US-Universitäten zeigen RIAA die kalte Schulter
Seit Beginn der Brief-Aktion der RIAA gibt es lautstarke Kritik an dem Vorgehen. Es gehe der RIAA darum, den üblichen Rechtsweg zu umgehen, um auf einfache Art Druck auf Studenten auszuüben, so die Kommentatoren. Denn normalerweise kennt die RIAA nur die IP-Adresse der Nutzer, die sich in Tauschbörsen aufhalten, und müsste eine gerichtliche Verfügung erwirken, um die Universitäten dazu zu zwingen, die Identität dieser Nutzer zu enthüllen. Stattdessen schickt sie nun massenhaft Briefe an die Hochschulen mit der Aufforderung, sie an die entsprechenden Studierenden weiterzuleiten, damit diese sich mit der RIAA außergerichtlich einigen können. Wenn die Universitäten mitspielen, ersparen sie der RIAA den Gang vor Gericht.
Die University of Wisconsin hat der RIAA nun deutlich gemacht, dass sie dieses Vorgehen nicht mitmachen wird. In einer E-Mail an Studierende schreibt Ken Frazier, „Chief Information Officer“ der Universität: „Vor kurzem wurde die University of Madison, ebenso wie andere Hochschulen, darauf hingewiesen, dass sie Aufforderungen zu Vergleichen erhalten wird, die an Empfänger weiter geleitet werden sollen, von denen die Absender annehmen, dass sie Urheberrechtsverletzungen begehen. In Übereinstimmung mit unseren Regeln für das Netzmanagement und unserem Verständnis des Gesetzes hat die University of Wisconsin nicht die Absicht, diese Briefe direkt an Nutzer des Campus-Netzes weiter zu leiten. Selbstverständlich werden wir uns aber gültigen gerichtlichen Verfügungen beugen.“
University of Wisconsin: „RIAA will üblichen Rechtsweg umgehen“
In der Campus-Zeitung „The Badger Herald“ (die unabhängig von der Universitätsleitung ist) kritisiert Brian Rust, Sprecher der Abteilung für Informationstechnologie, das Vorgehen der RIAA: „Diese Aufforderungen zu Vergleichen sind der Versuch, den üblichen Rechtsweg zu umgehen und die Universitäten zu Hilfspolizisten zu machen.“ Nach Rusts Angaben treffen bei der Universität zehn bis zwanzig Unterlassungsaufforderungen täglich ein, die die Verwaltung an die Betroffenen weiterleiten muss. Aber die Vergleichs-Aufforderungen der RIAA seien bedrohlicher. Die angebotenen Einigungssummen lägen meist bei 700 Dollar pro Fall, könnten aber bis zu 3500 Dollar betragen. „Man kann sich vorstellen, dass einige Leute die Website aufgerufen und ihre Kreditkarte gezückt haben, um zu bezahlen“, so Rust. „Damit wollen wir nichts zu tun haben, wir sind nicht der Rechtsvertreter der Plattenindustrie und wollen das auch nicht sein.“
Chief Information Officer Ken Frazier geht in einer Erklärung auf seiner Website noch einen Schritt weiter: „Wir sind der Ansicht, dass die RIAA mit ihren Möglichkeiten durchaus in der Lage ist, gerichtliche Verfügungen zuzustellen und Vergleiche zu erzielen – ohne die Hilfe der Universität. Stattdessen dienen wir unseren Nutzern besser, indem wir ihre Privatsphäre schützen und sie darauf hinweisen, welche ernsten Folgen es haben kann, Urheberrechte zu verletzen. Wir ermutigen Sie, die Rechte am geistigen Eigentum der Platten- und Filmindustrie zu respektieren, indem Sie Ihre Musik und Filme nicht an andere Internetnutzer weitergeben. Die Folgen können für Sie teuer sein.“
University of Nebraska: Nicht mit Steuergeld der RIAA helfen
Die University of Nebraska leitet die Briefe zwar weiter, verlangt aber von der RIAA, die Kosten für die Arbeit zu erstatten, die die Universität damit hat, sie zuzustellen – und geht dabei von elf Dollar pro Brief aus. „Wir geben hier Steuergeld aus, um die Probleme der RIAA zu lösen“, wird Walter Weir, Chief Information Officer der Universität, im Omaha World-Herald zitiert. Weir weiter: „Sind wir ein Vertreter der RIAA? Warum bezahlen sie uns nicht für so etwas?“
An der University of Nebraska ist das Computersystem so konfiguriert, dass IP-Adressen dynamisch vergeben werden. Protokolle, welche IP-Adresse welchem Computer zugewiesen ist, werden nur einen Monat lang aufbewahrt. Jenni Engebretsen, Sprecherin der RIAA, kritisierte die Universität gegenüber dem Omaha World-Herald dafür, die Daten nicht länger aufzubewahren, mit deren Hilfe es möglich wäre, Urheberrechtsverletzer aufzuspüren: „Man möchte meinen, dass die Universitäten verstehen, wie notwendig es ist, diese Dateien aufzubewahren.“
Im viel gelesenen US-Weblog Techdirt wird diese Aussage mit den Worten kommentiert: „Diese Beschwerde ist lächerlich. Die Universität hat keinen Bedarf daran, diese Daten aufzubewahren und es gibt keinen Grund, sie aus irgendeiner Verpflichtung gegenüber der RIAA aufzubewahren. […] Wenn dieses ganze Hin und Her vertraut vorkommt, dann deshalb, weil es sehr daran erinnert, wie die RIAA vor einigen Jahren versucht hat, die Zugangsprovider dazu zu bringen, ihre Nutzerdaten preis zu geben. Zum Glück haben die Provider Rückgrat gezeigt und der RIAA gesagt, sie solle sie in Ruhe lassen. Zu dumm, dass sie daraus nichts gelernt hat.“
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