VG Media geht in die Offensive: Klage gegen Google, Tarif vorgelegt, Verhandlungen
Die VG Media hat eine Klage gegen den Suchmaschinenbetreiber Google eingereicht, wie sie gestern per Pressemitteilung (PDF) bekannt gab. Die Verwertungsgesellschaft will die Zahlung einer „angemessenen Vergütung“ durch Google erzwingen.
Nach Ansicht der VG Media sind die als Suchergebnisse dargestellten Auschnitte von verlegerischen Online-Texten vergütungspflichtig, nach Ansicht von Google sind sie es nicht. „Nachdem Vertreter von Google auch öffentlich erklärt hatten, für Verwertungen (…) nicht zahlen zu wollen und Google Angebote der VG Media zur Verhandlung nicht annahm, war das zivilrechtliche Vorgehen notwendig geworden“, heißt es bei der VG Media.
Leistungsschutzrecht für Presseverlage
Das im August 2013 in Kraft getretene Presse-Leistungsschutzrecht gibt Verlagen das „ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen“. Es zielt auf kurze Text-Anreißer (Snippets) in Suchmaschinen wie Google und bei Aggregator-Diensten, die „Inhalte entsprechend aufbereiten“. Umstritten ist unter anderem, wer wann dafür zahlen muss und wer als „Presseverleger“ gilt.
Die VG Media handelt nach eigenen Angaben im Auftrag von 138 Unternehmen der Verlagsindustrie, die ihr Presseleistungsschutzrecht der VG Media zur Wahrnehmung und Durchsetzung übertragen hätten. Seit Beginn 2014 ist die VG Media bei den Gesellschafteranteilen von Verlagen dominiert, vertritt aber auch 156 Radio- und Fernsehsender. Zu den Verlagen gehören unter anderen Springer, Burda, Funke, Madsack und DuMont Schauberg, während sich Onlinemedien wie etwa Spiegel Online, FAZ.net oder Süddeutsche.de nicht an der VG Media beteiligen oder auch bereits erklärt haben, das Recht nicht durchsetzen zu wollen. Adressat der Klage ist die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), dem Zulassungs- und Kontrollgremium für Verwertungsgesellschaften – „zunächst“, wie die VG Media erklärt.
Leistungsschutz-Adressatenkreis weiter unklar
Dass der Streit weiter in die Gerichtsinstanzen geht, ist auch wahrscheinlich, weil grundsätzliche Fragen, die sich schon bei Verabschiedung des Rechts stellten, weiterhin als ungeklärt gelten. Die grüne Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner etwa erklärte am Mittwoch in einer Stellungnahme: „Jetzt müssen die Gerichte ran, um den Streit zwischen Verlagen und Suchmaschinen zu schlichten. Dies müssen sie auf der Grundlage eines unklaren Gesetzestextes tun, der vieles offen lässt und alle Beteiligten in Rechtsunsicherheit stürzt.“
Wen genau die VG Media zu den Zahlungspflichtigen zählt, sagt sie bislang nicht. Auf Nachfrage von iRights.info, wer neben Suchmaschinen unter die „vergleichbaren gewerblichen Dienstanbieter“ falle, antwortet Sprecher Bernd Delventhal mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut: „Wie im Gesetz vorgesehen, sind dies solche Anbieter, die Inhalte entsprechend [einer Suchmaschine] aufbereiten, ohne Suchmaschinen zu sein. Über Parteien und Inhalt von Lizenzverhandlungen geben wir keine Auskunft.“ Bekannt ist, dass die VG Media derzeit Briefe versendet, in denen sie Internet-Unternehmen zu Verhandlungen über Leistungsschutz-Vergütungen auffordert und einlädt.
Tarif veröffentlicht
Flankierend zur Klage und den Beinahe-„Vorladungen“ zu Vertragsverhandlungen veröffentlichte die VG Media im Juni auch einen „Tarif Digitale verlegerische Angebote“ (PDF). Die Vergütung soll nach den Vorstellungen der VG Media bis zu 11 Prozent derjenigen Umsätze und Auslandsumsätze betragen, die Unternehmen „unmittelbar und mittelbar mit der öffentlichen Zugänglichmachung von Ausschnitten aus Online-Presseerzeugnissen“ erzielen oder die „mit einer solchen Verwertung im Zusammenhang stehen.“ Wer nur eines von beiden betreibt – eine Suchmaschine, aber keinen ähnlichen Dienst, oder umgekehrt – soll dem Tarif nach ein Drittel des Vergütungssatzes weniger zahlen.
Ob der hier formulierte Vergütungssatz tatsächlich so angewandt wird, hängt zuerst davon ab, ob die angesprochenen Unternehmen verhandeln und sich darauf vertraglich festlegen lassen. Auf Anfragen von iRights.info bei mehreren Internet-Unternehmen antwortete zuerst Microsoft Deutschland, aber noch nicht konkret: Die Rechtsabteilung prüfe derzeit genau diese Frage, man wolle in Kürze Stellung nehmen.
VG Media vs. VG Wort
Dass die VG Media nun in konzertierter Aktion vorgeht, um das Leistungsschutzrecht durchzusetzen und Vergütungen für die ihr angeschlossenen Presseverlage einzutreiben, war nach den Ankündigungen der Verlage zu erwarten. Gleichwohl ist bekannt, dass auch die Verwertungsgesellschaft VG Wort beschlossen hat, das Leistungsschutzrecht der ihr angeschlossenen Verlage wahrzunehmen. Dies würde bedeuten, dass mindestens zwei Verwertungsgesellschaften parallel arbeiten.
Die VG Media verweist hier auf die europäischen Vorgaben: „Wettbewerb unter den Verwertungsgesellschaften wird unter anderem von der EU-Kommission ausdrücklich gewünscht und ist ein Kernbestandteil der neuen EU-Richtlinie zu Verwertungsgesellschaften, die im Frühjahr 2014 verabschiedet wurde“. Eine gleich lautende Anfrage an die VG Wort blieb bis jetzt unbeantwortet.
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