Neue Prüfung der Tagesschau-App, BND-Wirtschaftsspionage, Kabel-Entgelte
Tagesschau-App: BGH bejaht zivilrechtliche Prüfbarkeit des Rundfunkauftrags
Im Streit um die Tagesschau-App ist den klagenden Zeitungsverlagen vergangenen Donnerstag ein wichtiger Zwischenerfolg gelungen. Der Bundesgerichtshof hob eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln auf und verwies diese zurück. Grund: Anders als das Oberlandesgericht nahm der Bundesgerichtshof offenbar an, dass die Freigabe der Tagesschau-App durch Gremien und Rechtsaufsicht des NDR keine Präjudiz-Wirkung für eine zivilrechtliche Unterlassungsklage hat. Der beklagte NDR hatte argumentiert, das Tagesschau-Angebot sei von seinen Gremien und der niedersächsischen Staatskanzlei bereits im Rahmen eines sogenannten Drei-Stufen-Test freigegeben worden. Die spätere Klage einiger Zeitungsverlage gegen die App könne nicht die Ergebnisse dieser bestandskräftigen Entscheidung noch in Frage stellen.
Der Bundesgerichtshof sah den Ausgang des Drei-Stufen-Tests nun aber ohne Bindungswirkung für das wettbewerbsrechtliche Gerichtsverfahren: Mit der Freigabe der Tagesschau-App sei „allenfalls das Konzept und jedenfalls nicht dessen konkrete Umsetzung im Einzelfall […] gebilligt worden.” Ob die medienrechtliche Vorschrift (im konkreten Fall das Verbot der „Presseähnlichkeit” aus Paragraf 11d Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 2 des Rundfunkstaatsvertrags) verletzt sei, sei somit mittels Paragraf 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb auch nachträglich im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Verfahrens prüfbar. Das Oberlandesgericht Köln muss nun klären, ob im konkreten Fall die Tagesschau-App zu „presseähnlich” war oder nicht.
Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs.
Thomas Stadler kommentiert das Urteil kritisch auf internet-law.de.
„FCK CPS”: Verfassungsgericht bleibt bei Rechtsprechung zur Kollektivbeleidigung
Am 28. April hat das Bundesverfassungsgericht eine Kammerentscheidung veröffentlicht, mit der es seine Rechtsprechung zur Straffreiheit der Kollektivbeleidigung bestätigt – im konkreten Fall anhand der Bezeichnung „FCK CPS”. Die Buchstabenfolge steht für die Beleidigung „Fuck Cops” und wird von PolizistInnen deshalb als Beleidigung wahrgenommen. Strafbar gemäß Paragraf 185 Strafgesetzbuch ist das Tragen eines solchen Emblems jedoch ohne Weiteres nicht, betont das Verfassungsgericht: Wer „FCK CPS” allgemein als Teil der eigenen Kleidung trägt, bringt damit „eine allgemeine Ablehnung der Polizei” zum Ausdruck und ist darin von der Meinungsfreiheit geschützt, so das Verfassungsgericht. Nur wenn sich die Meinung beleidigend gegen konkrete Personen richte, nicht gegen das Kollektiv „Polizei”, sei eine Bestrafung gerechtfertigt.
Pressemitteilung des Verfassungsgerichts.
Kammerbeschluss des Verfassungsgerichts vom 26. Februar 2015.
Debatte um BND-Wirtschaftsspionage geht weiter
Nachdem vorvergangene Woche bereits öffentlich geworden war, dass der Bundesnachrichtendienst höchstwahrscheinlich auf Wunsch der USA Inlands- und Wirtschaftsspionage gegen europäische Unternehmen betrieben hat, debattieren Politiker und Unternehmen nun über die Konsequenzen. Unter anderem die Linken-Politikerin Wagenknecht forderte den Rücktritt des heutigen Innenministers de Maizière: Als damaliger Kanzleramtsminister habe dieser tatenlos zugesehen, wie US-Geheimdienste deutsche und französische Politiker sowie Unternehmen ausspioniert hätten. De Maizière weist die Behauptung als „Unterstellungen” zurück. Das Verteidigungs- und Luftfahrtunternehmen Airbus hat derweil Strafanzeige wegen „Wirtschaftsspionage” gestellt.
Bericht auf n-tv.de.
Bericht auf Netzpolitik.org.
Kabelstreit: Verwaltungsgerichte uneinheitlich zur Wirksamkeit der Must-Carry-Pflichten
Muss ein Kabelnetzbetreiber die öffentlich-rechtlichen Programme verbreiten, auch wenn er keine Einspeiseentgelte erhält? Über diese Frage haben vergangene Woche zwei Verwaltungsgerichte in erster Instanz entschieden: Das Verwaltungsgericht Hamburg und das Verwaltungsgericht Köln. Einig waren sich die beiden Gerichte noch bei der Frage, ob ein Kabelnetzbetreiber einen Anspruch auf Zahlung von Einspeiseentgelten hat – dies verneinten beide Gerichte.
Uneinheitlich fiel aber die Antwort auf die Frage aus, ob Must-Carry-Pflichten auch dann noch bestehen, wenn keine Entgelte gezahlt werden. Das Verwaltungsgericht Köln wies eine entsprechende Feststellungsklage des Netzbetreibers Unitymedia ab; das Verwaltungsgericht Hamburg stellte demgegenüber fest, dass Must Carry-Pflichten nicht „unentgeltlich” erfüllt werden müssen. Was unter dem Begriff „unentgeltlich” zu verstehen ist, blieb derweil ungeklärt. Gerade hierauf kommt es jedoch an, da die Marktverhältnisse in Deutschland sehr uneinheitlich sind; in vielen Fällen reicht Kabelnetzbetreibern die faktische Überlassung von Programmen als „Bezahlung” aus.
Bericht auf Digitalfernsehen.de.
EU-Notrufsystem E-Call wird kommen
Das EU-Parlament hat am Dienstag einen Verordnungsentwurf zum europaweit einheitlichen Fahrzeug-Notrufsystem „E-Call” angenommen. E-Call muss demnach in allen Modellreihen installiert werden, die nach dem 31. März 2018 auf den Markt kommen. Bei Fahrzeugen älterer Modellreihen steht es den Herstellern frei, das System zu installieren. E-Call ist bei Datenschützern umstritten, da das System in Fahrzeuge fest installiert wird und gleichzeitig eine Mobilfunkverbindung nutzt; die dabei entstehenden Daten könnten für die Erstellung von Bewegungsprofilen genutzt werden. Genau dies soll die Verordnung aber nicht zulassen: „Wir wollen klar machen, dass es keine kontinuierliche Beobachtung mit diesem System gibt”, erklärte die parlamentarische Berichterstatterin Olga Sehnalová (Sozialdemokraten).
Bericht auf Heise Online.
Der Verordnungsentwurf.
Vorratsdatenspeicherung: Rumoren an der SPD-Basis
Eine neue Vorratsdatenspeicherung soll kommen: So hatten es CDU- und SPD-Spitzenpolitiker in den vergangenen Wochen betont, allen voran Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). An der SPD-Basis sehen das viele anders. So hat insbesondere die sächsische SPD eine Resolution verabschiedet, laut der sie jede Vorratsdatenspeicherung ablehnt. Und der SPD-nahe netzpolitische Verein D46 mobilisiert SPD-Gebietsverbände gegen die Vorratsdatenspeicherung. Ziel: Eine Ablehnung auf dem SPD-Parteikonvent am 20. Juni 2015. Ein vollständiger Gesetzesentwurf für die Vorratsdatenspeicherung liegt derweil noch nicht vor.
Mitteilung der SPD Sachen.
Veröffentlichung von D64.
Dieser Wochenrückblick wurde von Simon Assion verfasst. Lizenz: CC BY-NC-SA.
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