US-Berufungsgericht: Digitale Bibliothek Hathitrust bleibt als „Fair use“ erlaubt
Das New Yorker Berufungsgericht hat in seinem am Dienstag veröffentlichten Urteil (PDF) bestätigt, dass die Plattform Hathitrust sich auf die „Fair use“-Regeln berufen kann. Indem die digitale Bibliothek eine Datenbank von Werken aufbaue, die im Volltext durchsuchbar ist, diene Hathitrust einem neuen, „transformativen“ Zweck und verletze keine Urheberrechte.
Hathitrust wurde als Verbundplattform von 13 US-Universitäten gegründet. Der Großteil der digitalisierten Werke stammt aus Googles Bibliotheksprogramm (Google Books). Die Bibliotheken und Google hatten sich darauf verständigt, dass beide Parteien eine Kopie der digitalisierten Werke erhalten. Parallele Gerichtsprozesse der US-Autorengilde und weiterer Verbände gegen Hathitrust, die Universitäten und gegen Google folgten. Die Plattform Hathitrust – nach dem Hindi-Wort „hathi“ für „Elefant“ benannt – soll die Digitalisate auf lange Sicht erhalten; weitere Quellen sind das Internet Archive und Einzelprojekte.
Volltextsuche durch „Fair use“ gedeckt, Verwertung nicht gestört
Bei noch geschützten Werken zeigt Hathitrust lediglich Seitenzahlen und die Anzahl der Fundstellen an, Auszüge werden nur dargestellt, wenn Rechteinhaber es erlauben. Die Autorenverbände sahen die Volltext-Suche dennoch als Urheberrechtsverletzung an, weil es dafür nötig ist, die Bücher zu kopieren. Das Gericht entschied, dass die Kopien dem Zweck angemessen seien, weil für eine Volltext-Suche eben der gesamte Text kopiert werden müsse.
Fair Use ist eine Regelung im US-Urheberrecht, nach der geschützte Werke unter bestimmten Umständen verwendet werden dürfen. Dazu gehören etwa Kritiken und Stellungnahmen, Parodien oder Bildung und Forschung. Entscheiden Gerichte über Fair Use, müssen sie vier Faktoren berücksichtigen: Wofür die Werke verwendet werden, um was für Werke es geht, wieviel jemand nutzt, und die Auswirkungen auf den Markt.
Auch die Verwertung auf dem Buchmarkt werde durch eine solche Volltextsuche nicht beschädigt, heißt es im Urteil weiter. Die Autorenverbände hatten argumentiert, sie würden gehindert, zukünftige Angebote auf Lizenzbasis zu vermarkten. Ein Buch im Volltext zu durchsuchen, ersetze aber nicht, das Buch zu kaufen, so das Gericht.
Das Berufungsgericht hat auch den Einwand der Autoren verworfen, Hacker könnten bei Hathitrust leicht einbrechen, die Volltexte stehlen und weiterverkaufen.
Blindenversionen und Archivkopien erlaubt
In einem weiteren Punkt hat das Berufungsgericht das Urteil im Ergebnis bestätigt, es aber anders begründet als die Vorinstanz (PDF): Für Blinde und Sehbehinderte dürfen die Hathitrust-Bibliotheken auch weiterhin Volltexte zugänglich machen, etwa durch Sprachsynthese. Dafür reiche aber die Begründung nicht aus, dass Blinde sonst keinen Zugang hätten. Bei Hathitrust komme hinzu, dass Blindenversionen nur in den wenigsten Fällen auf dem Markt angeboten werden, heißt es im Urteil.
Zudem darf Hathitrust eine Archivkopie anfertigen; die Autorenverbände seien hier nicht befugt gewesen zu klagen. Ebensowenig die US-amerikanische Authors Guild, der schwedische sowie der kanadische Autorenverband in der Klage als solcher. Nach US-Copyright können die Verbände nur dann im Namen der Autoren auf Unterlassung klagen, wenn sie ausschließliche Nutzungsrechte besitzen.
Gerichte stärken Fair use, Bruchlinien unter Autoren
Mit dem Urteil hat das Berufungsgericht nicht nur die Vorinstanz im Wesentlichen bestätigt, sondern auch die Linie, die sich mit der Entscheidung zu Google Books langsam abzeichnet. Auch digitale Kataloge und Repositorien für alte Werke können sich auf „Fair use“ berufen. Ob die Autorenverbände weiter zum Obersten US-Gerichtshof ziehen wollen, ist noch nicht bekannt; im Parallelstreit um Google Books hat die US-Autorengilde das angekündigt.
In den USA hat sich unterdessen mit der „Authors Alliance“ eine weitere Urhebervereinigung gegründet, die überwiegend akademische Autoren versammelt und stärker für offenen Zugang eintritt. Die Klagen gegen Google Books und Hathitrust zeigten, dass die „Authors Guild“ nicht für alle Autoren sprechen könne, sagte die Rechtsprofessorin und Mitgründerin Pamela Samuelson gegenüber „Publishers Weekly“.
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