Oberster US-Gerichtshof: TV-Webdienst Aereo illegal, Folgen für Cloud-Dienste umstritten
Aereo war der Ansicht, keine Lizenzgebühren an die Sender zahlen zu müssen, weil die Nutzer selbst die Übertragung veranlassen würden, nicht aber Aereo. Jeder zahlende Nutzer bekam eine eigene Mini-Antenne in den Aereo-Rechenzentren, über die das terrestrische Signal empfangen und über das Internet an Abonnenten weiter geleitet wird. Abonnenten können Sendungen auch in Cloud-Speichern aufzeichnen. ABC und andere Sender sahen das als geschickte Umgehung des Weitersendungs- und Aufführungsrechts an, das für klassische Kabelnetzbetreiber gilt.
Schon im Vorfeld wurde breit diskutiert, was eine Niederlage Aereos für andere Internetdienste bedeuten könnte, die unter rechtlichem Blickwinkel ähnlich aufgebaut sind; viele verglichen den Fall auch mit dem Betamax-Urteil von 1984, das Kopien mit Videorekordern erlaubte und durch das amerikanische Fallrecht (case law) die technologische Entwicklung über Jahrzehnte prägte.
Gerichtshof: Aereo ist nicht Cloud
Die Parallele im Fall Aereo: Auch mit Cloud-Speicherdiensten wie Dropbox, Google Music und anderen Angeboten lassen sich Inhalte übers Netz wiedergeben; solange die Dienste nicht selbst Inhalte öffentlich anbieten, müssen sie bis dato keine eigenen Rechte dafür einholen. Die Fersehsender stellten beide Szenarien als kaum vergleichbar dar, weil Nutzer bei Cloudspeichern die Inhalte bereits besitzen würden, statt sie erstmalig zu empfangen.
Im Urteil machen die Richter nur kurze Anmerkungen zu der Frage; über andere Technologien habe man nicht entschieden. So hält die Diskussion weiter an. Im Interview mit Bloomberg sieht der US-Rechtsprofessor Christopher Sprigman von der New York University indirekt auch Unternehmen wie Apple, Amazon, Google und Microsoft vom Urteil betroffen. Trotz der Beteuerung der Richter könnten sie jetzt nicht mehr gewiss sein, auf rechtlich sicherem Terrain zu stehen:
Worum es im Streit geht, erklärt Bloomberg auch in einem Neunzig-Sekunden-Video (der Sender Bloomberg selbst schloss als erster nicht-terrestrischer Fernsehsender 2012 eine Vereinbarung mit Aereo ab):
Ähnlich wie Christopher Sprigman argumentiert Timothy B. Lee bei Vox: Für Onlinedienste, die Aereo konzeptuell ähnlich sehen, ohne identisch aufgebaut zu sein, steige die Wahrscheinlichkeit von Klagen. Denn klare Kriterien, wann ein Dienst dem von Aereo vergleichbar sei, hätten die Richter vermissen lassen.
Anders dagegen Lisa Tozzi und Peter Lauria bei Buzzfeed: Durch die technischen Besonderheiten des Dienstes könne Aereo eine populistische Haltung einnehmen, um sich Gebühren zu sparen, die für andere gelten. Das Bild vom innovativen Startup im Streit mit gierigen Medienkonzernen stimme nicht.
Weitere Einschätzungen zum Aereo-Urteil haben unter anderem Peter Kafka bei Recode, Tim Wu bei The New Republic, Julian Sanchez beim Guardian und Mike Masnick bei Techdirt veröffentlicht.
Was sagen Sie dazu?