Pingpong um französische Urheberrechtsreform
Die Nachricht klingt fast unglaublich. Nachdem erst vor zwei Wochen bekannt wurde, dass der französische Gesetzgeber eine bisher beispiellose Verschärfung des Urheberrechts noch im Dezember in einem Eilverfahren verabschieden wollte, entschied man sich jetzt im Parlament zur Einführung einer so genannten „Kultur-Flatrate“. Die Gegensätze zwischen dem Regierungsvorschlag und dem Ergebnis der Parlamentsabstimmung könnten nicht größer sein.
Bis zu 300.000 Euro Strafe sollten Filesharer – und andere Gesetzesbrecher – für Urheberrechtsverstöße mit gewerblichen Zwecken zahlen (iRights.info berichtete), so der Entwurf der französischen Regierung. Stattdessen einigte man sich in der Parlamentsdebatte, bei der nach Angaben von Heise Online von 557 Abgeordneten gerade einmal 58 Volksvertreter anwesend waren, darauf, Filesharing zu legalisieren.
Das Ergebnis der nächtlichen Abstimmung lautet: Filesharing soll nicht verboten, sondern vergütet werden. Das heißt, dass Internet-Nutzer künftig urheberrechtlich geschütztes Material frei tauschen dürfen. Um die Rechteinhaber und Urheber für diese Nutzungshandlungen zu entschädigen, soll eine Pauschalvergütung bei den Online-Providern erhoben werden, deren Höhe bisher nicht feststeht.
Eine solche „Kultur-Flatrate“ wird schon seit langem auch in Deutschland von verschiedenen Seiten gefordert. So haben Wissenschaftler bereits im Sommer 2004 die „Berliner Erklärung über kollektiv verwaltete Online-Rechte“ („Berlin Declaration on Collectively Managed Online Rights: Compensation without Control“) verabschiedet, in der empfohlen wird, ein solches „alternatives Kompensationssystem“ zum Ausgleich der Interessen von Nutzern und Rechteinhabern einzuführen.
Naturgemäß wurde diese Forderung – vor allem von Seiten der Entertainment-Wirtschaft – stark kritisiert. Die Rechteinhaber sehen hierin eine massive Beschränkung ihrer Ausschließlichkeitsrechte und befürchten, dass gegen legales Filesharing kostenpflichtige Download-Angebote nicht bestehen könnten. Die Bundesregierung hat sich dem angeschlossen und der Forderung nach pauschaler Vergütung für Filesharing im Referentenentwurf zum so genannten „2. Korb“ der Urheberrechtsreform eine Absage erteilt.
Der 2. Korb liegt momentan wegen des Regierungswechsels auf Eis. Über einen ersten Entwurf ist das Reformgesetz bislang nicht hinausgekommen. Angesichts der Entscheidung des französischen Parlaments könnte in die Debatte um eine Kultur-Flatrate auch hierzulande erneut Bewegung kommen. Ob die Entscheidung des französischen Parlaments allerdings Bestand hat, ist bislang nicht sicher. Diese kann in weiteren Beratungen noch aufgehoben oder abgeändert werden. Angesichts der geringen Abstimmungsbeteiligung ist die Frage, ob die getroffene Entscheidung tatsächlich die überwiegende Ansicht der französischen Volksvertreter repräsentiert, bislang kaum zu beantworten.
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