Persönlichkeitsrechte bei Fotos: Teil 2 – Wann geht es ohne Einwilligung?
Will man Fotos von Personen veröffentlichen, gilt es in aller Regel, die Einwilligungen der Abgebildeten einzuholen – am besten schriftlich und die konkrete Verwendung beschreibend (siehe Teil 1).
In einigen Fällen ist es jedoch möglich, Fotos von Personen auch ohne deren Einwilligung zu veröffentlichen. Entscheidend dabei sind bestimmte Situationen und Geschehen beim Entstehen der Aufnahmen. In solchen Konstellationen greift eine gesetzliche Ausnahme.
Der Gesetzgeber erlaubt beispielsweise, Personenfotos zu veröffentlichen und zu speichern, wenn das Interesse der Einrichtung, die die Fotos verwendet, oder auch das Interesse der Öffentlichkeit gegenüber den Persönlichkeitsrechten der Abgebildeten überwiegt.
Zu bewerten, wann Interessen überwiegen, hat mit Grenzen zu tun. Leider ist es oft schwierig, die Grenzen dieser gesetzlichen Grundlagen abzustecken. Letztlich muss man immer verschiedene Rechte gegeneinander abwägen: die Rechte der Betroffenen und der Einrichtungen auf der einen sowie die Rechte der Öffentlichkeit auf der anderen Seite.
Hier hilft eine Testfrage: Konnten die Abgebildeten damit rechnen, dass Fotos geschossen werden und auf diese oder andere Weise damit umgegangen wird?
Öffentliche vs. private Stellen
Bei gesetzlichen Erlaubnissen im Umgang mit Fotos muss man zudem zwischen öffentlichen Stellen (wie Schulen) und nicht-öffentlichen Stellen (wie Vereinen oder Theatern in privater Trägerschaft) unterscheiden: Vereinfacht gesagt gibt es für den öffentlichen Bereich spezielle gesetzliche Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung, etwa in Kitas (siehe hierzu eine Broschüre der Berliner Datenschutzbeauftragten) – während die digitale Jugendarbeit im nicht-öffentlichen Kulturbereich in den einzelnen Fällen dazwischen abwägen muss, was für ihre Einrichtung oder den Schutz der beteiligten Personen wichtig ist.
Die Prüfung lautet hier also erstens: Gibt es ein „berechtigtes Interesse“ an dem Umgang mit dem Foto, das Personen abbildet – zum Beispiel die Öffentlichkeitsarbeit, mit der ein Verein die Lust am Mitmachen wecken will? Zweitens: Dient der Umgang diesem Interesse? Drittens: Stehen die Rechte der Abgebildeten dem entgegen? Etwa, weil es sich um Kinder handelt oder weil die Abgebildeten besonders exponiert sind?
Rechte von Kindern müssen bei einer solchen Abwägung besonders berücksichtigt werden. Das heißt im Ergebnis, dass Einrichtungen von den gesetzlichen Ausnahmen besonders vorsichtig Gebrauch machen müssen.
Ort der Veröffentlichung entscheidend
Wie sensibel eine Fotoveröffentlichung ist, hängt auch vom Ort der Veröffentlichung ab: Ist es die Homepage des Theaters? Oder ist es Facebook oder Instagram? Social Media Plattformen gehen durch dort eingesetzte Techniken, wie Gesichtserkennung oder Sharing-Funktionen, deutlich „eingriffsintensiver“ mit Fotos um, als eine Homepage. Gemein ist all den Veröffentlichungsorten aber, dass die Kontrolle darüber verloren geht, wie und wo sich die Fotos weiterverbreiten.
Das macht auch deutlich, dass aus Sicht derer, die abgebildet sind, die öffentliche Verbreitung durchaus ein gewichtiger Eingriff ins Persönlichkeitsrecht sein kann. Weniger einschneidende Fotonutzungen sind die Aufbewahrung im Archiv, die einen gesellschaftlichen Nutzen haben und das kulturelle Gedächtnis bewahren.
Klassische Konstellationen der Fotoveröffentlichung
Es gibt drei klassische Konstellationen, in denen man keine Einwilligung abgebildeter Personen einholen muss:
- Es handelt sich um berühmte Persönlichkeiten. Bei Jugendlichen und Kindern wären das beispielsweise in der Öffentlichkeit stehende Personen wie Greta Thunberg. Allerdings ist auch ihre Privatsphäre geschützt. Beim Einkaufen, im Urlaub, in nicht öffentlich gelebten Situationen ist es nur im Ausnahmefall erlaubt, sie abzubilden. Nicht in der Öffentlichkeit stehende Kinder, die mit Prominenten auf dem Bild stehen und hervorstechen, müssen in der Regel um Einwilligung gefragt werden.
- Wird ein berichtenswertes Ereignis wie eine Demonstration oder auch ein frei zugängliches Konzert oder Theateraufführung fotografiert und sind auf dem Foto Personen sichtbar, ist es erlaubt, diese Fotos zu veröffentlichen. Wichtig ist, dass die Gesamtsituation im Vordergrund steht. Einzelne Personen dürfen also nicht im Zentrum der Fotografie stehen. Je weniger einzelne Personen hervorstechen, desto eher darf veröffentlicht werden. Allerdings dürfen Abgebildete nicht negativ dargestellt oder in einer peinlichen Situation zu sehen sein.
- Beiwerk von Landschaften oder Bauwerken, wie etwa dem Brandenburger Tor, bei denen zufällig abgebildete Personen völlig nebensächlich sind. Dann muss das eigentliche Motiv „deutlich prägend“ für das Bild sein, während die Personen Beiwerk sind.
Einwilligung oder berechtigte Interessen
Im Folgenden findet sich ein Vorschlag, wie sich typische Fälle hinsichtlich des Einwilligungserfordernisses einordnen lassen. Rot unterlegte Bereiche bedeuten, dass Einwilligungen eingeholt werden müssen, bei grünen greifen regelmäßig gesetzliche Grundlagen. Die Zwischenbereiche sind gelb unterlegt. Dort beeinflussen unter anderem folgende Indikatoren das Ergebnis: Alter der Abgebildeten, Menge der Personen, unbeschränkte Öffentlichkeit ja/nein, Speicherdauer, ob Personen von vorn oder von hinten abgebildet sind.
Wichtig: Die Tabelle ist lediglich als Richtschnur zu verstehen. Häufig lassen sich liberalere oder strengere Anforderungen finden; auch kann diese Handreichung nicht alle Indikatoren berücksichtigen.
Hier gibt es die Tabelle in Großformat.
Kunsturhebergesetz (KUG) und Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)
Personenbildnisse – also Fotos, auf denen Menschen sichtbar sind – sind personenbezogenen Daten. Seit Geltung der DSGVO ist umstritten, inwieweit die über hundert Jahre alten Vorschriften des „Kunsturhebergesetzes“ (KUG) noch anwendbar sind. Dort ist ebenfalls das Recht am eigenen Bild geregelt – und auch die Frage, wann keine Einwilligung eingeholt werden muss.
Früher waren unstreitig allein die KUG-Regeln für das Teilen auf Homepages oder in Sozialen Netzwerken anwendbar. Gerade in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Vereinen oder Unternehmen macht diese Frage den Verantwortlichen zu schaffen. Die juristischen Feinheiten sind noch nicht geklärt, allerdings kann man heute sagen: Egal ob nun allein die Datenschutz-Grundverordnung oder zumindest auch das Kunsturhebergesetz maßgeblich sind, die Maßgaben für die Rechtmäßigkeit von Fotoveröffentlichungen sind im Wesentlichen gleich.
Für die Veröffentlichung vertreten die Datenschutzbehörden meist die Ansicht, dass – wenn nicht mehr das Kunsturhebergesetz anwendbar ist – seine Wertungskriterien für die Anwendung der berechtigten Interessen (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der DSGVO) herangezogen werden können.
Worin liegen nun Unterschiede? Erstens sind datenschutzrechtliche Einwilligungen immer frei und grundlos widerruflich – nach KUG braucht(e) man dafür einen „wichtigen Grund“. Und zweitens gibt es Unterschiede in den Informationspflichten, die Verantwortliche erfüllen müssen. Diese Handreichung geht mit den Datenschutzbehörden davon aus, dass die Informationspflichten in aller Regel berücksichtigt werden müssen.
Informationspflichten durch geeignete Mittel erfüllen
Die Informationspflichten müssen Einrichtungen in allen Konstellationen einhalten: ob sie nun Einwilligungen einholen oder gesetzliche Grundlagen ausschöpfen – Abgebildete müssen in der Regel wissen, dass und wie Fotos mit ihnen verwendet werden. Bei der Einwilligung sind wesentliche Informationen (Veröffentlichungsort, Zweck, Dauer und so weiter) schon im Einwilligungstext enthalten.
Bei gesetzlichen Grundlagen sind die Informationen besonders wichtig. In einer öffentlichen Veranstaltung mit Laufpublikum etwa lässt sich mit Aushängen arbeiten, die aus kurzen Texten und Piktogrammen bestehen, beispielsweise: „Wir fotografieren für unsere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Informationen an der Theke oder online unter …“.
Ansonsten sollte ein Hinweis über etwaige Einladungstexte erfolgen. Zwischen Basisinformation und Detailinformation zu trennen, ist erlaubt und auch sinnvoll. Abzuraten ist davon, all diese Information im Fließtext auf einer Veranstaltung mitzuteilen.
Zugleich müssen detailliertere Informationen über Folgendes aufklären:
- Name und Kontaktdaten Ihrer Einrichtung
- falls vorhanden, die Kontaktdaten des oder der Datenschutzbeauftragten („datenschutz@….de“ genügt)
- Zweck: beispielsweise interne Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit
- Empfänger*in, zum Beispiel die örtliche Presse, soziale Medien
- Speicherdauer
- Rechte der Abgebildeten (auf Auskunft, Löschung, Widerspruch)
- zuständige Aufsichtsbehörde
Bei nicht überschaubaren Menschenmengen müssen die Abgebildeten nicht einzeln informiert werden. Dann genügt es, am Ort der Veröffentlichung (zum Beispiel der Homepage) auf die Betroffenenrechte hinzuweisen.
Fazit
Ein verantwortungsvoller Umgang mit Personenfotos achtet Persönlichkeitsrechte und informiert die Betroffenen, ohne sie dabei mit zu viel Information zu überschütten. Gleichzeitig lohnt es sich, die rechtlichen Erlaubnisse zu nutzen, die wir in diesem Beitrag vorgestellt haben. In den dargestellten Graubereichen lässt sich mit Augenmaß und Problembewusstsein oft das richtige Ergebnis erzielen.
Lesen Sie hier den ersten Teil des Artikels.
Dieser zweiteilige Artikel erschien zuerst bei Kubinaut.de – Navigation kulturelle Bildung. Wir haben ihn mit freundlicher Genehmigung übernommen und veröffentlichen ihn in etwas überarbeiteter Fassung.
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