Reporter ohne Grenzen vs. Facebook – NetzDG und Overblocking – Einigung zu Bestandsdatenauskunft

Rendering: Andrei Lacatusu, Social Decay, CC BY-NC-ND
Hassrede und Desinformation: Reporter ohne Grenzen klagt gegen Facebook
Reporter ohne Grenzen (ROG) klagt in Frankreich gegen Facebook. Der Vorwurf: betrügerische Geschäftspraktiken im Umgang mit Hassrede und Desinformation. Es könnten sich ungehindert falsche Informationen zur Corona-Pandemie und Drohungen gegen Medienschaffende auf der Plattform verbreiten, so ROG. Grundlage für die Vorwürfe seien Expertenanalysen, Zeugenaussagen und Zitate ehemaliger Facebook-Mitarbeitender. Dabei sichere Facebook rechtsverbindlich zu, ein sicheres Umfeld auf der Plattform zu schaffen und Desinformationen zu reduzieren – laut ROG eine betrügerische Aussage. Die Klage wurde in Paris eingereicht, da dort ein besonders scharfes Verbraucherschutzstrafrecht gelte.
Studie veröffentlicht: Führt das NetzDG zum Overblocking?
Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) hat unter der Leitung von Marc Liesching eine 400-seitige Studie zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) veröffentlicht. Die Forscher*innen kommen zu dem Schluss, dass das NetzDG seinen Zweck verfehlen würde. Es führe zum Overblocking rechtskonformer Inhalte in Sozialen Netzwerken. Facebook, Youtube und Twitter würden Inhalte überwiegend nach den eigenen Community-Standards entfernen – und diese durch die engen Löschfristen und hohen Bußgelddrohungen des NetzDG bewusst weit fassen. Lieschings Team habe ebenfalls herausgefunden, dass seit Einführung des NetzDG mehr Inhalte vorsorglich gesperrt würden (Overblocking). YouTube sagte auf Anfrage, dass „die erheblichen Geldbußen und die engen Fristen des NetzDG einen ‚starken Anreiz‘ setzten, Inhalte in fast allen Fällen im Zweifel zu löschen“.
Bestandsdatenauskunft: Einigung im Streit um Passwortherausgabe
Bundestag und Bundesrat haben sich über die Herausgabe von Kommunikations- und Nutzerdaten an Ermittler*innen geeinigt. Im Februar 2021 hatte der Bundesrat ein Gesetz dazu noch abgelehnt. Der nun nachgebesserte Vorschlag sieht laut Vermittlungsausschuss „strengere Voraussetzungen für die Auskunft über Nutzungsdaten und die Herausgabe von Passwörtern an Strafverfolgungsbehörden“ vor. Außerdem soll „mehr Übersichtlichkeit und Rechtsklarheit im Telemediengesetz (TMG)“ geschaffen werden. Die Herausgabe von Passwörtern würde weiterhin unter den Straftatenkatalog der Onlinedurchsuchung fallen. Delikte wie Bandendiebstahl, schwerer Raub und Geldwäsche wurden aus dem Katalog gestrichen. Auskünfte zu Nutzungsdaten seien nur bei Verfolgung von Straftaten und nicht bei Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten möglich. Mit diesem Gesetz soll nun auch das geplante Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität nachgebessert werden, dessen Ausfertigung Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bisher aufgrund von verfassungsrechtlichen Bedenken an der Bestandsdatenauskunft verweigert hat.
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