Wozu es Creative-Commons-Lizenzen braucht und wie genau sie funktionieren

Viele Urheber*innen kreativer Inhalte möchten, dass die von ihnen geschaffenen Inhalte im Netz möglichst frei zirkulieren und weiterverbreitet werden können. Darunter beispielsweise Menschen, die Lehrskripte für Schulen oder Universitäten, Bildungsangebote oder Infografiken erstellen, die für möglichst viele Interessierte ohne Barriere zugänglich sein sollen.
Viele Urheber*innen möchten auch, dass ihre Inhalte von Dritten adaptiert, überarbeitet und aktualisiert werden können. Sie betrachten die von ihnen geschaffenen Inhalte weniger als unveränderbares Privateigentum, sondern mehr als Gemeingüter, die offen zugänglich und nachnutzbar sein sollen.
Genau an diesem Punkt kommen die Creative Commons-Lizenzen ins Spiel: Unter bestimmten, je nach Lizenz verschiedenen Voraussetzungen ermöglichen sie es Urheber*innen und Rechteinhaber*innen festzulegen, wie und unter welchen Bedingungen die Nutzung des freigegebenen Werkes erlaubt sein soll.
Dieses Prinzip zeigt sich schon im Begriff „Creative Commons“: „Commons“ sind Gemeingüter, die für alle potenziellen Nachfragenden frei zugänglich und nicht nur einer einzelnen Person privat zugeordnet sind. Gerade im kreativen Bereich verfolgt CC daher den Ansatz, dass kreative Inhalte und Werke grundsätzlich allen frei zur Verfügung stehen sollen.
Creative Commons: Häufig gestellte Fragen
Seit Mitte 2021 liegen rund 130 oft gestellte Fragen und ihre Antworten zu Creative Commons in deutscher Sprache vor. Die deutschen CC-FAQs („Frequently Asked Questions“) orientieren sich in Form und Inhalt am Vorbild der offiziellen US-amerikanischen CC-FAQs, kommen aber mit zahlreichen Besonderheiten für das deutsche und das europäische Recht.
Die deutschen CC-FAQs stehen hier kostenlos zur Verfügung. Eine Aufteilung in fünf große Blöcke erleichtert die Orientierung:
1. Über Creative Commons
2. Allgemeine Information über die CC-Lizenzen
3. Für Lizenzgeberinnen und Lizenzgeber
4. Für Lizenznehmerinnen und Lizenznehmer
5. Datenbanken, Daten und KI
Die deutschen FAQs stehen selbst unter einer Creative Commons-Lizenz (CC BY 4.0). Erstellt wurde das deutsche FAQ-Informationsangebot von Mitgliedern des deutschen Chapters von Creative Commons. Federführend dabei war Fabian Rack, Rechtsanwalt bei iRights.Law und Autor bei iRights.info.
iRights.info berichtet und informiert seit Jahren über Creative Commons. In loser Folge stellen wir typische und oft nachgefragte Themen aus den deutschen Creative-Commons-FAQs vor und bereiten sie schwerpunktmäßig auf.
Dieser erste Text richtet sich an alle, die grundsätzliche Fragen zu Creative Commons haben: Was kann ich mit Creative Commons-Lizenzen machen? Wie funktionieren die offenen Lizenzen? Und: Wie verhält sich CC eigentlich gegenüber dem Urheberrecht?
Welches Problem will Creative Commons lösen – und wie?
Viele Kreative haben erkannt: Wenn jede Nutzung ihrer Werke einzeln erlaubt werden muss, kann das nicht nur die Verbreitung der Werke bremsen und damit der gewünschten Aufmerksamkeit schaden, sondern letztlich auch der Kreativität selbst. Wenn jeder künstlerische Ausdruck erst nach rechtlichen Verhandlungen nutzbar ist, behindern sich Kreative notgedrungen auch untereinander, denn nicht selten baut das kreative Schaffen der einen auf dem der anderen auf.
Natürlich gibt es Umstände, unter denen es sinnvoll ist, das volle Schutzniveau des Urheberrechts mit seinem strengen Erlaubnisvorbehalt auszuschöpfen. Oft genug aber braucht es all das nicht oder bremst das Recht die Kreativität sogar aus. Gerade Kreative, die am Anfang ihrer künstlerischen Karriere stehen, sind eher an leicht möglichem Bekanntwerden ihrer Werke interessiert und daran, selber die freigegebenen Inhalte anderer in ihr eigenes Schaffen zu integrieren.
Um sicherzustellen, dass ihr kreatives Schaffen umgekehrt auch gut von anderen aufgegriffen werden kann, bevorzugen viele dieser Kreativen Open-Content-Lizenzen (zum Beispiel von Creative Commons), statt darauf zu warten, dass einzeln um die Erlaubnis gebeten wird, die Inhalte zu verbreiten oder sie als Ausgangspunkt für neues Schaffen nutzen zu dürfen.
Dass es solche Lizenzen überhaupt braucht, um Werke leichter nutzbar zu machen, liegt daran, dass der Maximalschutz des Urheberrechts zugleich dessen „Normalfall“ ist: Weltweit sind geistige Schöpfungen nämlich üblicherweise automatisch durch das Urheberrecht geschützt, sobald sie entstanden sind und unabhängig davon, ob die sie schaffende Person den Schutz wirklich will oder nicht.
In den meisten Ländern – auch zum Beispiel in den USA und Deutschland – ist keinerlei Urheberrechtsvermerk oder Registrierung erforderlich, um den gesetzlichen Schutz nach dem oft bemühten Motto „Alle Rechte vorbehalten“ zu erlangen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen improvisierten Haiku oder einen professionell produzierten Rocksong handelt. Jedes neue Werk wird so ab Entstehung automatisch maximal streng urheberrechtlich geschützt. Vor allem im Internet ist es vielen Kreativen aber wichtig, dass das Urheberrecht hier nicht der freien Kommunikation und Zusammenarbeit im Wege steht.
In der Praxis ist es jedoch schwierig, von diesem „Maximalschutz” herunterzukommen. Die wenigsten Kreativen haben juristische Expertise und sind in der Lage, anderen ohne anwaltliche Hilfe rechtssicher zu erlauben, bestimmte Nutzungen vorzunehmen und so das „Alle Rechte vorbehalten“ auf ein „Manche Rechte vorbehalten“ zu reduzieren. Eine solche Erlaubnis ist letztlich nichts anderes als ein Lizenzvertrag. Zwar müssen Lizenzverträge nicht in jedem Falle komplex sein, im Interesse der Urheberin oder des Urhebers sollten sie aber viele Aspekte und Situationen abdecken – etwa die Gewährleistung, die Laufzeit, die Haftung oder den Rechtezuschnitt, um nur einiges zu nennen.
Creative Commons wurde gegründet, um genau dieses Problem zu lösen. Creative Commons entwickelt und betreut rechtliche Werkzeuge (vor allem Standard-Lizenzverträge), durch die Kreative ihre Rechte an einem Werk nach ihren eigenen Vorstellungen zur Nutzung freigeben können, ohne dafür eine Anwältin zu Rate ziehen und ohne unzählige Einzelerlaubnisse geben zu müssen. Die CC-Werkzeuge sind juristisch umfassend und zugleich dank Standardisierung gut wiedererkennbar und erlernbar und dadurch massennutzungstauglich.
Konkret bietet die Organisation Creative Commons also vorformulierte und modular aufgebaute Lizenzverträge an zur selbstbestimmten Verwendung durch Kreative und allgemein alle, die Inhalte erschaffen – kostenlos. Sie sind zum einen juristisch vollständig und einwandfrei formuliert, halten also zur Not auch einer gerichtlichen Überprüfung stand. Gleichzeitig sind sie auch so einfach zu verstehen, dass sie von Nichtjuristen unproblematisch eingesetzt werden können. Darüber hinaus sind sie technisch ausgefeilt und differenziert genug, um von verschiedenen Web-Applikationen (wie zum Beispiel Suchmaschinen) erkannt zu werden.
Die unterschiedlichen Einsatzszenarien und Bedürfnisse der Kreativen werden dabei durch die unterschiedlichen Module der CC-Lizenzen und ihre Kombinierbarkeit berücksichtigt. Je nachdem etwa, ob das jeweilige Werk ohne weiteres Nachfragen durch andere bearbeitbar sein soll oder nicht, wählt die Urheberin oder der Urheber eine CC-Lizenz mit oder ohne das Modul „Keine Bearbeitung”.
Doch die modularen Lizenzen sind noch nicht alles. Creative Commons bietet außerdem eine Standarderklärung zum vollständigen Verzicht auf Urheberrechte an (CC0 oder „CC Zero“) sowie einen vorformulierten Hinweis, mit dem gemeinfreie Inhalte als gemeinfrei markiert werden können („Public Domain Mark“), sodass diese Inhalte leichter gefunden, als gemeinfrei erkannt und genutzt werden können.
Ist Creative Commons gegen das Urheberrecht?
Nein. Creative Commons-Lizenzen setzen bei der Freiheit von Kreativen und aller, die Inhalte schaffen, an: Sie sollen selbst darüber entscheiden können, ob sie ihre Inhalte zugänglich machen und wie viele Nutzungsfreiheiten sie anderen einräumen. Das Urheberrecht sichert Kreativen diese Freiheit zu.
Die CC-Lizenzen mit ihren Bedingungen wie beispielsweise der Pflicht zur Namensnennung (BY) sind Lizenzen im Sinne des Urheberrechts. Dass diese Bedingungen von allen eingehalten werden müssen, setzt ein gesetzliches Urheberrecht voraus.
Die unterschiedlichen Creative Commons-Lizenzen sind dafür geschaffen, Rechteinhaber dabei zu unterstützen, die Rechtsausübung an ihren Inhalten mit ihren eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen in Einklang zu bringen. Insofern steht Creative Commons nicht im Widerspruch zum Urheberrecht, sondern baut darauf auf.
Kann Creative Commons rechtlichen Rat erteilen? Hilft Creative Commons bei der Rechtsdurchsetzung, wenn gegen den Lizenzvertrag verstoßen wurde?
Nein, Creative Commons erteilt keinen juristischen Rat und setzt keine Rechte für Kreative durch. Wenn Ihnen also auffällt, dass jemand anderes bei Ihrem CC-lizenzierten Material gegen die Lizenz verstoßen hat (beispielsweise wegen einer kommerziellen Nutzung eines BY NC-lizenzierten Fotos), können Sie Creative Commons nicht mit der Durchsetzung Ihrer Rechte beauftragen – weder vor Gericht noch außergerichtlich. Creative Commons wird auch nicht von sich aus tätig.
Allerdings sind die Lizenzbedingungen rechtlich durchsetzbar – im äußersten Fall auch vor Gericht. Das heißt: Sie können als Lizenzgeberin oder Lizenzgeber gegen eine Nutzung vorgehen, die gegen die Lizenzbedingungen verstößt.
Die drei oben angeführten Fragen und Antworten entstammen den deutschen Creative-Commons-FAQs (Autoren: Rack/Jaeger/Klimpel/Kreutzer/Weitzmann) und stehen unter der Lizenz CC-BY-4.0. Die Auswahl der FAQs für diesen Beitrag erfolgte durch die Redaktion von iRights.info (El-Auwad/Fischer).
Übersicht: CC-FAQs auf iRights.info
Fragen oder Unsicherheiten bei Creative-Commons-Lizenzen? Die deutschen CC-FAQs helfen weiter! iRights.info bietet dazu eine siebenteilige Übersicht:
- Teil 1: Wozu es Creative-Commons-Lizenzen braucht und wie genau sie funktionieren
- Teil 2: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig verstehen und anwenden – Beispiel Namensnennung (CC-BY)
- Teil 3: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig kombinieren – Besonderheiten des NC-Moduls (non-commercial)
- Teil 4: Datenbanken und Creative-Commons-Lizenzen: Was gilt es grundsätzlich zu beachten?
- Teil 5: Daten und Creative-Commons-Lizenzen – Trainingsmaterial für Künstliche Intelligenz
- Teil 6: Creative Commons: Was tun bei Lizenzverstößen? Wie setze ich meine Rechte durch?
- Teil 7: Wie stehen Creative Commons zu Public Domain und Open Access?
Außerdem interessant: Das iRights.info-Dossier zu Creative Commons mit vielen hilfreichen Tipps und Texten.
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