Neue Schritte für Open Access: EFI-Gutachten und Zweitveröffentlichungsrecht
Die Expertenkommission für Forschung und Innovation (EFI) der Bundesregierung betont in ihrem neuen Jahresgutachten, (PDF), das diese Woche Kanzlerin Merkel übergeben wurde, die Bedeutung von Open Access für den Wissenschaftsstandort Deutschland. Die sechs Wissenschaftler, die die Bundesregierung mit Analysen und Empfehlungen beraten, kommen zu dem Schluss, dass Open Access in Deutschland gefördert werden müsse. Ein offener Zugang zu den Ergebnissen öffentlich geförderter Forschung führe „zu mehr Wettbewerb und zu einer verstärkten Erschließung der Potenziale des Internets bei der Verbreitung von Wissen.”
Über diese Feststellung hinaus fordert die Kommission ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht. Dieses Recht, wissenschaftliche Beiträge erneut zu veröffentlichen, impliziert keinerlei Zwang. Die Regelung würde Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die rechtlich abgesicherte Möglichkeit eröffnen, Publikationen, die in Zeitschriften oder Sammelbänden erschienen sind, nach einer Embargofrist auf Repositorien frei zugänglich zu machen. Dazu würde Paragraf 38 Urheberrechtsgesetz geändert werden. Das Ergebnis: Wissenschaftlich Urheber könnten selbst über den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse entscheiden.
Aktuell sind Publizierende in der Wissenschaft auf die Regelungen der Verlage angewiesen. Die fallen unterschiedlich aus und bieten keine umfassende Rechtssicherheit. Der sogenannte „Grüne Weg” des Open Access lässt sich daher nur langsam umsetzen. Die Wissenschaft fordert das Zweitveröffentlichungsrecht seit Jahren. Der Bundesrat hat das Anliegen bereits 2006 auf die politische Tagesordnung gesetzt. Eine weiterer Anlauf der Länder folgte im letzten Jahr.
Justizministerium für Zweitveröffentlichungsrecht
Seit einigen Tagen liegt nun ein Referentenentwurf (PDF) des Justizministeriums vor: Im Rahmen einiger Änderungen am Urheberrechtsgesetz ist auch ein Zweitveröffentlichungsrecht vorgesehen. Der Entwurf fokussiert Beiträge, die „im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung” erscheinen. Diese Beiträge sollen nach einem Embargo von zwölf Monaten in einer Manuskriptversion frei zugänglich gemacht werden können.
Die Vorstellungen des Justizministeriums weichen hier allerdings von den Empfehlungen der Wissenschaft ebenso wie von denen der Internet-Enquete des Bundestags ab. Diese hatten empfohlen, auch Beiträge in Sammelbänden zu berücksichtigen und formatgleiche Artikel – das heißt: im Verlagslayout – zu gestatten. Darüber hinaus hatten die Wissenschaftsorganisationen eine kürzere Embargofrist vorgeschlagen. Nach deren Vorstellung sollten zum Beispiel Zeitschriftenaufsätze bereits nach sechs Monaten über das Netz zugänglich gemacht werden können. Interessant wird nun sein, wie sich die Diskussion um das Finetuning beim Zweitveröffentlichungsrecht in den kommenden Wochen entwickelt.
Open Access in der Forschungsförderung
In anderen Ländern wird vermehrt auf eine verpflichtende Verankerung von Open Access gesetzt. Auch die Internet-Enquete hat sich in ihren Handlungsempfehlungen dieses Themas angenommen. Sie empfiehlt,
„die Zuwendung öffentlicher Mittel für Forschungsprojekte an die rechtlich verpflichtende Bedingung, zu knüpfen, dass die daraus entstehenden, qualitätsgesicherten Publikationen […], zeitnah nach der Erstveröffentlichung frei zugänglich gemacht werden.”
Die Expertenkommission für Forschung und Innovation greift diese Forderung auf und empfiehlt der Bundesregierung, Open Access verpflichtend in der Forschungsförderung zu verankern.
Die Empfehlung liegt im internationalen Trend: Erst diesen Monat hat die US-Regierung eine entsprechende Verordnung erlassen. Publikationen, die im Rahmen der öffentlich geförderten Forschung entstehen, sollen nach einer Embargoperiode von nicht mehr als zwölf Monaten frei zugänglich gemacht werden. Der Schritt der US-Regierung ist eine Reaktion auf die Petition “Access2research” die im vergangenen Jahr von mehr als 65.000 Menschen unterzeichnet wurde. In Deutschland wurde eine ähnliche Petition im Jahr 2009 von etwa 24.000 Bürgerinnen und Bürgern unterzeichnet. Sie gehörte damals laut Petitionsausschuss zu den bisher am meisten beachteten öffentlichen Petitionen.”
Was sagen Sie dazu?