Wie Werke ins Erbe übergehen, wenn die Urheberin stirbt

„Atelier Carrasco“ by Manko Garnier, cropped to fit dimensions, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Rechte und Pflichten von Erben
Urheberrechte entstehen mit der Schaffung eines Werkes, zum Beispiel von Gemälden, Songs oder Filmen. Sie stehen der Urheberin als Schöpferin zu. Die Urheberin hat danach das Recht, über die Nutzung des Werkes zu entscheiden – etwa ob ein Werk ausgestellt, vervielfältigt oder verkauft wird.
Mit dem Tod der Urheberin gehen diese Rechte nicht verloren, sondern werden vollständig vererbt. Die Erben treten rechtlich an die Stelle der verstorbenen Urheberin und erben damit auch die Urheberrechte. Damit dürfen die Erben die Werke der Verstorbenen veröffentlichen, vervielfältigen, lizenzieren, ausstellen usw. – also nahezu all das, was auch die Urheberin zu Lebzeiten durfte. Und das 70 Jahre über den Tod der Urheberin hinaus. Erst danach werden die Werke gemeinfrei und können von jedermann frei genutzt werden.
Die Erben übernehmen aber nicht nur die Rechte, sondern auch Pflichten der Urheberin. Hat die Urheberin zu Lebzeiten Verträge geschlossen – etwa mit Verlagen, Verwertungsgesellschaften oder Streamingdiensten – bleiben diese auch nach ihrem Tod wirksam und sind von den Erben zu beachten. Das Urheberrecht wird insoweit „beschränkt“ vererbt.
Wollen die Erben solche Verträge nicht fortführen, müssen sie – sofern rechtlich oder vertraglich möglich – angepasst oder gekündigt werden. Es ist daher sinnvoll, dass die Urheberin alle relevanten Vereinbarungen sorgfältig dokumentiert. Auch die Erben sollten sich frühzeitig mit den Vertragsinhalten vertraut machen, um einschätzen zu können, ob die Nutzung bestimmter Werke eingeschränkt ist und ob es Optionen gibt, sich von bestehenden Verpflichtungen zu lösen.
Wer die Urheberrechte von Verstorbenen erhält
Wer die Urheberrechte erbt, hängt davon ab, ob ein Testament vorhanden ist oder nach den gesetzlichen Regeln geerbt wird.
Mit Testament kann die Urheberin gezielt bestimmen, wer ihre Rechte ausüben darf. Sie kann festlegen, wer sich um bestimmte Werke kümmern soll oder wie diese genutzt werden dürfen. Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge. Danach erben in den meisten Fällen die Kinder, der Ehepartner oder – falls es keine direkten Angehörigen gibt – andere Verwandte.
Ein Sonderfall besteht, wenn mehrere Personen gemeinsam erben. Dann bilden sie eine so genannte rechtliche „Erbengemeinschaft“. Bis zur Erbauseinandersetzung, mit der die geerbten Rechte einzelnen Erben zugewiesen werden, müssen die Erben gemeinsam über die Ausübung der Urheberrechte entscheiden. Eine Erbauseinandersetzung kann lange dauern und führt oft zu Konflikten – etwa, wenn sich die Erben nicht darüber einig sind, wie die Rechte aufgeteilt werden sollen oder ob ein Werk, statt ausgestellt, verkauft werden soll. In solchen Fällen hilft ein Testament, in dem die Urheberin klare Vorgaben macht und einzelne, vertrauenswürdige Personen mit der Verwaltung ihres Nachlasses bestimmt.
Eigentum vs. Nutzungsrecht
Das Eigentum und das Nutzungsrecht an einem Werk sind rechtlich voneinander getrennt. Das Eigentum bestimmt, wem ein Werk gehört. Das Nutzungsrecht bestimmt, wie ein Werk genutzt werden darf. Was passiert, wenn der Urheber vor seinem Tod das Werk verkauft und damit das Eigentum daran übertragen hat, ist hier erklärt.
Werknutzung und finanzielle Ausschüttungen für die Erben
Mit dem Tod der Urheberin dürfen die Erben auch darüber entscheiden, ob, wann und wie ein Werk genutzt oder verwertet wird. Sie können Nutzungsrechte an Dritte vergeben, neue Ausstellungen organisieren oder eine digitale Veröffentlichung erlauben.
Sie profitieren außerdem von allen Vergütungen, die das Werk einbringt – auch aus alten Verträgen. Hat die Urheberin zum Beispiel Musik über einen Streamingdienst veröffentlicht, erhalten die Erben künftig die Ausschüttungen.
Vergütung bei Weiterverkauf: Das Folgerecht
Wird ein Werk weiterverkauft, zum Beispiel über eine Galerie oder ein Auktionshaus, steht der Urheberin bzw. ihren Erben ein prozentualer Anteil am Verkaufserlös zu. Dieses Folgerecht gilt für alle Weiterverkäufe und soll sicherstellen, dass auch Urheberin und ihre Erben an möglichen Wertsteigerungen ihrer Werke teilhaben.
Gerade bei Künstlerinnen, deren Arbeiten posthum Anerkennung finden oder im Wert steigen, kann das Folgerecht einen erheblichen wirtschaftlichen Vorteil darstellen. Es lohnt sich daher für Erben, den Sekundärmarkt im Blick zu behalten.
Erben in digitalen Welten – Sicherung von Zugängen
Auch digitale Inhalte sind Teil des Erbes. Der digitale Nachlass wird dem physischen gleichgestellt. Das bedeutet: Erben dürfen Konten einsehen, Inhalte herunterladen und verwalten. Sie dürfen sie allerdings nicht im eigenen Namen weiterführen. Ein Instagram-Profil bleibt also inaktiv, darf aber archiviert und inhaltlich ausgewertet werden.
Das ist vor allem im heutigen digitalen Zeitalter höchst relevant. Viele Künstler arbeiten mit digitalen Tools, laden ihre Inhalte auf Plattformen hoch oder speichern ihre Daten in einer Cloud. Damit hinterlassen sie nicht nur Werke, sondern auch eine komplexe digitale Infrastruktur. Dazu gehören Konten, Passwörter, Profilseiten, Speicherzugänge und E-Mail-Konten.
Wer als Erbe auf solche Werke zugreifen möchte, muss zunächst den Zugang zu diesen Diensten erhalten. Dies kann eine Hürde darstellen. Denn Plattformbetreiber wollen in der Regel einen Nachweis einer Zugangsberechtigung zu den entsprechenden Konten von den Erben. Ein solcher Nachweis ist im Erbrecht der so genannte Erbschein, auf den die Erben in der Praxis aber häufig eine längere Zeit warten müssen.
Was ist ein Erbschein?
Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das bestätigt, wer Erbe einer verstorbenen Person ist und in welchem Umfang. Er wird vom Nachlassgericht ausgestellt und dient oft dazu, gegenüber Banken, Behörden oder anderen Stellen die Erbenstellung nachzuweisen.
Eine zeitnahe Verwaltung des Nachlasses durch die Erben kann aber durch gute Vorbereitungen zu Lebzeiten sichergestellt werden. Beispielsweise durch eine sichere Hinterlegung von Passwörtern oder einer klaren Formulierung testamentarischer Verfügungen. Auch empfiehlt es sich – wenn möglich – so genannte Nachlasskontakte wie den Nachlasskontakt von Google zu nutzen. Damit kann die Urheberin eine berechtigte Person bestimmen, die im Todesfall automatisch Zugang erhält.
Nachlass rechtzeitig gut regeln
Urheberrechte wirken über den Tod hinaus – und eine vorausschauende Planung erleichtert den Erben die Verwaltung des künstlerischen Nachlasses erheblich. Wer seine Werke gezielt weitergeben möchte, sollte deshalb:
- ein Testament aufsetzen, besonders bei Erbengemeinschaften, um klare Regelungen zur Nutzung und Verwaltung zu treffen,
- bestehende Verträge dokumentieren und prüfen, ob sie übertragbar, kündbar oder anpassbar sind,
- Zugangsdaten zu digitalen Plattformen sicher hinterlegen und Vertrauenspersonen frühzeitig benennen,
- digitale Nachlassfunktionen (etwa bei Google oder Apple) nutzen, um einen reibungslosen Zugriff für die Erben zu ermöglichen.
Auf diese Weise lässt sich vorbeugen, dass Werke ungenutzt bleiben, Streit entsteht oder digitale Inhalte verloren gehen.
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