„The List“-App: Geben und Nehmen für Creative-Commons-Fotos
Im Netz frei verwendbare Fotos zu finden, ist für viele Online- und Social-Media-Redakteure, Journalisten und Blogger bereits geübte Praxis. Seit längerem ermöglichen es Google, Flickr und andere Plattformen nach Fotos zu suchen, die unter den freien Creative-Commons-Lizenzen verfügbar sind. Eine solche Bildersuche liefert mitunter viele Treffer – aber oft passen die Motive nicht oder es stören gewisse Einschränkungen für die Weiterverwendung.
Creative-Commons-Lizenzen stehen generell für die weitgehend freie Nutzung urheberrechtlich relevanter Werke, was nicht heißt, dass sie immer kostenlos sein muss. Einen Urheber Creative-Commons-lizenzierter Fotos muss man nicht separat um Erlaubnis für eine Verwendung ersuchen, denn unter bestimmten Bedingungen hat er es bereits erlaubt. Allerdings kann eine Creative-Commons-Lizenz vorgeben, wie man das Werk nicht verwenden darf, etwa nicht für kommerzielle Zwecke oder nicht in bearbeiteter Form.
„The List“ heißt Geben und Nehmen
An dieser Stelle setzt die App „The List“ an, die direkt von einem Team der Creative-Commons-Organisation entwickelt wird. Sie richtet sich an Nutzer, die den Bestand an freien Fotos erweitern, einem konkreten Bedarf entsprechend Fotos anfertigen und diese mit der offenen CC-BY-Lizenz freigeben wollen; aber auch an Foto-Suchende, die ihren Bedarf an andere Nutzer melden. Momentan (Ende Oktober 2015) liegt die App in Version 3.0 vor, allerdings weiterhin als Prototyp (public beta).
Um die App zu nutzen, benötigt man derzeit ein Android-Gerät mit Betriebssystem-Version 4 sowie ein Konto bei Creative Commons. Die Installation lief bei zwei Tests reibungslos, es sind auch keine weiteren Konfigurationen und Einstellungen erforderlich. Die App ist derzeit nur auf Englisch verfügbar, dank einer reduzierten und übersichtlichen Benutzeroberfläche ist sie gut zugänglich.
Im Funktionsbereich „My List“ blättert man sich durch eingegangene Bedarfsmeldungen, etwa nach Fotos von einem bepflanzten Blumentopf, einem Regal oder einem Fahrradreifen. Diese kann man per Häkchen in die eigene Liste übernehmen oder ablehnen. So füllt sich die eigene Liste, mit der man für jedes Gesuch entweder ein Foto aus der eigenen Sammlung aussuchen oder aus der App heraus ein Foto erstellen kann.
Zwei weitere Funktionsbereiche dienen der Auswahl von Kategorien, für die man sich als Foto-Suchender interessiert, wie „People“, „Places & Cities“ oder „Food & Drink“, sowie dem Formulieren und Absenden eines Motivwunschs. In der momentanen Version funktioniert „The List“ noch nicht als Browser durch bereits vorhandene Fotos unter entsprechender Lizenz, das mag kommen.
Es mangelt noch an der Umsetzung
Leider sind diese Prozesse nicht gut gestaltet. Wenn ich ein Foto hochlade, kann ich es zwar benennen und einer – aber nur einer – meiner Kategorien zuordnen sowie es kurz beschreiben. Eine differenzierte Verschlagwortung, die dem Auffinden im Katalog dient, ist nicht möglich. Auch bleibt unklar, wo das hoch geladene Foto landet, es gibt keinen Link auf eine etwaige Web-Präsenz. Zudem wird es auch nicht in der App gespeichert, es scheint wie verschwunden. Diese Mankos mögen dem Beta-Stadium der App geschuldet sein.
„The List“ setzt der kommerziellen Stockfotografie das Crowd-Prinzip entgegen, nach dem in einer hinreichend großen Masse immer jemand genau das hat oder macht, was andere benötigen. So will sie die freie Nutzung von Fotos für alle Zwecke popularisieren. Das kann erst dann gut funktionieren, wenn genügend Leute aktiv mitmachen.
Je nach Entwicklungsdynamik und Unterstützung aus der Community um freie Inhalte ist „The List“ durchaus ein solcher Erfolg zuzutrauen, wenn auch nicht so schnell oder so durchschlagend wie bei Startups, die von Investoren mit Millionen aufgepäppelt werden – aber dafür auch ohne Profit-Ziele.
Die Creative-Commons-App könnte zudem Vorbild für weitere Foto-Apps und Online-Plattformen werden. Würden etwa Instagram, Flickr, Eyeem oder auch Twitter ähnliche Optionen anbieten, würden viele Rechtsunsicherheiten im Internet wegfallen, die bei der Nutzung fremder Inhalte lauern können.
Dies ist ein Crosspost vom Torial-Blog.
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