Streit um Lehrbücher-Nutzung im Intranet
„Die Kultusministerkonferenz enteignet Autoren und Verlage“, erklärt der Börsenverein in einer aktuellen Pressemitteilung. Der Geschäftsführer des deutschen Hochschulverbandes sekundiert dem Börsenverein: „Diese Politik gefährdet die Versorgung mit hochwertiger Studienliteratur und entbehrt jeder bildungspolitischen Weitsicht.“
Der Stein des Anstoßes ist die Weigerung der Kultusministerkonferenz, „Autoren und Verlagen [eine] titelbezogene angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke in den Intranets von Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen [zu] bezahlen“, wie es der Börsenverein formuliert.
Auslöser der wütenden Verbalattacke ist eine Äußerung des Staatssekretärs im sächsischen Kultusministerium, Knut Nevermann, in einem Interview mit dem Börsenblatt, der Hauszeitung des Börsenvereins. Nevermann hatte angekündigt, dass Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Intranet auch in Zukunft nicht einzeln erfassen würden.
Gießkanne versus Einzelabrechnung
Zum Jahresende 2008 hatten die Regierungsfraktionen beschlossen, den sogenannten „Intranet-Paragraf“ 52a des Urheberrechtsgesetzes bis Ende 2012 zu verlängern. Danach dürfen Bildungseinrichtungen für Unterrichtszwecke urheberrechtlich geschützte Texte aus Büchern und Zeitschriften einem eng begrenzten Personenkreis in elektronischer Form im Intranet zur Verfügung stellen. Im Gegenzug müssen die Bildungseinrichtungen für diese Form der Werknutzung „eine angemessene Vergütung“ an die Verwertungsgesellschaft Wort zahlen. Die Mittel dafür müssen aus dem Bildungsetat der Länder aufgebracht werden.
Zwischen Rechteinhabern auf der einen Seite und Kultusministern auf der anderen Seite wird nun heftig darüber gestritten, wie die „angemessene Vergütung“ errechnet und gezahlt werden soll. Geht es nach für die Bildung zuständigen Kultusministern, soll die Vergütung in Form einer Pauschale erfolgen. Die Rechteinhaber fordern stattdessen, jede einzelne Werksnutzung getrennt zu erfassen und an die VG Wort zu melden. Diese könnte dann anhand der tatsächlichen Nutzungsvorgänge die Höhe der angemessenen Vergütung feststellen und für die Ausschüttung der Beträge an die betroffenen Verlage und Autoren sorgen. Ohne getrennte Erfassung käme bloß eine Ausschüttung der Abgaben nach dem Gießkannenprinzip in Frage.
Der Streit zwischen der die Rechteinhaber vertretenden VG Wort und der Kultusministerkonferenz hatte vor der zuständigen Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes Ende Dezember in einen Kompromissvorschlag gemündet, den die Kultusminister in der vergangenen Woche ablehnten. Sie fürchten eine Kostenexplosion, die die ohnehin defizitären Bildungshaushalte der Länder über Gebühr beanspruchen würde.
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