Umstrittene Verlinkung bei Online-Berichterstattung
Das neue Urteil folgte auf die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen einem führenden deutschen Hersteller von Tonträgern als Kläger und dem Chefredakteur eines „Musikmagazins für elektronische Musikkultur”. Das Landgericht München I (Urteil vom 11.10.06, Az.: 21 O 2004/06) hatte zu entscheiden, ob es bei der Presseberichterstattung über eine ausländische rechtswidrige Umgehungssoftware für kopiergeschützte Medien gestattet ist, auf das streitgegenständliche Produkt und den Hersteller zu verlinken.
Das Musikmagazin hatte im Rahmen seiner redaktionellen Berichterstattung über eine Abmahnung und den anschließenden Prozess des Klägers gegen den Online-Informationsdienst Heise berichtet. Heise hatte damals über Computerprogramme, mit denen der Kopierschutz von CDs und DVDs umgangen werden kann, berichtet und einen Link auf die Webseite der auf Antigua beheimateten Firma Slysoft gesetzt, die eine entsprechende Software angeboten hatte. Heise wurde es daraufhin untersagt auf das streitgegenständliche Programm zu verlinken (iRights.info berichtete, Link am Ende des Textes). In dem Bericht des Musikmagazins über diesen Rechtstreit wurde der Link auf eine Unterseite des Internetangebots der Firma Slysoft genannt, auf der in deutscher Sprache die Funktionsweise des Umgehungsprogramms erläutert und zum Download angeboten wurde.
Begründung des Heise-Urteils wurde bestätigt
Die aktuelle Entscheidung des LG München I bezieht sich auf die vorangegangenen Entscheidungen gegen den Heise-Verlag. Die Besonderheit des aktuellen Falles ist die abermalige Bestätigung der Rechtswidrigkeit eines solchen Links. Mit nahezu identischer Begründung stützten die Richter ihr aktuelles Urteil auf die damalige Entscheidung gegen den Heise-Verlag. Durch den aktuellen Richterspruch werden die Argumente der bis heute umstrittenen Entscheidung gestärkt. Das Gericht sah im Verhalten des Beklagten wiederum einen Fall der unzulässigen Werbung für eine urheberrechtswidrige Kopiersoftware.
Verlinkung nicht mehr von Pressefreiheit erfasst
Die Münchener Richter führten im Einzelnen aus, dass eine Berichterstattung über Umgehungsprogramme für Kopierschutz auch unter Nennung des Namens der einschlägigen Software grundsätzlich von der Pressefreiheit erfasst ist. Eine Verlinkung des entsprechenden Programms ist davon jedoch nicht gedeckt. Vielmehr stellt das Setzen eines Hyperlinks eine aktive Unterstützungshandlung zur rechtswidrigen Verbreitung und Werbung des umstrittenen Programms dar. Das Gericht führte dazu aus: „Obwohl Art. 95a UrhG und die Vorschriften des Rechts der unerlaubten Handlung und der Störerhaftung insoweit einschränkend ausgelegt werden müssen, dass jedenfalls im Kernbereich noch eine Presseberichterstattung auch über Produkte, die Kopierschutz in rechtswidriger Weise umgehen, möglich sein muss, kann hieraus vorliegend eine Rechtfertigung aktiver Unterstützungshandlungen, wie sie die Verlinkung darstellt, nicht abgeleitet werden.”
Zwar seien Verlinkungen grundsätzlich ein geeignetes Mittel der Information, doch ist diese im vorliegenden Fall laut Urteil nicht verhältnismäßig, da mit ihr gleichzeitig eine „schwerwiegende Rechtsgefährdung” des geistigen Eigentums der Klägerin verbunden war. Die Richter sehen zudem eine große Missbrauchsgefahr und erläuterten: „Denn es ist für einen verständigen Beobachter ohne weiteres klar, dass die Verlinkung in einer Vielzahl von Fällen zu einem rechtswidrigen Download und über die damit ermöglichte illegale Vervielfältigung geschützter Medien zu schwerwiegenden Verletzungen von Eigentumsrechten der Klägerinnen und anderer Rechteinhaber führen wird.” Der Beklagte war sich der Rechtswidrigkeit der Software bewusst und handelte nach Ansicht des LG vorsätzlich.
Noch keine Entscheidung über Verfassungsbeschwerde
Der Heise-Verlag hatte gegen die damalige Entscheidung wegen Verletzung der Pressefreiheit Verfassungsbeschwerde eingelegt. Darüber hat das Bundesverfassungsgericht bislang jedoch noch nicht entschieden. Heise argumentierte, dass sich gerade durch das Setzen von Links die redaktionelle Arbeit im Internet von herkömmlichen Berichten und Artikeln in Printmedien unterscheidet. Der Verlag sah den so gewonnenen Mehrwert von Online-Medien in Gefahr. Wenn ein direkter Verweis auf Firmen, Produkte und der zielführende Hinweis auf Hintergrundinformationen, auf die sich ein Bericht bezieht, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich seien, so leide dadurch die Qualität der Online-Berichterstattung.
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