Musikindustrie kämpft gegen kommerzielle Anbieter
Unter der Betreffzeile „Es ist nahezu unmöglich, mit der europäischen Musikindustrie dabei zusammen zu arbeiten, einen legalen Online-Musikvertrieb zu fördern“ schreibt Mario Mariani, Senior Vice President bei Tiscali: „Die Kurzsichtigkeit der Plattenfirmen ist überraschend: sie versuchen weder zu verstehen, welche Bedürfnisse und Gewohnheiten Musikfans haben, die Musik über das Internet konsumieren, noch zu verstehen, was die Künstler wollen, die direkt von diesem System profitieren.“
Tiscali hatte vor einem Monat seinen „Juke Box“ genannten Dienst eröffnet, der es Nutzern erlaubt, sich in einem Peer-to-Peer-Netz Musik von den Rechnern anderer Nutzer streamen zu lassen. Ein Download ist nicht möglich. Juke Box wurde in Italien und Großbritannien angeboten. Nach Angaben von Tiscali haben nun Vertreter der europäischen Plattenmajors gefordert, die Suchmöglichkeit nach Künstlern abzuschalten. Die Suche anhand von Künstlernamen sei ein „interaktiver Dienst“, der getrennt mit den Plattenfirmen vereinbart werden müsse. Die „nicht-interaktiven Rechte“ können dagegen mit den Verwertungsgesellschaften ausgehandelt werden.
Tiscali: Major Labels verstehen den Markt nicht
Genau das hatte Tiscali getan und eine Lizenz der italienischen Musikverwertungsgesellschaft SCF (Società Consortile Fonografici) erhalten. „SCF ist daran beteiligt, einen Dialog zwischen Online-Nutzern von Musik und den Rechteinhabern zu schaffen, um so die vielen Möglichkeiten zu nutzen, die das Internet der Musikindustrie bietet“, hatte SCF-Präsident Gianluigi Chiodaroli nach Angaben des britischen IT-Nachrichtendienstes The Register in einer Stellungnahme zur Eröffnung gesagt. „Diese experimentelle Webcasting-Vereinbarung gilt in jedem europäischen Land, in dem Tiscali seinen Service anbieten möchte“, ergänzte Chiodaroli.
Die Vereinbarung reiche aber nicht aus, um die Suche über Künstlernamen abzudecken, argumentieren die Plattenfirmen. “Nicht interaktive Rechte” decken lediglich Dienste wie Internetradio ab, das vom Nutzer nicht beeinflusst werden kann. Durchsuchbare Dienste seien nur durch “interaktive Rechte” gedeckt, die mit den Plattenfirmen einzeln ausgehandelt werden müssen. Das tat Tiscali nicht und schaltete stattdessen das Angebot ab.
„Es ist überraschend, dass die Major Labels nach gerade mal einem Monat unerwartete Änderungswünsche haben, obwohl wir beim Testen und Justieren des Angebots vor dem Start weit reichend zusammengearbeitet haben“, schreibt Tiscalis Mariani in seinem offen Brief. Und weiter: „Eine Suchfunktion ohne die Möglichkeit, Songs wenigstens nach ‚Genre’ oder ‚Künstler’ auszusuchen, hat nahezu keinen Wert für Internetnutzer. Es ist offensichtlich, dass die Major Labels das Potenzial eines Angebots wie Tiscalis Juke Box nicht verstehen, das dazu beiträgt, die Rechte der Industrie und der Künstler zu schützen, indem es Lizenzen bezahlt für alle Songs, die im Streaming-Verfahren angehört werden.“
Wiederholte Kritik an AllofMP3.com
Bereits seit längerem steht das russische Download-Angebot AllofMP3.com in der Kritik. Erst jüngst hatten Vertreter der US-Musikindustrie gedroht, Russland könne die Aufnahme in die Welthandelsorganisation (WTO) verweigert werden, wenn die Site nicht geschlossen wird. Die britische Vereinigung der Musikindustrie, BPI, kündigte an, Klage gegen das Unternehmen einzureichen.
Zum ersten Mal äußerten sich jetzt Vertreter des Unternehmens öffentlich zu den Vorwürfen, die Firma biete nicht-lizenzierte Musik zum Download an. Die Site sei nun seit sechs Jahren im Geschäft, in voller Übereinstimmung mit russischen Gesetzen, heißt es in der Stellungnahme. „Verschiedene Regierungsstellen haben in dieser Zeit die Rechtmäßigkeit des Angebots überprüft und keinen Rechtsbruch festgestellt. Kein russisches Gericht hat bisher die Legalität des Angebots in Frage gestellt“, schreibt die Firma. Weiterhin mache man keine Werbung für die Site außerhalb Russlands und zahle Abgaben an russische Verwertungsgesellschaften, die AllofMP3.com eine Lizenz erteilt hätten.
In Deutschland hatte das Landgericht München I im Mai 2005 entschieden, dass AllofMP3.com keine Lizenzen erworben habe, um deutschen Nutzern urheberrechtlich geschützte Songs zum Download anzubieten. Daraufhin hatten verschiedene Musikfirmen journalistische Internet-Angebote abgemahnt, die Links auf AllofMP3.com gesetzt hatten, darunter auch iRights.info.
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