US-Forscher*innen verlangen Anpassung des Urheberrechts während der Pandemie-Notlage

„Civil Society Statement on Copyright and Proposed TRIPS Waiver“, Bearbeitung iRights.info
Initiiert wurde die Verzichtserklärung von Forscher*innen des College of Law der American University in Washington. Seit dem gestrigen Montag ist sie offiziell veröffentlicht.
Der Zugang zu wissenschaftlichem Wissen sei essentiell, um die Pandemie auf globaler Ebene zu bekämpfen, so die Erklärung. Die Regelungen geistigen Eigentums in vielen Ländern, darunter vor allem Urheber- und Patentrechte, würden diesen Zugang jedoch erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen.
Die Erklärung, die derzeit nur auf Englisch vorliegt, appelliert daher deutlich an die WTO, zur Bekämpfung der Pandemie zumindest zeitweise einen flexiblen Umgang mit den genannten Schutzrechten zuzulassen. Weiter heißt es:
„In zu vielen Ländern ermöglichen Urheberrechtsgesetze keinen digitalen Fernzugriff auf wesentlich benötigte Werke. Der Einsatz im Bildungsbereich beschränkt sich zu oft auf Vorgänge innerhalb der Bildungseinrichtungen oder auf den persönlichen Unterricht vor Ort. Die Nutzung von Bibliotheksangeboten und anderen öffentlichen Repositorien ist zu oft an die Räumlichkeiten der jeweiligen Institutionen geknüpft.“ (Übersetzung G.F., Anm. d. Red.)
Damit spricht die Erklärung ein zentrales Problem in der Bereitstellung und Nutzung von urheberrechtlich geschützten Bildungsmaterialien wie Büchern, Studien, Datensätzen und weiteren Ressourcen an. In vielen Fällen sind die Regelungen auf den Gebrauch in den jeweiligen Gebäuden, zum Beispiel in den Räumen der Bibliothek oder auf dem Campus, festgelegt.
Forscher*innen und Studierende erleben daher seit Beginn der Pandemie starke Einschränkungen im Zugang zu wissenschaftlichem Wissen, etwa, wenn sie im Home Office einen wissenschaftlichen Aufsatz benötigen, der allerdings hinter der Paywall eines Verlags nicht öffentlich zugänglich ist.
Zugang zu Wissen an Pandemielage anpassen
Die Mehrheit der nationalen Urheberrechtsgesetze sei nicht flexibel genug, um Forschung und Lehre sowie die öffentliche Nachfrage nach Informationen und Wissen rechtssicher in den digitalen Raum zu verlagern. Genau das mache die derzeitige Notlage der Pandemie jedoch erforderlich.
Die Mitglieder der WTO sollen daher, so die Forderung weiter, die Verzichtserklärung unterstützen, um die Urheberrechtsbestimmungen des TRIPS-Abkommens zur Regelung des internationalen Handels an die außergewöhnliche Lage der Pandemie anzupassen beziehungsweise zeitweise auszusetzen.
Dies beinhaltet: Urheberrechtliche Regelungen müssten so ausgelegt werden, dass menschenrechtliche Verpflichtungen während der Pandemie Vorrang hätten,
„einschließlich des Rechts, Informationen zu suchen, zu erhalten und weiterzugeben, auf Bildung und freie Teilnahme am kulturellen Leben und Teilhabe am wissenschaftlichen Fortschritt und seinen Vorteilen, unter gleichzeitigem Schutz der moralischen und materiellen Interessen der Urheber*innen.“ (Übersetzung G.F., Anm. d. Red.)
Daneben fordern die Unterzeicher*innen angemessene Einschränkungen und Ausnahmen von geistigen Eigentumsrechten für digitale Umgebungen sowie entsprechende rechtliche Erweiterungen.
Die Erklärung ist von zahlreichen Institutionen aus dem Bildungs- und Universitätsbereich unterzeichnet, darunter große Bibliotheks- und Forschungsverbände aus den USA oder Creative Commons-Landesorganisationen. Auch viele natur- und rechtswissenschaftliche Forscher*innen unterstützen die Erklärung.
Diverse Unterstützungsstatements sind auf der Website infojustice.org einsehbar, begleitet wurde die Veröffentlichung von einer Online-Pressekonferenz.
Offenlegung: Der iRights e. V., Anbieter von iRights.info, sowie Georg Fischer, Verfasser dieses Beitrags, haben die oben genannte Verzichtserklärung ebenfalls unterzeichnet.
1 Kommentar
1 Felix am 3. April, 2021 um 07:12
Wenn man vergleicht welche Organisationen aus Indien die Erklärung unterschrieben haben, dann sieht es bei uns mau aus. Ich finde gut, dass ihr euch dafür einsetzt.
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