Persönlichkeitsrechte bei Fotos: Teil 1 – Einwilligungen einholen
Die seit 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) hat aufgrund einiger neuer Regelungen viele verunsichert, beispielsweise Mitarbeiter*innen in Einrichtungen der Kulturellen Bildung. Auch wenn die Anforderungen an den Umgang mit Fotos seitdem nicht grundlegend neu sind – etwas komplizierter sind sie schon geworden.
Fotos, auf denen Menschen abgebildet sind, dürfen nur in bestimmten Fällen und unter Berücksichtigung einiger Maßnahmen verwendet werden. Sowohl beim Anfertigen der Fotos als auch beim Einholen von Einwilligungen bis hin zum Veröffentlichen der Fotos gilt es, einiges zu beachten. Das wird nachfolgend genauer erklärt. Im zweiten Teil geht es um die Fälle ohne Einwilligungspflicht.
Den rechtlichen Rahmen kennen
Eine Bildungseinrichtung macht mit Jugendlichen eine Exkursion oder einen Workshop; sie bietet eine Veranstaltungsreihe an oder einen Tag der offenen Tür zum Kennenlernen; sie setzt in ihren Fortbildungen zu Kultur – das ist längst alltägliche Praxis – auch digitale Medien ein, gerne die vielseitigen Smartphones und digitalen Kameras.
Bei all diesen Aktivitäten entstehen häufig und nahezu selbstverständlich Fotos von Beteiligten beziehungsweise anwesenden Personen. Und ebenso alltäglich: Diese Fotos wollen die Einrichtungen auf ihrer Webseite oder in der Facebook-Chronik, bei Instagram oder in einem Blog verwenden.
Wer solche Personenfotos veröffentlichen will, der muss den rechtlichen Rahmen dafür kennen. Es geht schlicht darum, Persönlichkeitsrechte zu achten und mit solchen Fotos verantwortungsvoll umzugehen. Und genau das wird im folgenden erläutert.
Zum Recht am eigenen Bild
Die typische Frage in öffentlichen und privaten Institutionen muss also lauten: Wann dürfen Fotos mit abgebildeten Menschen auf die Homepage oder in Social-Media-Kanäle gestellt werden?
Die wohl wichtigste Botschaft: Wer Fotos mit abgebildeten Menschen online stellt, muss meistens um Erlaubnis fragen – also eine Einwilligung der Abgebildeten einholen. Das ist die Konsequenz aus dem „Recht am eigenen Bild“.
Alle Menschen entscheiden erst einmal selbst darüber, ob Fotos, auf denen sie abgebildet sind, angefertigt, verbreitet, veröffentlicht werden. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht von Menschen, das Teil ihrer Selbstbestimmung ist.
Aus Sicht der Verwender*innen heißt das: Sie müssen fragen, wenn Sie Fotos mit abgebildeten Personen verwenden wollen. Betroffene können sonst Schadensersatz verlangen. Ungefragt Fotos zu veröffentlichen, kann sogar strafbar sein.
Kontrollverlust und Gesellschaft
Diese Selbstbestimmung ist zunächst einmal völlig richtig so. Denn jede Fotoveröffentlichung im Netz ist ein Kontrollverlust: Fotos sind über Suchmaschinen auffindbar, können unbegrenzt kopiert werden. Und es kann auch sein, dass das Kindeswohl in Gefahr gerät, etwa weil ein Kind in einer Pflegefamilie ist und online nicht aufgefunden werden darf. Daher ist es grundsätzlich richtig, dass um Einwilligung gefragt werden muss.
Auf der anderen Seite nehmen Menschen am gesellschaftlichen Leben Teil. Sie begeben sich hin und wieder in die „Sozialsphäre“: Wer eine Theateraufführung besucht oder ein Straßenfest, oder wer sich sich in Vereinen engagiert, ist nicht mehr „nur noch“ eine Privatperson. Und dann wird die Regel „Einwilligung immer erforderlich“ aufgeweicht.
Nicht nur das Veröffentlichen, auch das Anfertigen von Personenfotos ist relevant
Für eine Kultureinrichtung ist fast jeder Umgang mit Fotos rechtlich relevant – vom Anfertigen bis zur Veröffentlichung. Auch wenn es darum geht, Fotos, die einmal rechtmäßig angefertigt wurden, unbegrenzt zu speichern, muss man sich über die rechtlichen Anforderungen Gedanken machen.
Beim reinen Anfertigen von Fotos im privaten Kontext – zum Beispiel durch die Eltern oder die Familie – sind weniger rechtliche Anforderungen zu beachten (sogenannte Haushaltsausnahme). Aber bei Jugendzentren, Theatern und Bildungseinrichtungen ist klar: Es gilt das Datenschutzrecht. Smartphones speichern Fotos und Videos meist in der Cloud und lassen mitunter Gesichtserkennungen über die Fotos laufen. All dies sind Datenverarbeitungen. (Siehe hierzu auch die Artikelreihe zu Datenschutz auf Webseiten.)
Was es bei Einwilligungen zu beachten gilt
Wer kann oder muss einwilligen?
Bei Kindern und Jugendlichen müssen in der Regel die Erziehungsberechtigten einwilligen. Bei „Routineentscheidungen des täglichen Lebens“ genügt die Einwilligung eines Elternteils. Inwieweit die Veröffentlichung von Fotos eine solche „Routineentscheidung“ ist, ist manchmal umstritten. Das hängt von der Tragweite der Fotoveröffentlichung ab. So kann es auch sein, dass beide Elternteile einwilligen müssen, beispielsweise wenn das Foto auf einer Homepage mit werbendem Charakter eingesetzt werden soll.
Bei einer Fotoveröffentlichung von Gruppensituationen in der Jugendarbeit genügt in der Regel die Einwilligung eines Elternteils. Sollen dagegen beispielsweise Portraitfotos auf Instagram veröffentlicht werden, ist es ratsam, die Einwilligung bei beiden Erziehungsberechtigten einzuholen.
Ab welchem Alter können Betroffene selbst entscheiden?
Ab einem gewissen Alter können Jugendliche auch selbst in die Fotoveröffentlichung einwilligen. Juristisch spricht man hier von der „Einsichtsfähigkeit“: Sobald Jugendliche selbst die Tragweite ihrer Entscheidung begreifen können, können sie auch allein ihr Einverständnis erklären.
Die Grenze zur Einsichtsfähigkeit kann man bei rund 16 Jahren ziehen. Eine rechtlich eindeutig definierte Grenze gibt es indes nicht – im Datenschutzrecht wird lediglich im Zusammenhang mit der Anmeldung bei Facebook oder anderen Plattformen bei genau 16 Jahren die Grenze gezogen.
Doch die Flexibilität in der Altersgrenze kann man sich auch zunutze machen: Statt starrer Altersgrenzen kann es pragmatischer sein, auf die soziale Umgebung abzustellen, in der sich die Jugendlichen befinden – und bei der man pauschal von Einsichtsfähigkeit ausgehen kann oder nicht, wie es beispielsweise der Datenschutzbeauftragte aus Rheinland-Pfalz in einem Einwilligungsmuster vorschlägt („ab Oberstufe“). Letzteres kann auch der datensparsamere Weg sein, etwa weil man nicht das Geburtsdatum von Jugendlichen erfragen muss, sondern nur den Jahrgang.
Geht es um eine kommerzielle Veröffentlichung von Fotos, auf denen Personen unter 18 Jahren abgebildet sind, beispielsweise für eine Werbekampagne oder für eine gewerblich betriebene Webseite, müssen Erziehungsberechtigte für ihre Kinder entscheiden.
Schließlich: Ein Veto der Kinder und Jugendlichen muss immer berücksichtigt werden.
Wie muss die Einwilligung formuliert sein?
Eine Einwilligung muss immer zweckgebunden formuliert sein. Je exakter, desto besser. Zum einen bezieht sich das auf die Gelegenheiten und Anlässe, in denen Fotos geschossen werden; zum anderen auf den Ort der Veröffentlichung: Kommt das Foto auf die Homepage, auf die Pinnwand, auf Social Media?
Derlei Verwendungen müssen in einer Einwilligung angegeben sein. Die Angabe „im Internet“ ist zu vage. Spezifizieren kann man auch das Motiv, etwa mit der Formulierung: „Keine Einzelportraits, sondern eher Gruppensituationen“.
Andererseits muss nicht für jede einzelne Veranstaltung eine gesonderte Einwilligung eingeholt werden. Es ist auch erlaubt, eine bestimmte Art von Gelegenheiten abstrakt zu beschreiben. Also etwa: „aus dem Probenalltag im Jahr 2021“, aus dem „Alltag unseres Theaters“, „von unseren Aufführungen“, „bei Bastelaktionen“ oder „bei Bandproben und Konzerten“.
Müssen Einwilligungen schriftlich sein?
Die Form von Einwilligungen ist frei: Sie können in Schriftform, per Mail oder auch mündlich erteilt werden. Sogar ein Lächeln in die Kamera und Posieren kann man als Einwilligung interpretieren – zumindest fürs Anfertigen eines Fotos.
Auf der anderen Seite gibt es bürokratische Zwänge: Im Zweifelsfall müssen Institutionen etwa eine Einwilligung nachweisen können. Das wird zum Problem, wenn eine fotografierte Person später sagt, zwar mit der Anfertigung des Fotos kein Problem gehabt, aber nicht geahnt zu haben, dass das Foto hinterher auch auf Instagram veröffentlicht wird. Daher empfiehlt es sich, die Einwilligung über ein gedrucktes Formular (schriftlich) oder per Mail einzuholen.
Kinder können die Einwilligungsformulare ihren Eltern mitbringen und sie unterschreiben lassen. Sollten Eltern das Formular zum Beispiel auf Grund von Sprachbarrieren nicht verstehen, können auch Kinder ihren Eltern erklären, worum es in der Einwilligung geht. Dazu sollten Einrichtungen die Kinder sensibilisieren, sofern die Kinder dazu in der Lage sind.
Die Fragen ließen sich an dieser Stelle beliebig erweitern: Müssen Einrichtungen etwa prüfen, dass auch wirklich die Eltern eingewilligt haben? Was ist eigentlich mit Sicherheitsmaßnahmen wie einer Altersverifikation, wenn Einrichtungen eine Einwilligung per Mail einholen? Auch hier empfiehlt es sich, genau zu überlegen, welche Maßnahme angemessen ist. Sprich: Schießt man mit zu viel Anforderungen womöglich übers Ziel hinaus?
Bei einer E-Mail-Einwilligung für ein Foto nach einer Ausweiskopie der Eltern zu fragen, wäre beispielsweise übertrieben. Dabei würde man neue Daten erheben, die man gar nicht benötigt (womit das Gebot der „Datensparsamkeit“ verletzt wäre) – und selbst dann kann man nicht sicher sein, dass der Mail-Absender der Richtige ist.
Dürfen Beteiligte die Einwilligungen widerrufen?
Einwilligungen dürfen widerrufen werden – jederzeit und grundlos. Online bedeutet das, dass das Foto bei einem Widerruf der Einwilligung vom Netz genommen werden muss, oder eine Person muss herausgeschnitten oder verpixelt werden; offline darf für die Zukunft eine Broschüre oder ein Flyer nicht mehr gedruckt werden – bereits Gedrucktes darf aber weiter ausliegen. Ein Sonderfall wären Darstellerverträge für Filmprojekte: Eltern, die für ihre Kinder einen solchen Vertrag unterzeichnen, sind in der Regel daran gebunden (solche Verträge können Minderjährige nicht selbst schließen).
In bestimmten Fällen könnten sich Einrichtungen nach einem Widerruf auf gesetzliche Rechtsgrundlagen berufen, um die Personenfotos dennoch zu nutzen. Beispielsweise, wenn bei Fotos von Konzerten oder öffentlichen Theateraufführungen das kulturelle Ereignis im Vordergrund steht und nicht einzelne Personen (zu diesen Fällen mehr im zweiten Artikel). Wünschen Eltern in diesen Fällen, dass die Fotos vom Netz genommen werden, steht den Einrichtungen zu, überprüfen zu lassen, ob sie dem Widerspruch nachkommen müssen oder nicht: Manchmal müssen Veröffentlichungen zwar beendet werden, während eine Aufbewahrung im Archiv aber erlaubt bleibt.
Was in einer Einwilligung stehen muss
Die folgenden Fragen müssen sich aus einer Einwilligung beantworten lassen:
- Wo werden die Fotos veröffentlicht?
- Welchem Zweck dient die Veröffentlichung, beispielsweise für die Öffentlichkeitsarbeit?
- Für welche Zeitperiode gilt die Einwilligung?
- Wie lange bleiben Fotos online?
- Erfolgt eine Weitergabe an die Presse, an Familien, einen Dachverband oder ähnliches?
- Wird auf das Widerrufsrecht hingewiesen?
Wie rechtssicher sind diese Hinweise?
Grundsätzlich gilt: Hundertprozentige Rechtssicherheit kann es bei vielen hier behandelten Themen nicht geben – absolute Gewissheit auch nicht. Oftmals muss man im konkreten Fall Abwägungsentscheidungen treffen, bei denen es kein eindeutiges Richtig oder Falsch gibt. Außerdem: Einige Rechtsfragen sind schlicht noch nicht endgültig geklärt.
Das sollte aber nicht allzu scheu machen: Wie die in diesem Artikel erläuterten Handlungsoptionen zu Einwilligungen und Erlaubnissen zeigen, kann man verantwortungsvoll mit Personenfotos umgehen und Persönlichkeitsrechte hinreichend berücksichtigen, ohne dass man die abgebildeten Menschen mit zu viel Informationen und zu häufigen Einwilligungen überschüttet, und damit womöglich überfordert und abschreckt.
Und wann geht es ohne Einwilligung?
Neben den hier beschriebenen Fällen gibt es auch Konstellationen, in denen auf eine Einwilligung verzichtet werden kann – beispielsweise bei Bühnensituationen, Musik- oder Theaterauftritten, bei denen das Gesamtereignis im Vordergrund, oder bei Fotos mit größeren Menschengruppen. Sie sind Thema des zweiten Teils.
Lesen Sie hier den zweiten Teil des Artikels.
Dieser zweiteilige Artikel erschien zuerst bei Kubinaut.de – Navigation kulturelle Bildung. Wir haben ihn mit freundlicher Genehmigung übernommen und veröffentlichen ihn in etwas überarbeiteter Fassung.
1 Kommentar
1 Alexandra am 27. Mai, 2024 um 11:48
Muss eine Einwilligung geholt werden ,wenn die Gesichter der Kinder in einer Zeitung gepixelt werden und erkennbar sind ?
Vielen Dank im Voraus
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