Neues Folgerecht wird unterschiedlich eingeschätzt
Künstler haben es nicht einfach – die wenigsten können von ihrer Kunst leben: das durchschnittliche Jahreseinkommen betrug nach Angaben der Künstlersozialkasse im Jahr 2003 etwas mehr als 10.000 Euro. Die Bundesregierung hatte daher in den sechziger Jahren das so genannte Folgerecht im Urheberrechtsgesetz festgeschrieben, um die Künstler an den Einkünften zu beteiligen, die entstehen, wenn ihre Werke weiter verkauft werden. Danach bekommt der Künstler für jeden Verkauf über 50 Euro fünf Prozent der Verkaufssumme.
Im Zuge der Neuregelung, die nötig wurde, um die europäischen Gesetzgebungen zu harmonisieren, wird die Mindestsumme auf 1000 Euro hoch gesetzt, der Satz auf vier Prozent gesenkt – aber nur, wenn das Werk nicht teurer als 50.000 Euro ist. Darüber gelten verminderte Sätze bis zu einer Obergrenze von 12.500 Euro.
Kritik am Gesetzesentwurf
Am Gesetzentwurf wird heftige Kritik geübt: Für den Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) kommen die Senkungen einer „massiven Enteignung folgerechtsberechtigter Künstlerinnen und Künstler“ gleich. Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, die für die Verteilung der Einnahmen an die Künstler zuständig ist, hält dies für eine Verschlechterung der Rechtsposition bildender Künstler und „fordert die Abgeordneten des Deutschen Bundestages … auf, … den Regierungsentwurf zu korrigieren.“
Viele Künstler sind jedoch der Meinung, dass das Gesetz ganz überflüssig sei. Das Ziel war es ursprünglich, vor allem junge und unbekannte Künstler am Handel mit ihren Werken zu beteiligen. Es ist allerdings umstritten, ob dieses Ziel auch erreicht wurde: Nach Angaben der VG Bild-Kunst werden 70 bis 80 Prozent der Einnahmen an Erben von Künstlern ausgezahlt. Der Rest geht zum größten Teil an bekannte, etablierte Künstler, denn diese sind es, auf deren Werke der größte Anteil der Handelserlöse entfällt. Zugleich haben sie Einnahmen aus der Abgabe am wenigsten nötig. So haben sich bekannte Künstler wie Gerhard Richter und Georg Baselitz schon in den 80er Jahren gegen die Abgabe ausgesprochen. Baselitz sagte der FAZ, dass die neue Regelung an seiner Kritik nichts ändere.
„Resale right“ in England
Kunsthändler und Galeristen sind sowieso gegen zusätzliche Abgaben, nicht nur weil sie die Kunstwerke teuerer machen. Die zusätzlichen fünf Prozent stellen einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Kunsthändler dar, vor allem gegenüber London, wo bisher keine vergleichbaren Abgaben auf Verkaufseinnahmen geleistet werden mussten. Damit ist jetzt Schluss, da auch England sein Recht an die EU-Richtlinie anpassen muss. Auch dort wird in Zukunft auf jeden Verkauf eine Abgabe von vier Prozent des Verkaufspreises fällig, bis 2010 allerdings nur für lebende Künstler. Erst ab dann gilt das „resale right“ auch 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Einige englische Künstler haben sich schon gegen das neue Gesetz ausgesprochen. So bezeichnete der bekannte Maler David Hockney in einem offenen Brief, den er gemeinsam mit anderen renommierten Künstlern an die Tageszeitung „The Times“ schrieb, die Abgabe als „ineffektiv und schädlich“. Die Abgabe würde „wenig bis nichts für die große Mehrheit der Künstler“ ausrichten und stattdessen den Kunsthandel behindern.
Deutsche Galeristen begrüßen, dass nun wenigstens innerhalb der Europäischen Gemeinschaft die selben Bedingungen gelten. Die Schweiz oder die USA, beides wichtige Kunsthandelsländer, kennen die Abgabe allerdings nicht – eine Verlagerung des Handels dorthin ist nicht auszuschließen.
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