwendung von Anführungszeichen oder anderen abhebenden Formatierungen möglich. Auch darf die entnommene Passage nicht wahllos verändert werden, sondern muss möglichst identisch bleiben. Höchstens vereinzelte grammatikalische Änderungen sind zulässig, um die Verständlichkeit zu erhalten. Ein Hinweis auf derartige Veränderungen am Ende des Zitats kann hier für Transparenz sorgen.
Im Unterschied dazu ist es jedoch nicht notwendig, dass die Quelle mit dem zitierenden Werk untrennbar verbunden ist. Auch in ein Dokument eingefügte Links und öffentlich zugänglich gemachte PDF-Dateien können Grundlage eines Zitats sein. Zudem kann nicht nur das geschriebene Wort eine geeignete Zitatquelle sein, sondern auch Videos, Bilder, Musik oder ähnliches. Mehr dazu unten.
Die Quellenangabe:
Grundsätzlich muss die Quelle stets deutlich angegeben werden (Paragraph 63 Absatz 1, Satz 1 UrhG). Danach ist jedenfalls das Nennen des Nachnamens des Urhebers Pflicht. Darüber hinaus muss die Quellenangabe die Herkunft des Zitats eindeutig erkennen lassen. Deshalb gilt: Man muss auch den Werktitel nennen. Der Vorname des Urhebers muss jedenfalls bei ansonsten drohender Verwechslungsgefahr angeführt werden.
Für Zitate aus Internetquellen gilt Folgendes: Nach den gesetzlichen Vorgaben ist nur die Angabe der URL, des Titels und des Nachnamens des Autors Pflicht. Eine Verlinkung ist darüber hinaus nicht notwendig, sondern lediglich freiwillig.
Der Zitatzweck:
Zitate im Urheberrecht haben Beleg-, beziehungsweise Erörterungsfunktion. Wer zitiert, muss die Intention erkennen lassen, dass er sich mit den dahinterstehenden gedanklichen Äußerungen auseinandergesetzt hat.
Ein Beispiel hierfür ist die Darstellung eines Gedichts im Rahmen dessen Analyse. Auch die Verwendung eines Ausschnittes aus Film, Fernsehen oder Streaming und Video können Zitate sein, wenn der Zweck in der Auseinandersetzung damit – beispielsweise im Rahmen einer YouTube-„Reaction“ – liegt.
Ein Zitat rein zu Illustrationszwecken oder, um sich eigene Ausführungen zu ersparen, ist dagegen unzulässig.
Der Umfang:
Der Zweck des Zitats gibt nicht nur vor, ob überhaupt zitiert werden darf, sondern auch, in welchem qualitativen und quantitativen Umfang. Hier kommt es auf den konkreten Kontext an, in dem das Zitat verwendet wird. Das ist eine Frage des konkreten Einzelfalls. Ein Indiz für die Überschreitung des zulässigen Umfangs ist jedenfalls dann gegeben, wenn die Häufigkeit der Zitate und der Umfang derer den Anschein erwecken, dass der eigene Text mit ihnen aufgefüllt werden oder höherwertig erscheinen soll.
Falsches Zitat gleich Plagiat?
Besonders im Kontext von wissenschaftlichen Arbeiten taucht in Verbindung mit dem Zitat im Urheberrecht auch schnell der Begriff des Plagiats auf. Doch nicht jede falsche Zitierung stellt ein solches dar. Ein Plagiat begeht eine Person dann, wenn sie vorgibt, fremde wiedergegebene Gedanken, Bilder oder Musikteile seien eigene Schöpfungen. Mehr dazu hier.
3. Zitat ist nicht gleich Zitat: Die verschiedenen Zitatarten
Die Meisten assoziieren mit dem Wort „Zitat“ zunächst die Wiedergabe des gesprochenen oder geschriebenen Wortes. Aber auch Musik- und Bildwerke lassen sich zitieren. Wie unterschiedlich Zitierungsmodi sein können, zeigt die folgende Darstellung:
Das Großzitat in der Wissenschaft:
Auch das Zitat ganzer Werke ist erlaubt, wenn das zitierende Werk wissenschaftlichen Charakter hat. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, muss das zitierende Werk der ernsthaften, methodisch geordneten Suche nach Erkenntnis dienen, wie das Oberlandesgericht München einst urteilte. Dazu zählen auch populärwissenschaftliche Werke, also Werke, die ein wissenschaftliches Thema in allgemein verständlicher Weise und Sprache behandeln.
Das Musikzitat:
Das in der Nummer drei des Paragraphen 51 geregelte Musikzitat betrifft den konkreten Fall des Zitats eines Musikwerks in einem anderen Musikwerk. Man muss also Stellen eines anderen Songs in dem nachschaffenden Song abspielen, damit ein Musikzitat entsprechend dieser Vorschrift vorliegt.
Hinsichtlich des Zitatumfangs gilt hier: Die Ausschnitte müssen zwar klein sein, ohne dabei aber das zitierte Werk dahinter unkenntlich werden zu lassen. Im Übrigen gelten hier dieselben Voraussetzungen wie für andere Zitatarten.
Das Kleinzitat
Die wohl häufigste Variante der Zitate im Urheberrecht mit dem wohl breitesten Anwendungsspektrum ist das Kleinzitat, also das Zitat einzelner Werkteile in einem Sprachwerk. Im Unterschied zum Musikzitat können hier alle Werkarten Zitatquelle sein – also auch Sprach- oder Bildwerke.
An diesem Punkt sei angemerkt, dass auch außerhalb des wissenschaftlichen Großzitats ganze Werke zitiert werden dürfen, wenn nur so der Zitatzweck erreicht werden kann. Das nennt man auch großes Kleinzitat. So beispielsweise in einem Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg, das in der Übernahme ganzer Zeitungsartikel in einem Buch ein zulässiges Zitat sah, da sich der Autor des Mittels der literarischen Collage bediente.
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