Was ist Copyleft?

Wer einige Zeit mit Softwareprojekten aus der Open-Source-Welt verbracht hat, wird sicherlich das eine oder andere Mal auf den Begriff „Copyleft“ gestoßen sein. Obwohl der Begriff häufig verwendet wird, verstehen viele nicht, was sich dahinter verbirgt. Dabei wird über Softwarelizenzen ebenso hitzig debattiert, wie Entwickler es über Texteditoren oder Verpackungsformate tun. Da eine ausführliche Erklärung des Phänomens Copyleft ganze Bücher füllen würde, soll dieser Artikel nur einen ersten Überblick verschaffen.
Was ist Copyright?
Bevor wir den Ansatz des Copylefts verstehen können, müssen wir uns zunächst das Konzept des Copyrights beziehungsweise des Urheberrechts vor Augen führen. Copyleft ist kein von Urheberrechten losgelöster Rechtsrahmen. Copyleft existiert innerhalb der Regeln des Urheberrechts.
Wir müssen also zuerst klären, was das Urheberrecht ist. Die genaue Definition von Urheberrechten variiert je nach nationalem Geltungsbereich. Aber der wesentliche Punkt ist: Der Autor eines Werks hat ein begrenztes Monopol auf die Vervielfältigung (copying – daher der Begriff „Copyright“), auf die Aufführung und andere Nutzungen eines Werks.
In den Vereinigten Staaten weist die Verfassung dem Kongress die Aufgabe zu, Gesetze zum Copyright zu erlassen, die „den Fortschritt der Wissenschaft und der Künste (useful arts) fördern.“ Anders als in der Vergangenheit genießt ein Werk sofortigen urheberrechtlichen Schutz. Es bedarf keiner Registrierung, Anmeldung oder ähnlichen Prozedur [wie es in den USA früher erforderlich war, Anm. d. Red.].
Alle Rechte sind von vornherein dem Autor vorbehalten (all rights reserved). Das bedeutet, dass man ein Werk in der Regel nicht ohne die Genehmigung des Autors wiederveröffentlichen, aufführen oder verändern darf. Diese Genehmigung nennt man „Lizenz“. Sie kann mit diversen Auflagen erteilt werden. Für eine ausführlichere Einführung wäre etwa der Kurs „Copyright for Educators and Librarians“ (bei coursera.org, auf Englisch) zu empfehlen.
Was ist Copyleft?
Es braucht noch einen Augenblick Geduld, bevor wir uns mit dem Phänomen Copyleft auseindersetzen können. Als weiteren Zwischenschritt müssen wir den Begriff „Open Source“ näher beleuchten.
Alle Open-Source-Lizenzen, die der Definition der Open-Source-Inititative Genüge tun, müssen unter anderem die Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung des Quellcodes erlauben. Denn jeder, der mit Open Source Software in Berührung kommt, hat das Recht, den Quellcode einzusehen und ihn zu verändern.
Copyleft-Lizenzen nun unterscheiden sich von den sogenannten freizügigen oder „permissiven“ Open-Source-Lizenzen durch die Anforderung, dass diese Rechte auch bei Veränderungen des Programms (abgeleiteten Werken) weiter erhalten bleiben müssen.
Ich kann mir den Unterschied am besten so merken:
- Freizügige Lizenzen überlassen den unmittelbar nachgeschalteten Entwicklern den größten Handlungsspielraum. Sie bieten ihnen sogar die Möglichkeite den offenen Quellcode in einem Projekt ohne offenem Quellcode einzusetzen (Closed Source),
- Copyleft-Lizenzen gewähren späteren Nutzern des Programms den größtmöglichen Handlungspielraum.
Für das GNU-Projekt ist Copyleft
eine Regel, die verhindert, dass beim Weiterverteilen des Programmes die grundlegenden Freiheiten anderer beschränkt werden [die ihnen freie Software eröffnet].
Dies ist wohl die am weitesten anerkannte Definition, da die GNU General Public License (GPL) in ihren diversen Versionen nach wie vor die am meisten genutzte Copyleft-Lizenz ist.
Copyleft bei Software
Obwohl die GPL-Familie die populärsten Copyleft-Lizenzen umfasst, sind sie bei weitem nicht die Einzigen. Auch die Mozilla Public License und die Eclipse Public License sind sehr verbreitet. Es gibt auch noch viele weitere Copyleft-Lizenzen, die jedoch weniger häufig verwendet werden.
Wie erwähnt, trägt eine Copyleft-Lizenz die Bedingung in sich, dass nachgelagerte Projekte die Softwarenutzung nicht weiter beschränken dürfen. Das lässt sich am besten an einem Beispiel illustrieren.
Wenn ich MyCoolProgram schreiben und unter einer Copyleft-Lizenz verbreiten würde, hätte zunächst jedermann die Freiheit, es zu nutzen und zu verändern. Jeder darf seine Veränderungen auch weitergeben. Doch wer Bearbeitungen weitergibt, muss den Nachnutzern die gleichen Rechte gewähren, die ich ursprünglich gewährt hatte. Hätte ich mein Programm unter einer freizügigen Open-Source-Lizenz verbreitet, dürfte das Programm in einem geschlossenen, proprietären Softwareprojekt (Closed Source) integriert werden, für das der Quellcode nicht mehr bereitgestellt werden müsste.
Ebenso wichtig wie das, was man mit MyCoolProgram machen darf, ist das, wozu man nicht verpflichtet ist. So müssen Nachnutzer nicht die exakt selbe Lizenz verwenden, die ich verwendet habe, wenn sie das Programm weitergeben. Solange die Bedingungen der jeweiligen Lizenzen kompatibel sind, wird die Copyleft-Bedingung erfüllt. In der Regel verwenden nachgelagerte Projekte aber der Einfachheit halber die gleiche Lizenz. Auch sind Nachnutzer nicht verpflichtet, Bearbeitungen an mich zurückzugeben. Aber es gehört zum guten Ton, besonders, wenn die Veränderungen Fehler beheben.
Copyleft bei anderen Dingen als Software
Obwohl die Idee des Copylefts in der Softwarewelt entstanden ist, existiert sie auch in anderen Bereichen. Die Idee „Mach doch was du willst, solange andere die gleichen Rechte behalten“ ist auch Merkmal des Bausteins „Share-alike/Weitergabe unter gleichen Bedingungen“ innerhalb der Creative-Commons-Lizenzen. Die CC-Lizenzen werden zum Beispiel für Texte oder Bildern verwendet.
Die GNU Free Documentation License ist ein weiteres Beispiel einer Copyleft-Lizenz, die für andere Dinge als Software gedacht ist. Von der Nutzung der speziellen Software-Lizenzen für Dinge, die keine Software sind, wird allgemein abgeraten.
Sollte ich eine Copyleft-Lizenz wählen?
Viele, viele Seiten könnten über die Frage gefüllt werden (und wurden es!), welcher Lizenztyp für welches Projekt am besten geeignet ist. Mein Tipp wäre, als erstes die jeweiligen Lizenzen durchzugehen und diejenigen auszuwählen, die am besten zur Philosophie und den spezifischen Zielen des jeweiligen Projekts passen.
Github betreibt die Seite choosealicense.com, die ein guter Anfang ist, um eine Lizenz zu finden, die den jeweiligen Anforderungen genügt. Auch die Seite „TL;DR Legal“ erläutert die vielen unterschiedlichen, verbreiteten und weniger verbreiteten Softwarelizenzen in leicht verständlichem Englisch.
Zu berücksichtigen ist auch das Ökosystem, in dem sich ein Softwareprojekt befindet. Projekte mit einer bestimmten Programmiersprache oder Technologie werden oft dieselbe oder ähnliche Lizenzen verwenden. Wer will, dass sein Projekt darin populär wird, sollte eine Lizenz wählen, die dazu kompatibel ist. Wer mehr über Copyleft-Lizenzen erfahren will, kann auch die Webseite des Projekts „Copyleft Guide“ besuchen.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf opensource.com unter dem Titel „What is Copyleft?“. Übersetzung aus dem Englischen von Sylvia F. Jakob. Lizenz: Creative Commons BY-SA 4.0.
Was sagen Sie dazu?