Von allem ein bisschen: Juristen schwanken zwischen Interessen von Urhebern, Nutzern und Verwertern
Vielmehr stellten sich die Juristen zu einzelnen Aspekten – wie Verwertungsrechten, Werknutzungen oder Schrankenregelungen – mal ein bisschen hinter die Urheber, mal etwas hinter die Nutzer und mal hinter Verwerter.
Es gab viel zu beraten – und fast genau so viel zu beschließen. Insgesamt 51 einzelne Forderungen und Empfehlungen nahm der 70. Deutsche Juristentag (DJT) vergangene Woche in Hannover entweder an – oder lehnte sie ab. Schon im Vorfeld lagen dazu mehr als 50 Thesen und Anträge vor, weitere kamen während der Beratungen hinzu. Während der drei Konferenztage berieten darüber mehr als 200 Teilnehmer der „Abteilung Urheberrecht“. Den dokumentierten Ergebnissen zufolge fassten knapp 50 von ihnen die Beschlüsse.
Kaum Stärkungen der Urheber
Die Beschlüsse lassen jedoch keinen einheitlichen Standpunkt zum Urheberrecht erkennen. Aus der Perspektive der Urheber betrachtet finden sich relativ wenig Empfehlungen, die ihre Position unmittelbar stärken würden. Am ehesten trifft dies auf die Beschlüsse zur Privatkopie urheberrechtlich geschützter Werke zu. Sie soll, so die Juristen, auch im digitalen Bereich gelten, aber mit eigenständigen Bestimmungen geregelt werden, sofern für sie eine Vergütung gewährleistet wird, etwa über Geräteabgaben oder ähnliches.
Ob an diesen gesetzlichen Vergütungsansprüchen aber die Verwerter zu beteiligen sind, das soll der Gesetzgeber klären, beschlossen die Teilnehmer. Dies ist eine klare Botschaft an die Politik – bis dato ist diese Frage strittig und Gegenstand von Gerichtsverfahren, etwa im Streit der VG Wort mit Martin Vogel.
Leistungsschutzrechte erhalten – „Fair use“ ermöglichen
Die Abteilung Urheberrecht des DJT stellte sich hinter das umstrittene Leistungsschutzrecht für Pressverleger (LSR), bei dem die Beteiligung der Urheber noch völlig offen ist. Den Gesetzgeber aufzufordern, das LSR abzuschaffen, lehnten die Juristen ab. Das gilt auch für die Forderung, das Leistungsschutzrecht für Lichtbilder und Laufbilder abzuschaffen, das von vielen als veraltet betrachtet wird.
Ambivalent sind die Empfehlungen zu „Werkbegriff“ und „Schrankenbestimmungen“. Die Beschlüsse deuten an, dass die Urheberrechtsjuristen gern Regelungen sehen würden, die dem US-amerikanischen „Fair use“ nahe kommen und einer „Remix-Kultur“ entgegen kämen. So heißt es im angenommenen Beschluss 6a:
„Insbesondere sollten die Rechte der Tonträgerhersteller, Filmproduzenten und Sendeunternehmen nur dann als verletzt gelten, wenn durch die Entnahme ein Produkt entsteht, das zum Original in Wettbewerb steht.“
Und der ebenfalls angenommene Beschluss 16 a) zu „nicht gewerblichen Aktivitäten“ lautet:
„Die nicht-gewerbliche kreative Umgestaltung von Werken, bei der ein hinreichender innerer Abstand zum Original gewahrt bleibt, muss zulässig sein. Die Vorschriften über die Bearbeitung und die freie Benutzung (§§ 23, 24 UrhG) sind flexibel genug, um dieses Ergebnis zu ermöglichen.”
Abgelehnt wurde hingegen der Vorschlag, für „die kreative Umgestaltung von Werken zu nicht-gewerblichen Zwecken“ eine neue gesetzliche Schranke einzuführen, „sofern dadurch das ursprüngliche Werk nicht substituiert wird“. Was wohl heißt, dass für solche Remixe keine Generalausnahme gefordert wird.
Für Wissenschaftsschranke und kommerzielle Nutzung verwaister Werke
Die Forderung, eine allgemeine Wissenschaftsschranke einzuführen, fand in zwei Punkten eine Mehrheit (15a und b). Auch die Empfehlung, für verwaiste Werke die kommerzielle Nutzung gegen angemessene Vergütung zu erlauben, wurde angenommen. Mit beidem folgten die Juristen dem Trend in Bildung und Wissenschaft, den Zugang zu verwaisten Werken generell zu erleichtern.
Insgesamt spiegeln die Beschlüsse der Urheberrechts-Abteilung des Juristentages jene unterschiedlichen Interessen wieder, die derzeit das Urheberrecht zu einem der umkämpftesten Rechtsgebiete machen.
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