Musikindustrie orientierungslos bei DRM
Wie die BBC berichtet, hat Jupiter Research über den Jahreswechsel in der EU Vertreter der Musikindustrie nach ihrer Meinung zum digitalen Rechte-Management (DRM) befragt. Die Ergebnisse dieser Umfrage zeigen, wie umstritten das Thema selbst in der Musikindustrie ist. Zugleich macht die Studie klar, dass kurzfristige Änderungen in der DRM-Strategie der Plattenlabels wohl nicht zu erwarten sind.
DRM-Systeme „zu restriktiv“
In der Umfrage erklärten 54 Prozent der Befragten, dass sie die heute eingesetzten DRM-Systeme für „zu restriktiv“ halten. Zudem seien die Systeme schlicht ineffektiv. Dazu Mark Mulligan, für die Umfrage verantwortlicher Analyst bei Jupiter Research im Interview mit BetaNews: „Ich denke, dass alle die Auffassung teilen, dass es gegenwärtig nicht funktioniert. DRM kommt die Rolle zu, Inhalte zu schützen und die Piraterie einzuschränken. Das klappt ganz offensichtlich aber nicht.“ Online-Piraterie sei gang und gäbe, DRM erfülle seinen Zweck nicht.
Deutlich mehr als die Hälfte der Befragten, nämlich 62 Prozent, waren der Auffassung, dass mehr Musik verkauft würde, wenn sie sich auf allen MP3-Playern abspielen ließe und nicht mit DRM ausgerüstet sei. Bis auf weiteres würden sie dennoch am Einsatz von DRM festhalten, um ihre Rechte zu sichern.
Zweifel an DRM
Die Zweifel an DRM wachsen nicht erst, seit Apple-Chef Steve Jobs Anfang Februar offen über Sinn und Unsinn des DRM-Einsatzes spekuliert hatte: „Stellt Euch eine Welt vor, in der alle Online-Geschäfte DRM-freie Musik in offen lizenzierbaren Formaten verkaufen. In einer solchen Welt würde jedes Abspielgerät die Musik aus jedem Laden abspielen können und alle Läden könnten Musik für alle Abspielgeräte verkaufen“, hatte Jobs auf der Apple-Website verkündet und darauf hingewiesen, dass DRM seiner Ansicht nach versagt habe: „DRMs haben die Musikpiraterie nicht verhindern können und werden sie vielleicht nie verhindern können.“
Der Musikkonzern EMI, Heimat des größten Musikverlages und des viertgrößten Plattenlabels weltweit, überlegt zur Zeit, seine Musik zukünftig ohne DRM zu verkaufen. Zeitungsberichten zufolge soll sich das Unternehmen bereits in konkreten Gesprächen mit großen Online-Musikanbietern – darunter Apple – befinden.
Macrovision: „DRM muss offen und interoperabel sein.“
Die Vorstellung einer DRM-freien Welt wurde von Verbrauchern begrüßt und von der schockierten Musikindustrie zurückgewiesen. „Scheinheilig“ sei Jobs’ Argumentation, da seine Firma den Markt für DRM-gesicherte Musik dominiere. Das Problem, hieß es von verschiedenen Seiten, sei nicht DRM selbst, sondern nur die fehlende Interoperabilität. Wenn Apple sein proprietäres DRM-System FairPlay an andere lizenzieren würde, könne man das Problem aus der Welt schaffen.
Fred Amoroso, Chef des DRM-Spezialisten Macrovision, erklärte sich sofort bereit, sein Unternehmen an die Spitze einer Bewegung für kompatible DRM-Systeme zu stellen. DRM „reicht weiter als Musik“, „erhöht den Nutzen für die Anwender statt ihn zu verringern“ und „wird die elektronische Distribution verbreitern“, so Amoroso in seinem offenen Brief an Steve Jobs. Das einzige Problem sei, dass „DRM offen und interoperabel sein müsse“. „Wir von Macrovision sind bereit, eine solche industrieweite Anstrengung anzuführen“, schrieb Amoroso. Wenn es Apples Wunsch sei, werde Macrovison auch die Verantwortung für FairPlay übernehmen.
Apple: „FairPlay wird nicht lizenziert!“
Der zu erwartenden Forderung , FairPlay für andere Anbieter zu öffnen, war Jobs allerdings in seinem offenen Brief schon entgegen getreten. Die Sicherheit der Musik der großen Major-Labels sei für den Fall, dass FairPlay lizenziert würde, nicht mehr zu gewährleisten, da zu viele Leute Einblick in die Technik hätten und Sicherheitslücken ausnutzen könnten.
Es ist allerdings fraglich, ob Apple diese Position noch lange wird verteidigen können. Der Druck durch nationale und europäische Wettbewerbshüter und Verbraucherschützer nimmt beständig zu und könnte Apple am Ende dazu zwingen, sein DRM-System für Lizenznehmer zu öffnen. Ob damit das DRM-Dilemma der Musikindustrie aus der Welt zu schaffen wäre, ist der Umfrage von Jupiter-Research zufolge keineswegs sicher.
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