Wochenrückblick: Abmahn-Bremse, Schultrojaner, Perlentaucher
Justizministerin kündigt Abmahnbremse an
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat vergangene Woche angekündigt, einen Gesetzesentwurf gegen unberechtigte Abmahnungen auszuarbeiten. Das Ministerium wolle „demnächst” ein Gesetz vorlegen, das den finanziellen Anreiz für solche Abmahnungen reduzieren soll. Konkret sollen die Kosten für Abmahnungen durch Änderungen im anwaltlichen Gebührenrecht reduziert werden. Auch der „fliegende Gerichtsstand” soll eingeschränkt werden. Darüber hinaus soll auch im Urheberrecht dafür gesorgt werden, dass Geschäftsmodellen, „die allein auf die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern ausgerichtet sind” in Zukunft die Grundlage entzogen wird.
Die Pressemeldung des BMJ.
iRights.info: Post vom Anwalt – Was tun?
Weiter Diskussionen um „Schultrojaner”
Wie vergangene Woche bekannt wurde, enthält der „Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen” zwischen Bundesländern und Schulbuchverlagen eine Klausel, die den Einsatz eines „Schultrojaners” erlaubt. Auf einem von Hundert aller Rechner soll demnach eine Software installiert werden, die urheberrechtlich geschützte Werke erkennen soll. Konkret sollen „digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken” erkannt werden. Bei Bekanntwerden von Rechtsverstößen sollen die Bundesländer verpflichtet sein, gegen die entsprechenden Schulleiter und Lehrkräfte disziplinarrechtliche Maßnahmen einzuleiten. Politik und Lehrerverbände reagierten empört auf diese Regelung. In mehreren Landesparlamenten wurden bereits Anfragen an die Landesregierungen gestellt.
Die Meldung bei Netzpolitik.
Reaktionen von Politik und Lehrerverbänden.
Entscheidung zum Perlentaucher: Einzelne Abstracts unzulässig
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat vergangene Woche erneut im Fall „Perlentaucher” entschieden. Bei Perlentaucher werden sog. Abstracts veröffentlicht – Zusammenfassungen von Rezensionen aus Zeitungen und Magazinen. Im Jahr 2005 waren erstmals Verlage gegen diese Zusammenfassungen vorgegangen, weil sie sich in ihren Urheberrechten an den Original-Texten verletzt sahen. Land- und Oberlandesgericht Frankfurt sahen in den Abstracts freie Bearbeitungen und wiesen die Klage der Verlage ab. Der Bundgerichthof verwies den Streit im vergangenen Jahr an das OLG Frankfurt zurück: Das Gericht müsse in jedem Einzelfall prüfen, ob es sich um eine Urheberrechtsverletzung oder eine freie Bearbeitung handelt. Das OLG entschied nun, dass gegen das Geschäftsmodell generell nicht zu beanstanden sei. Einzelne Zusammenfassungen verstießen jedoch gegen das Urheberrecht, so das Gericht weiter. Die Entscheidung liegt jedoch noch nicht im Volltext vor.
Ausführlich bei iRights.info.
Schleswig-Holstein: Streit um Facebook eskaliert
In Schleswig-Holstein droht der Streit um die datenschutzrechtliche Zulässigkeit von Facebook zu eskalieren. Der Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert hatte die Landesregierung aufgefordert, ihre Fan-Page bei Facebook bis Oktober zu schließen, weil er die Datenerhebung durch Facebook für rechtswidrig erachtete. Wie die Landesregierung vergangene Woche mitteilte, werde man dieser Aufforderung jedoch nicht nachkommen. Die Landesregierung habe Zweifel an der Rechtsauffassung des Datenschutzbeauftragten und werde lediglich einen Warnhinweis für Nutzer auf der Facebook-Seite ergänzen. Weichert kündigte daraufhin eine förmliche Beanstandung nach dem Landesdatenschutzgesetz (§ 42 II LDSG-SH) an.
Pressemeldung der Landesregierung Schleswig-Holstein.
„Datenschützer droht Landesregierung” bei Golem.
Caspar: Illegales Tracking bei Facebook
Während Facebook in Schleswig-Holstein für Streit zwischen dem Datenschutzbeauftragten und der Landesregierung sorgt, hat der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar Facebook illegales Tracking vorgeworfen. Es gäbe Indizien dafür, dass Facebook falsche Angaben über die Funktion einzelner Cookies gemacht habe. Facebook hatte bislang versichert, die Cookies dienten der Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit. Eine umfangreiche Prüfung habe jedoch den Verdacht aufgeworfen, dass Facebook Trackingprofile der Nutzer erstellt, so Caspar.
Ausführlich bei faz.net.
Datenschützer kritisieren TKG-Novelle
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat die Novelle des Telekommunikationsgesetzes kritisiert. Der Bundestag hatte vergangene Woche zahlreiche Neuerungen im TKG auf den Weg gebracht. Für den Bundesbeauftragten für Datenschutz ist dabei der Datenschutz jedoch zu kurz gekommen. Vor allem die Umsetzung der „Cookie-Regelung”, wonach Nutzer das Speichern von Informationen auf ihrem Rechner ausdrücklich gestatten müssen, sei vollständig ignoriert worden – obwohl es sich dabei um eine zwingende Vorschrift handelt, die durch Europarecht vorgegeben wird. Außerdem kritisiert Schaar die Speicherung von Verkehrsdaten durch Provider. Nach dem neuen TKG soll es Providern erlaubt sein, Verkehrsdaten ihrer Nutzer zu Abrechnungszwecken unbegrenzt zu speichern. Auch die Zuständigkeiten für Bußgelder gegen Telekommunikationsunternehmen bei Datenschutzverstößen habe der Gesetzgeber nach wie vor unzureichend geregelt, so Schaar.
Die Pressemeldung des Bundesdatenschutzbeauftragten.
Wikileaks: Assange darf ausgeliefert werden
Der Wikileaks-Gründer Julian Assange darf von Großbritannien an Schweden ausgeliefert werden. Das hat das Londoner High Court vergangene Woche entschieden. Assange werden in Schweden zwei Sexualdelikte vorgeworfen. Assange selbst bestreitet die Vorwürfe. Die Auslieferung sei darüber hinaus unverhältnismäßig, da in Schweden bislang keine Anklage gegen ihn erhoben wurde. Außerdem befürchtet Assange, von Schweden aus in die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm im Zusammenhang mit Wikileaks Spionage vorgeworfen wird. Assange kann gegen die Entscheidung des High Court Berufung vor dem Supreme Court einlegen.
Die Hintergründe bei derstandard.at.
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