Zeitungsverlag muss Journalisten angemessen bezahlen, auch nachträglich
Wie das Gericht in einer Pressemitteilung erläutert, ging es in dem Verfahren um die Klage eines freien Journalisten auf nachträgliche, ergänzende Vergütung für Wort- und Bildbeiträge, die er zehn Jahre lang für die „Pforzheimer Zeitung“ anfertigte. Zwischen 2001 und Oktober 2011 war er in freier Mitarbeit für mehrere Ressorts der Zeitung tätig.
Es habe keinen schriftlichen Vertrag gegeben, der geregelt hätte, wie weit er der Zeitung Rechte einräumt und zu welchem Honorar.
Der Journalist machte geltend, dass die Honorare, die ihm für Wort- und Bildbeiträge gezahlt wurden, im Sinne des Paragraphen 32 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) unangemessen, sprich zu niedrig waren, und er klagte auf Zahlung zusätzlicher Entlohnungen. Er argumentierte, dass die ihm gezahlten Honorare an den gemeinsamen Vergütungsregeln gemäß Paragraph 36 des Urheberrechtsgesetzes zu messen seien.
Solche Vergütungsregelungen für freie hauptberufliche Journalistinnen und Journalisten an Tageszeitungen gelten für Text seit dem 1. Februar 2010, nachdem die beiden Gewerkschaften DJV (Deutscher Journalisten-Verband) und Verdi sie mit dem Bundesverband deutscher Zeitungsverleger über viele Jahre verhandelt hatten. Für Fotohonorare traten derartige Vergütungsregeln nach einem zusätzlichen, ebenfalls langwierigen Schlichtungsverfahren zum 1. Mai 2013 in Kraft (hier beide Vergütungsregeln in einem Dokument von Verdi, PDF).
Der Journalist hatte am Landgericht Mannheim auf nachträgliche Vergütung für Honorare aus den Jahren 2009 bis 2011 geklagt und bekam dort im August 2013 Recht. Daraufhin ging der Zeitungsverlag in die Berufung. Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigte nun die Auffassung des Mannheimer Landgerichts und verurteilte den Zeitungsverlag am vergangenen Freitag zur Nachzahlung von fast 47.200 Euro Honorar für die Jahre 2009 bis 2011 zuzüglich Zinsen (Aktenzeichen 6 U 115/13).
Nachzahlung auch für Zeit vor Vergütungsregeln
Bemerkenswert an diesem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe ist auch, dass das Gericht die Ansprüche des freien Journalisten nicht mit dem Datum verknüpfte, an dem die gemeinsamen Vergütungsregelungen in Kraft getreten sind, also dem 1. Februar 2010, sondern auch davor liegende Zeiträume berücksichtigte. Wörtlich heißt es dazu in der Pressemitteilung des Gerichts:
Die getroffenen Vergütungsregelungen begründeten Indizwirkung für die Höhe einer angemessenen Vergütung auch für solche Zeiträume, die nicht allzu weit vor dem Inkrafttreten der Regelungen liegen.
Mit der Formulierung „Indizwirkung“ weist das Gericht darauf hin, dass die als Maßstab herangezogenen Vergütungsregeln als sehr gewichtiges Argument zu betrachten und deshalb auch rückwirkend anzuwenden seien. Zudem müssten zukünftige Urteile in gleicher Sache es wohl sehr gut begründen, wollten sie diese gemeinsamen Vergütungsregeln nicht als Leitlinie zugrunde legen.
Gleichwohl hat das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Man darf also gespannt sein, ob der Zeitungsverlag in die nächste Instanz gehen und dann den BGH erneut mit der angemessenen Vergütung freier Journalisten beschäftigen wird.
Zuletzt legte 2013 auch das Landgericht Köln für ein Urteil zu angemessenen Honoraren die Vergütungsregeln an Tageszeitungen zugrunde – erstmals seit deren Inkrafttreten. Es gab zwei Journalisten Recht (Aktenzeichen 28 O 695/11), in der Folge musste der Verlag des Bonner General-Anzeigers den beiden Honorare in fünfstelliger Höhe nachträglich bezahlen.
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