Wochenrückblick: Öffentliche Wiedergabe, Rapidshare, Netzsperren
EuGH legt „öffentliche Wiedergabe” aus
Der Europäische Gerichtshof hat vergangenen Donnerstag in zwei Verfahren zum Begriff der „öffentlichen Wiedergabe” im Sinne der urheberrechtlichen EU-Richtlinien entschieden. Der Gerichtshof entschied, der Begriff sei im Rahmen einer „individuellen Herangehensweise” auszulegen. Maßgeblich sei insbesondere die Situation desjenigen, der die vermeintliche Wiedergabe vornimmt und derjenigen, denen die Wiedergabe vorgeführt werde. In dem einen Fall (Rs. C-135/10) hatte ein Arzt seinen Patienten im Wartezimmer Musik vorgespielt – der EuGH lehnte den Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe ab. Im anderen Fall (Rs. C-162/10) ging es um Hotelbetreiber, die in ihren Zimmern Wiedergabegeräte aufgestellt hatten und dadurch den Wert ihrer Dienstleistung steigerten. Der EuGH bejahte in diesem Fall die öffentliche Wiedergabe.
Besprechung beider Urteile bei den IUM News.
Urteil: Rapidshare-Upload allein noch keine Urheberrechtsverletzung
Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einer weiteren Entscheidung über die Haftung des One-Klick-Hosters Rapidshare entschieden. Das Gericht ist der Auffassung eine öffentliche Zugänglichmachung liege nicht schon dann vor, wenn die betreffende Datei theoretisch abrufbar sei. Vielmehr müsse der Download-Link auch öffentlich im Internet verfügbar sein. Das Gericht entschied außerdem zu den Prüfpflichten von Rapidshare: Diese seien nur verletzt, wenn die eine betreffende Datei schon einmal illegal hochgeladen worden sei; dann müsse Rapidshare auch weitere Verbreitungen verhindern. Ob diese Rechtsprechung mit der Netlog-Entscheidung des EuGH vereinbar ist, ist fraglich. Das Gericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Bericht bei iRights.info.
Besprechung bei Internet-Law.
iRights.info: Wie legal sind Filehoster?
Streaming-Dienst Spotify startet in Deutschland
Der Streaming-Dienst Spotify ist in Deutschland gestartet. Der Dienst ist der weltweit wichtigste Vertreter einer neuen Verwertungsart: Nutzer können über Spotify wahlweise werbefinanziert oder gegen Abo-Gebühren Musikstreams ihrer Wahl abrufen. Der Dienst startet in Deutschland ohne Lizenz der Verwertungsgesellschaften: Die GEMA geht nach Medienberichten aber davon aus, dass man nach einer letzten Verhandlungsrunde am 26. März zu einer Einigung kommen wird. Spotify hat in Kreisen der Musikschaffenden einen relativ schlechten Ruf: Die ausgeschütteten Tantiemen seien viel zu niedrig.
Bericht bei Spiegel Online.
Eco: Netzsperren in Deutschland rechtswidrig
Die Rechtsanwälte Dieter Frey, Matthias Rudolph und Jan Oster haben ein Rechtsgutachten im Auftrag von Eco veröffentlicht. In dem Gutachten kommen sie zu dem Schluss, dass urheberrechtliche Netzsperren aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht umsetzbar seien. Vor allem seien diese Netzsperren mit dem Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 Grundgesetz nicht vereinbar. Die Veröffentlichung des Gutachtens fällt in den Zusammenhang eines schon länger geführten Streits zwischen den Access-Providern einerseits und den Urheberrechts-Inhabern andererseits.
Meldung bei Heise Online.
Das Gutachten im Volltext (MMR 3/2012).
CSU-Netzrat veröffentlicht Positionspapier
Der „CSU-Netzrat” hat ein Positionspapier zur Netzpolitik veröffentlicht. Das Parteigremium, dem unter anderem die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär angehört, vertritt progressive netzpolitische Positionen: So fordert der Netzrat unter anderem „keine Wiederbelebung von Netzsperren” und einen Internet-Staatsminister. Jedes Schulkind solle außerdem einen Tablet-PC bekommen. Der Netzrat versteht sich als unabhängiges Gremium innerhalb der CSU und vertritt daher nicht die Partei selbst.
Das Positionspapier des CSU-Netzrats.
Patent Wars: Apple gewinnt und verliert bei OS-Funktionen
Apple und seine Opponenten setzen ihre Patentstreitigkeiten in Deutschland fort. Aktuell verlor Apple offenbar ein Verfahren, indem es die Aussetzung der Vollstreckung eines Urteils beantragt hatte, in dem es um die Push-Funktion von Mails geht. Apple war vor drei Wochen vom Oberlandesgericht Karlsruhe dazu verpflichtet worden, die Push-Funktion für mobile Endgeräte abzuschalten. Dieses Urteil kann nun weiter vollstreckt werden. In einem anderen Verfahren vor dem Landgericht Mannheim scheiterte Apple einstweilen damit, Samsung eine „Entriegelungs”-Funktion von mobilen Endgeräten verbieten zu lassen, die durch eine Daumen-Wischbewegung aktiviert wird. Das Gericht will ein laufendes Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt abwarten. Die Streitigkeiten sind Teil der bereits seit Monaten andauernden „Patent Wars”, an denen weltweit fast alle großen IT-Unternehmen beteiligt sind.
Bericht bei Heise Online zur „Slide to Unlock”-Funktion.
Bericht bei Heise Online zu Apples Push-Mail.
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