Organisationsforscher: Förderung und Wettbewerb bei offenen Schulbüchern kombinieren

Wie eine solche öffentliche Förderung von OER-Schulbüchern konkret aufgebaut sein könnte, untersuchen die Studienautoren am Beispiel der Gesellschafts- und Wirtschaftskunde in den Schulen Nordrhein-Westfalens und anhand von sechs unterschiedlichen Szenarien. Als besonders empfehlenswert bewerten sie hierbei die öffentliche „Ausschreibung von Pilot-OER-Schulbüchern“ sowie die Entwicklung sogenannter offener „Schulbuch-Rohlinge“.
Dabei handelt es sich um Schulbücher mit frei lizenzierten oder freigegebenen Basis-Inhalten, die den Anforderungen für die – in den Ländern teils vorgeschriebenen – Schulbuchzulassungen genügen. Die „Rohlinge“ könnten von etablierten Verlagen ebenso wie von neuen Anbietern erweitert werden. Auf diesem Weg könnten Wettbewerb und öffentliche Förderung kombiniert werden, so die Autoren Maximilian Heimstädt (Universität Witten/Herdecke) und Leonhard Dobusch (Universität Innsbruck).
Zu den weiteren Szenarien gehören die „nutzungsbasierte Refinanzierung von OER-Schulbüchern“ und die „Einführung einer OER-Klausel in den Zulassungsprozess“ – die die Studie als „eingeschränkt empfehlenswert“ einstuft. Ebenso betrachten die Autoren die Option einer kompletten staatlichen Vorfinanzierung von OER-Schulbüchern sowie jeglichen Verzichts auf zusätzliche Förderung – wobei die Autoren diese beiden Wege als nicht empfehlenswert bewerten.
OER-Umschwung und neue Wertschöpfungsketten
Mit ihrem Befund und ihren Handlungsempfehlungen gibt die Studie einen neuen Impuls. Bislang herrscht in der OER-Diskussion der Tenor vor, offene Lernressourcen würden die klassischen Unterrichtsmedien wie Schulbuch und DVD nicht verdrängen, sondern ergänzen. Demgegenüber plädieren die Autoren für einen generellen Umschwung auf OER bei öffentlich geförderten Schulbüchern sowie für daran angepasste Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle.
Von offenen, frei verwendbaren Schulbüchern würden nicht nur Lehrerinnen und Bildungsakteure profitieren, die durch urheberrechtliche Einschränkungen seit längerem stark verunsichert seien. Ebenso könnten renommierte Schulbuchverlage lohnenswerte Geschäfte treiben, wenn auch auf einer veränderten Ausgangsbasis. Dieser Ansatz kann Vorbehalten mancher Schulbuchverlage entgegenkommen, die mit Hinweis auf inhaltliche Qualität, welche am ehesten sie selbst gewährleisten würden, gerne für einen „gehaltvollen, gestalterischen Umgang mit OER“ plädieren, aber bisher vergleichsweise wenig für diesen taten.
Die gestern veröffentlichte Studie entstand im Auftrag des Düsseldorfer Forschungsinstituts für gesellschaftliche Weiterentwicklung (FGW), das vom nordrhein-westfälischen Kultur- und Wissenschaftsministerium gefördert wird. Für ihre Analysen und Einschätzungen werteten die Autoren Literatur aus und befragten zahlreiche Bildungsmedienakteure in ausführlichen Interviews.
Eine Zusammenfassung und die komplette Studie stehen zum Download zur Verfügung.
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