Open Content Alliance macht Google Print Konkurrenz
So will die Open Content Alliance (OCA) zum einen hauptsächlich Bücher scannen, die gemeinfrei sind, das heißt, deren Urheberrechtsschutz ausgelaufen ist. Da das in den meisten Ländern erst siebzig Jahre nach dem Tod des Autors der Fall ist, werden im OCA-Archiv vor allem Klassikertexte zu finden sein.
Auch müssen alle, die Inhalte zur Verfügung stellen, versichern, dass sie von den Rechteinhabern die Erlaubnis dazu haben. Darüber hinaus können die Rechteinhaber bestimmen, wie ihre Werke genutzt werden sollen – ob zum Beispiel Texte nur gelesen oder auch ausgedruckt werden dürfen.
Seitenhieb auf Google
Das kann als deutlicher Seitenhieb auf Google gesehen werden. „Google Print“-Programm hatte begonnen, Bücher einiger großer Bibliotheken zu digitalisieren, ohne vorher Autoren oder Verleger um Erlaubnis zu bitten. Nachdem einige Autoren- und Verlegerverbände gegen dieses Vorgehen protestiert hatten, setzte Google ihnen eine Frist bis zum 1. November, in der sie mitteilen können, ob ihre Bücher in das Archiv aufgenommen werden dürfen oder nicht.
Ob dieses Ausstiegsangebot rechtmäßig ist oder ob Google nicht nur solche Bücher einscannen darf, deren Rechteinhaber explizit die Erlaubnis dazu geben, ist umstritten. Drei Schriftsteller und der US-Schriftstellerverband „Authors Guild“ haben Ende September gegen Google geklagt.
Der zweite wichtige Unterschied zwischen den beiden Projekten liegt darin, dass im OCA-Archiv nicht nur Bücher, sondern verschiedene Formen digitalisierter Inhalte gespeichert werden. Was damit genau gemeint ist, macht ein Blick auf die beteiligten Organisationen deutlich. Neben Yahoo und dem Internet Archive ghören dazu das European Archive, die National Archives aus Großbritannien, der Verlag O”Reilly Media, die Prelinger Archives, die University of California und die University of Toronto. Vor allem das Internet Archive, die Prelinger Archives und die National Archives haben einen großen Bestand an digitalisierten Filmen, die in das OCA-Archiv aufgenommen werden sollen.
Drittens wird Yahoo, anders als Google, das digitalisierte Material zwar indexieren, diese Informationen aber allen Interessierten zur Verfügung stellen und das Archiv auch nicht selber hosten. Das bedeutet, dass Nutzer die Inhalte des Archivs auch über die Google-Suche und andere Suchmaschinen finden können. Yahoo will dazu Metadaten verwenden, die offenen Standards entsprechen, wie das „Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting (OAI-PMH)“ und RSS.
Wie die OCA arbeiten wird
In einem Gastbeitrag im Yahoo-Suchblog beschreibt Brewster Kahle, Gründer und Chef des Internet Archive, wie das OCA-Projekt organisiert sein soll. Yahoo werde die Kosten dafür übernehmen, dass in einem ersten Schritt bedeutende Werke der amerikanischen Literatur aus der Bibliothek der University of California eingescannt werden. Diese Bücher werden im Internet Archive gespeichert und können dort abgerufen werden. Adobe und Hewlett-Packard, ebenfalls Mitglieder der OCA, werden die notwendige Technik zur Verfügung stellen. Das erste digitale Material soll Ende des Jahres abrufbar sein. „Die Zusammenarbeit mit Yahoo ist großartig, weil sie verstehen, worum es geht, und weil sie die Möglichkeiten haben, das auch umzusetzen“, schreibt Kahle.
Was die Urheberrechte der archivierten Inhalte angeht, schreibt Kahle, gehe es in erster Linie darum, Daten in hoher Qualität abrufbar zu machen, die auch weiter verwendet werden können. Wenn Werke noch dem Urheberrecht unterliegen, habe man gute Erfahrungen mit Inhalten gemacht, die unter Creative Commons lizenziert sind. Creative Commons ist eine Lizenz für offene Inhalte, die es erlaubt, differenziert Rechte an eigenen Werken freizugeben.
Die Teilnehmer sollen die Wahl haben, das digitalisierte Material nur über ihre eigenen Server anzubieten, wenn sie das wollen. Sowohl Yahoo als auch die University of California hätten aber schon angekündigt, die Dokumente, die sie beitrügen, vollständig freizugeben – das bedeutet, dass auch andere Bibliotheken oder Suchmaschinen die Daten auf ihren Servern bereit stellen dürfen, schreibt Kahle.
„Art von Zusammenarbeit, auf die Bibliotheken lange gewartet haben“
„Das ist die Art von Zusammenarbeit, auf die wir lange Zeit gewartet haben“, sagte Daniel Greenstein, Bibliothekar der California Digital Library an der University of California, der New York Times. „Büchereien digitalisieren ihre Bestände und machen sie zugänglich, aber keine Bibliothek hat alles. Jetzt können wir sagen: ‚Wir haben eine bestimmte Ausgabe von Mark Twain, aber sie ist nicht so gut wie die in einer anderen Bibliothek’, also fügen wir die einfach unserer Sammlung hinzu.“
Wenn man Greensteins Angaben gegenüber der New York Times zum Maßstab nimmt, wird das OCA-Projekt zumindest zu Beginn wesentlich bescheidener ausfallen als „Google Print“: Bis zu 20.000 Bücher sollen innerhalb des kommenden Jahres eingescannt werden. Dagegen will beim Google-Programm allein die University of Michigan, eine der sechs Partner-Bibliotheken, sämtliche sieben Millionen Bücher in ihren Beständen digitalisieren. Diese wären dann allerdings lediglich über „Google Print“ durchsuchbar, und auch das nur, solange die Rechteinhaber nicht widersprechen. In Büchern, die dem Urheberrechtsschutz unterliegen, könnten die Nutzer ohnehin nur kurze Ausschnitte lesen.
Auch die EU-Kommission will digitale Bibliotheken fördern
Auch in Europa wird an einem vergleichbaren Projekt gearbeitet. Erst am vergangenen Freitag hatte die Europäische Kommission angekündigt, Europas geschriebenes und audiovisuelles Erbe zu digitalisieren und im Internet für alle Bürger verfügbar zu machen.
Dazu schlägt die Kommission vor, dass die EU-Mitgliedstaaten eng zusammen arbeiten. In einer Online-Konsultation bittet sie um konkrete Hinweise, wie diese Arbeit am besten organisiert werden kann und welche rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür notwendig sind.
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