Urheberrecht vs. Copyright – Unterschiede und Gemeinsamkeiten
In der digitalen Welt wird es zunehmend schwieriger, urheberrechtliche Sachverhalte auf ein bestimmtes Gebiet oder eine Rechtsordnung zu begrenzen. Denn mit der Vernetzung durch das Internet werden viele Landesgrenzen durchlässig, manchmal sogar überflüssig: Oft wissen Nutzer*innen beispielsweise gar nicht, in welchem Land sich der Server der Website befindet, die sie gerade ansteuern, und welche Gesetzgebung dort herrscht.
Auch ein weltweit einheitliches Urheberrecht gibt es derzeit nicht. Vielmehr basiert das Urheberrecht auf nationalen Gesetzgebungen, deren Geltung sich grundsätzlich auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt. Zwar gibt es verschiedene völkerrechtliche Abkommen, die auf eine Harmonisierung urheberrechtlicher Regelungen abzielen. Dazu gehört zum Beispiel die „Revidierte Berner Übereinkunft“, die von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) verwaltet wird. Sie soll einen Mindeststandard für den Schutz der Rechte von Urheber*innen und ihrer Werke überall auf der Welt garantieren. Trotz diverser solcher Abkommen haben Urheber*innen aber kein weltweites Schutzrecht, sondern ein Bündel nationaler Urheberrechte mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Inhalten.
Urheberrecht vs. Copyright: Verschiedene Rechtstraditionen, verschiedene Rechte
Vereinfacht lässt sich der Schutz geistiger Schöpfungen in zwei große Rechtstraditionen unterteilen: in das kontinentaleuropäische Urheberrecht und das angloamerikanische Copyright. Beide Traditionen haben vergleichbare Regelungen, so etwa die Gemeinfreiheit beziehungsweise Public Domain, also die Aufgabe aller Urheberrechte an einem Werk (wenn auch unter verschiedenen Voraussetzungen).
Doch es gibt auch große Unterschiede, die sich schon daran zeigen, welche Interessen der Schutz von Urheberrechten jeweils hat: Während das kontinentaleuropäische Urheberrecht in seinen Ursprüngen ideelle Interessen verfolgt und die schöpfende Person in den Fokus stellt, ist das angloamerikanische Copyright vor allem auf die wirtschaftlichen Interessen von Verleger*innen und anderen Verwerter*innen ausgelegt.
Copyright – the right to copy
Urheberrechtlich geschützte Werke in den USA, wie etwa Bilder, sind oft mit einem Copyright-Vermerk versehen. Auch hierzulande hat sich der Begriff „Copyright“ als Hinweis zum Schutz geistiger Schöpfungen etabliert.
Ein Copyright-Vermerk besteht grundsätzlich aus vier Elementen: dem Wort „Copyright“ oder dem Copyright-Zeichen, das von einem Kreis umrundete c (©); dem Jahr, in welchem das Werk entstanden ist; dem Namen des Rechteinhabers; sowie einem Rechtevorbehalt (zum Beispiel „All rights reserved“).
Erforderlich war ein solcher Hinweis lange Zeit, weil das Copyright bis 1989 in den USA explizit angemeldet werden musste. Erst als die USA der Revidierten Berner Übereinkunft beigetreten waren, wurde die Anmeldepflicht obsolet und der Schutz eines Werkes beginnt im US Copyright Law seitdem mit der Werkschöpfung.
Wirtschaftliche Interessen und die Verbreitung von Wissen
In der ehemaligen Pflicht zur Anmeldung des Copyrights zeigt sich der Fokus auf die wirtschaftlichen Interessen des Copyrights: Es entstand nicht automatisch, sondern erst, wenn die Rechte an einem Werk verwertet werden sollten.
Das zeigt sich auch im Wort „Copyright“ selbst: Das bedeutet übersetzt „das Recht zu kopieren“. Es geht also um das Recht, Werke vervielfältigen und damit wirtschaftlich nutzbar zu machen. Die Verwertungsrechte liegen häufig nicht bei der Schöpferin des Werkes, sondern bei dem Rechteverwerter, der diese Rechte erworben hat (etwa ein Verlag, ein Musiklabel oder eine Filmproduktionsfirma).
Aber noch eine andere Idee stand im historischen Fokus des amerikanischen Copyrights: Es sollte die Verbeitung von Wissen befördern, indem den Inhaber*innen der Verwertungsrechte ein Anreiz gegeben wurde, das Werk zu verbreiten – weil sie die exklusiven Rechte daran hatten.
USA: Registrierung immer noch üblich
Auch wenn sie rechtlich nicht mehr erforderlich ist, kann man die Copyright-Registrierung bis heute im United States Copyright Office vornehmen. Dieses befindet sich in der Library of Congress, der Nationalbibliothek der USA in Washington, D.C.: Nach erfolgreicher Registrierung wird dort ein Nachweis über die Urheberschaft oder die Rechteinhaberschaft in Form eines Zertifikats erstellt.
Laut Aussagen des Copyright Office werden im Durchschnitt immer noch jährlich mehr als 500.000 Anträge zur Copyright-Registrierung eingereicht und bearbeitet. Für Rechteinhaber*innen kann das Vorteile haben: Sie können mit der Registrierung nachweisen, die Rechte an einem Werk zu besitzen.
Fair Use vs. Schrankenregelungen
Die Registrierung von Urheberrechten spielt in den USA auch deshalb eine große Rolle, weil das angloamerikanische Urheberrecht weitreichende Ausnahmen vom Urheberrechtsschutz kennt. So bietet etwa die Fair-Use-Regelung eine Vielzahl von nicht autorisierten Nutzungen von geschütztem Material, sofern sie der öffentlichen Bildung und der Anregung geistiger Produktionen dienen. Übersetzt bedeutet Fair Use etwa „angemessene Nutzung“ – die Regelung ist nicht zu verwechseln mit der mittlerweile weggefallenen deutschen „Freien Benutzung“!
Fair Use ist eine Regelung im US-Urheberrecht, nach der geschützte Werke unter bestimmten Umständen verwendet werden dürfen. Dazu gehören etwa Kritiken und Stellungnahmen, Parodien oder Bildung und Forschung. Entscheiden Gerichte über Fair Use, müssen sie vier Faktoren berücksichtigen: Wofür die Werke verwendet werden, um was für Werke es geht, wieviel jemand nutzt, und die Auswirkungen auf den Markt.
Die bewusst offen gehaltene Fair-Use-Regelung hat den Vorteil, dass nicht für jede neue Technologie oder Verwendung von Materialien eine neue gesetzliche Ausnahmeregelung getroffen werden muss. Für Urheber*innen und Rechteinhaber*innen erleichtert die Copright-Registrierung die Beweisführung vor Gericht, wenn etwa darüber entschieden werden soll, ob Fair Use anwendbar ist oder nicht.
Kontinentaleuropa: Urheberrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht
Das US-amerikanische Fair Use gibt es so im deutschen Urheberrecht nicht: Ausnahmen, die eine Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke auch ohne die Zustimmung des Rechteinhabers erlauben, sind im europäischen Urheberrecht in den sogennanten Schranken geregelt. Dazu gehört zum Beispiel das Zitat oder die Parodie. Die Schranken sind – anders als bei Fair Use – abschließend geregelt und nicht so weit gefasst wie das amerikanische Pendant. Das kann für Urheber*innen vorteilhaft sein, aus Nutzer*innen-Perspektive sind die Regelungen häufig nicht flexibel.
Ein anderer Unterschied liegt in der Frage, auf welche Weise einem Urheber Schutz zufällt. In der kontinentaleuropäischen Rechtstradition funktioniert das Urheberrecht ganz ohne Registrierung: Erstellt eine Person ein Werk, entsteht der Urheberrechtsschutz automatisch. Das Werk ist damit untrennbar mit seinem Schöpfer verbunden. Deshalb können Urheberrechte hierzulande auch nicht vollständig aufgegeben werden. Urheber*innen können nur Nutzungsrechte daran vergeben, beispielsweise durch die Übertragung an einen Verlag.
Hintergrund ist das Urheberpersönlichkeitsrecht, das die persönliche und geistige Beziehung eines Urhebers zum eigenen Werk besonders schützt. Es umfasst zum Beispiel das Recht zur Erstveröffentlichung und das Recht zur Namensnennung und schützt vor Entstellungen des Werks.
Diese Rechte gelten hier als höchstpersönlich, das bedeutet, sie können nur von dem Urheber wahrgenommen werden und auf sie kann nicht verzichtet werden. Der Urheber kann aber anderen weitreichende Rechte einräumen, über die Nutzung und Verwertung des Werkes zu bestimmen oder das Werk in die Gemeinfreiheit geben. Der Kern der Urheberrechte lässt sich aber nicht veräußern.
Aus diesem Grund ist auch ein Urheberrechts-Vermerk, der auf eine Urheberschaft hinweist, nicht erforderlich. Ein Urheberrecht besteht automatisch und nicht erst, sobald darauf hingewiesen wird. Ein solcher Hinweis ist rein „deklaratorisch“ – er bestätigt also etwas, was ohnehin schon gilt. Umgekehrt bedeutet dies: Auch Inhalte, die nicht mit Copyright-Zeichen versehen sind, können urheberrechtlich geschützt sein.
Creative Commons: Umfassende Rechteeinräumung international möglich
Welche Vorteile die Nutzbarmachung von Urheberrechten haben kann, zeigen etwa die Creative-Commons-Lizenzen, mit denen sich dank vorgefertigter Lizenverträge festlegen lässt, dass und wie andere Personen Werke leichter verwenden können.
Creative Commons
Mit Creative-Commons-Lizenzen können Urheber festlegen, dass andere ihre Werke leichter verwenden können. Es ist eine Alternative zum „Alle Rechte vorbehalten“ im klassischen Zuschnitt des Urheberrechts. Dafür bietet die Organisation Creative Commons vorgefertigte Lizenzverträge an. Sie bestehen aus Modulen, mit denen ein Urheber zum Beispiel erlauben kann, sein Musikstück zu verwenden, solange er genannt wird. Er kann aber auch einschränken, dass das Werk nicht bearbeitet werden darf oder etwa nur nicht-kommerzielle Nutzungen erlaubt sind. Mehr zum Thema.
Creative Commons-Lizenzen sind zudem als internationale Versionen ausgestaltet mit Übersetzungen in viele Sprachen der Welt. Erklärtes Ziel von Creative Commons: den Lizenzen Geltung zu verschaffen – und zwar so einheitlich wie möglich in den unterschiedlichen Rechtsordnungen. Sie eignen sich daher auch besonders für internationale Urheberrechts-Sachverhalte.
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1 Kommentar
1 Monika Petry am 7. Oktober, 2022 um 06:29
Guten Tag,
ich verwalte das geistige Erbe von Max Freedom Long, der 1971 gestorben ist, ich habe ein Großteil seines Werkes übersetzt – aber leider habe ich von ihm keine schriftliche Ermächtigung zur Verbreitung.
Die Nachlassverwalterin Dolly Ware ist 2015 verstorben, sie hatte mir auf meine Anfrage keine Antwort mehr gegeben.
Max Long hat die hawaiianische Huna-Lehre verbreitet, und wenn diese aussterben müsste, weil das Copyright den Neudruck seiner Bücher sowie die Verbreitung seiner Bulletins verbietet, würde ein großes geistiges Erbe der Menschheit verloren gehen.
Darf ich das Werk von Max Long unter meinem Namen veröffentlichen?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe und freundliche Grüße
Monika Petry
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