Organisationen aus der ganzen Welt wollen ACTA sehen
Seit einiger Zeit spekulieren Beobachtern darüber, worum genau es im Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) gehen soll. Der Grund für die Spekulationen: Bisher haben sich alle an den Verhandlungen beteiligten Regierungen und die EU geweigert, die Öffentlichkeit über den Inhalt und Fortgang der Verhandlungen zu informieren. Eine Folge davon ist, dass in den Massenmedien praktisch gar nicht über ACTA berichtet wird.
Inhalt unklar
Aus einigen im Internet publizierten Verhandlungspapieren, deren Echtheit die Regierungen nicht bestätigt haben, und verschiedenen Pressemitteilungen, unter anderem der EU-Kommission, kann man mehr schlecht als Recht darauf schließen, wer mit wem worüber in den ACTA-Verhandlungsrunden feilscht. Sicher ist, dass mit ACTA das Ziel erreicht werden soll, in Zukunft stärker mit strafrechtlichen Mitteln gegen Urheber-, Marken- und Patentrechtsverletzungen vorzugehen. Damit dieser Wunsch nicht nur auf dem Papier steht, sollen die Befugnisse der Zollbehörden in den ACTA-Unterzeichnerstaaten deutlich ausgeweitet werden.
Nicht dementiert wurde eine Meldung der kanadischen Tageszeitung The Star, die eine Liste der Organisationen enthielt, die auf kanadischer Seite an den ACTA-Verhandlungen teilnehmen. Demnach sind unter anderem Industrieverbände aus der Software-, Musik- und Filmbranche beteiligt; aber weder Telekom- und Technologieunternehmen, noch Internetunternehmen oder Bürgerrechtsvereinigungen dürfen mitreden. In einem Brief an die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab warnten bereits große US-Firmen und –Unternehmensverbände vor einem übereilten Vertragsschluss, darunter Amazon, AT&T, eBay und die Consumer Electronics Association (CEA).
Aufruf zur Offenheit
In einem offenen Brief haben nun über 100 Organisationen aus verschiedenen Ländern gefordert, die Öffentlichkeit über die ACTA-Verhandlungen zu informieren. Unter anderem die Electronic Frontier Foundation (EFF) aus den USA, IP Left aus Südkorea, die Public Health Platform on Access to Medicines and Intellectual Property aus Bolivien und das Ifakara Health Institute aus Tansania fordern die beteiligten Regierung auf, den Entwurf des ACTA-Abkommens sofort zu veröffentlichen, außerdem die dazu eingereichten Diskussionspapiere und eine Liste der Verhandlungsteilnehmer. Aus Deutschland gehören das Netzwerk Freies Wissen (Berlin) und die BUKO Pharma-Kampagne (Bielefeld) zu den Unterzeichnern.
Gwen Hinze von der EFF erklärte: “Obwohl das Abkommen möglicherweise den Schutz der Privatsphäre und das Recht auf freie Meinungsäußerung beschädigen wird, wurden die Bürger praktisch überhaupt nicht über die Inhalte von ACTA informiert, von denen sie doch unmittelbar betroffen sein werden. Ein an die Öffentlichkeit gelangtes Papier sieht vor, “ISPs dazu zu ermutigen, mit Rechteinhabern zu kooperieren”. Dazu kommen strafrechtliche Maßnahmen und erweiterte Durchsuchungsbefugnisse an den Landesgrenzen. All das weckt erhebliche Befürchtungen im Hinblick auf die Bürgerrechte. In Anbetracht der mit Eile geführten Verhandlungen haben es die Bürger verdient, dass man ihnen den ACTA-Vertragstext vorlegt. Nur so können sie beurteilen, welchen Einfluss ACTA auf ihr Leben haben wird.”
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