Mögliches Happy End dank neuem EU-Urheberrecht
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kurz vor Weihnachten im Streit zwischen Wikimedia Deutschland und den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim entschieden, dass Reproduktionen gemeinfreier Kunstwerke nur mit Erlaubnis derjenigen gezeigt und verbreitet werden dürfen, die sie angefertigt haben. Das bedeutet, dass Museen digitale Kopien von Werken, die in ihrem Besitz sind, umfassend kontrollieren können. Das gilt auch dann, wenn die Urheber schon länger als 70 Jahre tot sind und die Werke daher gemeinfrei geworden sind.
iRights.info hat sich mit John Weitzmann, Leiter Politik und Recht bei Wikimedia Deutschland, darüber unterhalten, welche Fragen bei dem Fall berührt worden sind, welche Folgen die Entscheidung für den Zugang zum gemeinsamen Kulturerbe hat und wieso die EU-Urheberrechtsreform ein Happy End bieten könnte. [Offenlegung: John Weitzmann war bis März 2016 Partner bei iRights-Law und Mitglied der Redaktion von iRights.info]
iRights.info: Zunächst einmal, worum ging es konkret bei dem Streit zwischen den Reiss-Engelhorn-Museen und Wikipedia?
John Weitzmann: Grundsätzlich geht es darum, ob fotografische Abbildungen von gemeinfreien Werken geschützt sind oder nicht. Konkret hat ein Autor der Wikipedia aus Museumskatalogen Abbildungen von gemeinfreien Kunstwerken gescannt und sie bei Wikimedia Commons hochgeladen, damit sie in die Wikipedia eingebaut werden können.
Außerdem ist er in das Museum gegangen und hat vor Ort weitere gemeinfreie Kunstwerke fotografiert. Die Urheberrechte an all diesen Werken waren abgelaufen – das heißt, die Urheber waren länger als 70 Jahre tot. Laut seiner Aussage hatte er vor Ort die Foto-Erlaubnis des Personals. Das ließ sich jedoch nicht mehr nachweisen und generell gibt es vor Ort ein Fotoverbot, worauf sich das Museum später berief.
Diese Bilder wurden dann bei der Wikipedia verwendet. Da sie unter freien Lizenzen stehen und sie damit jeder nutzen kann, wurden sie auch auf andere Webseiten übernommen. Irgendwann begann das Museum, diese Nutzer abzumahnen und schließlich den Wikipedianer auf Unterlassung zu verklagen.
iRights.info: Den Wikipedianer persönlich und nicht Wikimedia als Verein?
John Weitzmann: Zu Anfang hat das Museum sowohl die Wikimedia Foundation in den USA als auch Wikimedia Deutschland mit verklagt – das war allerdings nur ein Nebenschauplatz. Die Klage gegen Wikimedia Deutschland wurde vom Landgericht Berlin abgewiesen, weil es keinen Anspruch gegen den Verein gibt. Die Klage gegen die Wikimedia Foundation läuft noch vor dem Berliner Kammergericht. Die haben das Verfahren angehalten, weil sie abwarten wollten, was der BGH entscheidet. Das wird wahrscheinlich bald weitergehen.
iRights.info: Was genau hat der BGH entschieden?
John Weitzmann: Er hat entschieden, dass diese Fotos gemeinfreier Werke nicht verwendet werden dürfen und dass das Museum Unterlassung vom Wikipedianer verlangen kann. Der Scan der Fotos aus dem Katalog ist demnach ein Verstoß gegen die Lichtbildrechte des Fotografen beziehungsweise des Museums, das die Rechte vom Fotografen übernommen hat. Die Tatsache, dass ein abgebildetes Werk gemeinfrei ist, reicht nicht dazu aus, dass man auch die eins-zu-eins-Fotos dieses gemeinfreien Werkes verwenden darf. Es bleibt laut BGH vielmehr ein Verstoß gegen die Lichtbildrechte.
iRights.info: Und was ist mit den Fotos, die der Wikipedianer selbst gemacht hat?
John Weitzmann: Was die selbstgemachten Fotografien angeht, so meint das Gericht, dass das Museum ein in seinen Räumen geltendes Fotoverbot dazu nutzen kann, nicht nur das Schießen von Fotos, sondern auch ihre spätere Veröffentlichung online zu unterbinden. Dabei ist nicht das Urheberrecht betroffen, sondern das Hausrecht des Museums und seine allgemeinen Geschäftsbedingungen – das läuft also unter AGB-Recht. Wenn man ins Museum geht, schließt man einen sogenannten Besichtigungsvertrag. Ein Teil davon ist in diesem Fall das Fotoverbot.
Die Frage war nun, ob diese AGB wirksam ist und vor allem, wie weit sie dann reicht. Das wurde in einer Wirksamkeitskontrolle geprüft, deren Ablauf im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt ist. Das wurde dann im Ergebnis bejaht.
Die entscheidende Frage war also: Reicht dieses Verbot so weit, dass ich Fotos, die ich trotz des Fotoverbots gemacht habe, nicht ins Netz stellen darf? Wie gesagt, der Wikipedianer hatte nach eigener Darstellung vor Ort vom Personal die Fotoerlaubnis bekommen, allerdings hat er dafür keine Zeugen mehr – nach fast 10 Jahren, die seither ins Land gegangen sind, kein Wunder. Das Gericht hat entschieden, dass das Fotoverbot auch diese spätere Veröffentlichung im Netz erfasst und einen entsprechenden Unterlassungsanspruch des Museums erzeugt.
Damit haben sie das komplette Programm an Bildern, um die es ging, abgedeckt. Die einen sind ein Verstoß gegen das Lichtbildrecht und die anderen sind gegen die AGB. Bei allen ist die Veröffentlichung ohne Zustimmung des Museums rechtswidrig.
iRights.info: Wie hat das Museum argumentiert?
John Weitzmann: Neben der formaljuristischen Begründung gab es vier Argumentationsstränge: Sicherung der Einnahmen in der Zukunft, der Schutz der Werke, der Schutz vor Störungen des Museumsbetriebs und der Wunsch von privaten Leihgebern nach einem Fotoverbot.
Dabei ist nur der letzte Grund unserer Ansicht nach wirklich nachvollziehbar. Private Leihgeber verlangen durchaus teilweise, dass die ausgeliehenen Werke nicht fotografiert werden dürfen. Um die Kunstwerke überhaupt zu bekommen, muss das Museum das dann vertraglich zusichern. Das kann aus unserer Sicht aber nur für die jeweiligen Leihgaben gelten und nicht für alle Werke. Außerdem könnte man von den Museen auch erwarten, dass sie zumindest versuchen, die No-Foto-Bedingung abzuwenden.
Werke werden ansonsten durch das Fotografieren ohne Blitz nicht beschädigt und der Museumsbetrieb auch nicht behindert, wenn jemand ein Foto macht. Was die möglichen Einnahmen angeht: Bei einer Podiumsdiskussion mit dem Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen vor zwei Jahren musste er zugeben, dass das Museum gegenwärtig keine Einnahmen durch die Lizenzierung von Werken hat und dass es auch keine Pläne dazu gibt. In Wirklichkeit geht es wohl eher um die Angst, die Kontrolle über die eigenen Inhalte zu verlieren und dadurch bedeutungslos zu werden.
iRights.info: Was ist jetzt die Einschätzung von Wikimedia Deutschland?
Die Gemeinfreiheit scheint wenig zu zählen, wenn es um Digitales geht. Selbst etwas eins zu eins zu digitalisieren, reicht nicht, um den gemeinfreien Status gegenüber Lichtbildrechten zu erhalten. Das schafft eine Art Gemeinfreiheit zweiter Klasse im Netz: Die tatsächlichen Gegenstände sind längst Allgemeingut geworden, aber ihre digitalen Abbilder sind es nicht.
Gemeinfreiheit
Gemeinfrei sind Inhalte, die nicht oder nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Jeder kann mit ihnen machen, was er will. In Deutschland endet der Schutz 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Gemeinfrei sind zum Beispiel auch Ideen, einzelne Wörter oder Töne, weil sie allein noch keine „Werke“ sind. Auch „amtliche Werke“ wie Gesetzestexte sind vom Urheberschutz ausgenommen. In Ländern wie den USA steht der Begriff „Public Domain“ für ein ähnliches Modell.
iRights.info: Welche Folgen hat das für die Wikipedia?
John Weitzmann: Die Folge wird sein, dass Community-Mitglieder und Admins jetzt alle Bilder, die potenziell unter die Rechtsauffassung des BGH fallen, prüfen müssen. Für die entsprechenden Fotos muss die Wikipedia-Community dann die Rechte klären und gegebenenfalls Lizenzen besorgen. Letzteres wird schwierig, da die Freigabe der Wikipedia-Inhalte eine sehr weitgehende ist, weshalb auch die Lizenzen mit Museen sehr weitgehend sein müssten. Falls hier durch die Museen lauter einschränkende Bedingungen gefordert werden sollten, wird es kaum zu einer tragfähigen Einigung kommen. Da kommt jedenfalls viel Mehrarbeit auf die Aktiven zu. Vieles wird sich nicht klären lassen oder es wird keine Erlaubnis geben. Diese Bilder werden dann gelöscht.
Bisher gab es keine konzertierte Löschaktion und wahrscheinlich kommt die auch nicht. Der Richterspruch aus Karlsruhe geht einfach in das Regelwerk der Wikipedia-Admins ein, die problematische Bilder nach und nach rausnehmen. Das hat auch schon angefangen. Zugleich haben Aktive manche Bilder durch andere ersetzt, die zwar oft weniger gut oder treffend sind, bei denen aber mutmaßlich keine rechtlichen Probleme bestehen.
iRights.info: Wie geht es jetzt weiter? Gibt es noch Möglichkeiten, etwas zu tun?
John Weitzmann: Der verurteilte Wikipedianer hat eine sogenannte Urteilsverfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Das ist möglich, wenn der Bundesgerichtshof als letzte Instanz bei seiner Entscheidung Verfassungsrecht verletzt. Das hat der BGH unserer Ansicht nach getan, indem er den Fall trotz der europarechtlichen Aspekte nicht dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt hat.
Wir meinen, dass der EuGH eine Teilentscheidung hätte treffen müssen, ob die Harmonisierung der Schutzfristen in Europa durch die Lichtbildrechte des § 72 Urheberrechtsgesetz unterlaufen wird. Wenn der Bundesgerichtshof so eine Teilentscheidung nicht ermöglicht, weil er den Fall nicht dem EuGH vorgelegt hat, wird dadurch das sogenannte „Recht auf den gesetzlichen Richter“ verletzt, das durch Artikel 101 Grundgesetz geschützt ist.
Die einzige nachhaltige Lösung für ähnliche Fälle ist allerdings, das Gesetz zu ändern, auf das sich das BGH-Urteil bezieht. Es geht bei den gescannten Fotos um Paragraf 72 des Urheberrechtsgesetzes. Der setzt die einfachen Lichtbilder den Lichtbildwerken pauschal gleich. Deswegen muss jetzt der Gesetzgeber ran und eine neue Balance herstellen zwischen den Lichtbildrechten, die ja eine legitime Rechtsposition sind, und der Bedeutung, die der Ablauf von Schutzfristen von Werken für die Gesellschaft hat.
Es kann nicht sein, dass über die Lichtbildrechte der gemeinfreie Status für weitere 50 Jahre unterlaufen werden kann, nur weil der Gesetzestext so undifferenziert formuliert ist.
iRights.info: Wie stehen die Chancen?
John Weitzmann: Die stehen eigentlich gut. Im Rahmen der gerade verabschiedeten EU-Urheberrechtsreform ist es uns gelungen, die Reiss-Engelhorn-Problematik quasi oberhalb der Reichweite des Bundesgerichtshofs zu beheben. Wir haben eine neue, verbindliche Regel zum Schutz des gemeinfreien Status von Werken bei ihrer Digitalisierung vorgeschlagen, die als Artikel 14 nun auch so in Kraft treten wird. Der Bundestag ist daher nun verpflichtet, das deutsche Urheberrechtsgesetz entsprechend anzupassen.
Konkret muss nach der neuen Regel gesetzlich sichergestellt werden, dass an digitalen eins-zu-eins-Kopien gemeinfreier Werke der bildenden Kunst keine neuen Rechte entstehen. Sobald dies ins nationale Recht umgesetzt wurde, wofür zwei Jahre Zeit sind und was in allen EU-Mitgliedstaaten geschehen muss, sind erfolgreiche Klagen wie die im Reiss-Engelhorn-Fall nicht mehr möglich – zumindest nicht gestützt auf Lichtbildrechte an den Repro-Fotos. Dank der EU-Urheberrechtsreform gibt es also in absehbarer Zeit ein echtes Happy End für das Kulturerbe im Netz.
Insofern hat die Reiss-Engelhorn-Klage und die Entscheidung des Bundesgerichtshofs uns bei der Überzeugungsarbeit in Brüssel und Straßburg sehr geholfen.
10 Kommentare
1 AndreasP am 15. April, 2019 um 15:13
“Konkret muss nach der neuen Regel gesetzlich sichergestellt werden, dass an digitalen eins-zu-eins-Kopien gemeinfreier Werke der bildenden Kunst keine neuen Rechte entstehen.”
Im besprochenen Fall wurden aber analoge Kopien gemeinfreier Werke digitalisiert, und an der Digitalisierung wurde auch kein neues Recht beansprucht, sondern an den viele Jahre alten analogen Foto in einem analogen Buch.
Gilt die neue UrhR-Richtlinie dafür dann überhaupt?
Auch wenn das Museum selbst das Foto digitalisiert hätte, wäre nach der neuen Rechtslage zwar an der Digitalisierung kein neues Recht entstanden, aber wäre das vorhandene Schutzrecht wirklich damit auch verlorengegangen?
2 Schmunzelkunst am 15. April, 2019 um 19:18
@AndreasP: Hier meine Interpretation des Artikels 14 mit Link auf die EU-Seiten mit der deutschen Übersetzung der Richtlinie:
https://www.fotocommunity.de/forum/gesetze-vertrage-agenturen/streit-zwischen-reiss-engelhorn-museen-und-wikimedia-vor-dem—433661/index3.html
Siehe dort den Beitrag 35.
Die Nr. 25 in der EU-Liste https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/faq/haufig-gestellte-fragen-uber-die-urheberrechtsrichtlinie
(Last update: 12 April 2019) ist m. E. aber noch nicht ganz richtig. Fotos von gemeinfreien Skulpturen können Lichtbildwerke sein.
MfG
Johannes
3 Schmunzelkunst am 16. April, 2019 um 12:05
@AndreasP: Die EU-Urheberrechtsrichtlinie steht in deutscher Sprache über folgenden Link zum Download bereit. Siehe unten auf der Seite:
https://ec.europa.eu/germany/news/20190326-urheberrechtsreform_de
Zu den gemeinfreien Werken siehe Artikel 14 und den Erwägungsgrund 53.
Die Nr. 25 in der dort ebenfalls verlinkten FaQ-Liste https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/faq/haufig-gestellte-fragen-uber-die-urheberrechtsrichtlinie
(Last update: 12 April 2019) ist m. E. aber noch nicht ganz richtig. Fotos von Skulpturen können (schöpferische!) Lichtbildwerke sein und würden in diesem Fall unter den Ausschluss des Artikels 14 fallen (Zitat: “sei denn, dieses Material stellt eine eigene geistige Schöpfung dar”).
4 AndreasP am 16. April, 2019 um 18:19
@Schmunzelkunst: danke, aber da werde ich auch nicht so recht schlau daraus. Heisst das dann, dass “verwandte Schutzrechte” auch nicht gelten dürfen und daher der Lichtbildschutz endlich ganz (oder wenigstens für 2dimensionales) verschwindet? Oder lässt die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern wie gehabt Spielraum in der Defintion der “eigenen geistigen Schöpfung”, und Deutschland lässt aufgrund der Fotografenlobby und der üblichen Beharrungskräfte den Lichtbildschutz für “minimale eigene geistige Schöpfung” doch wieder bestehen (der alte Sermon mit Ausschnitt, Entfernung, Beleuchtung)?
5 Schmunzelkunst am 16. April, 2019 um 20:40
@AndreasP Hier noch einmal deutsche Wortlaut von Artikel 14
Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass nach Ablauf der Dauer des Schutzes eines Werkes der bildenden Kunst Material, das im Zuge einer Handlung der Vervielfältigung dieses Werkes entstanden ist, weder urheberrechtlich noch durch verwandte Schutzrechte geschützt ist, es sei denn, dieses Material stellt eine eigene geistige Schöpfung dar.
Und hier meine – hoffentlich richtige – Interpretation:
Durch Artikel 14 werden alle Reproduktionen gemeinfreier zweidimensionaler Werke (z. B. Gemälde) nach Umsetzung in nationales Recht bald auch in Deutschland “weder urheberrechtlich noch durch verwandte Schutzrechte geschützt” sein, weil sie niemals (!) “eigene geistige Schöpfungen” darstellen.
Wenn ich hier nicht klar *niemals* sondern nur *in der Regel keine* sagen würde, könnten auch Reproduktionen gemeinfreier zweidimensionaler Werke (also auch Gemälde) unter den Ausschluss des Artikels 14 fallen (Zitat: “sei denn, dieses Material stellt eine eigene geistige Schöpfung dar”). Dann würde Artikel 14 erheblich an Wirkung einbüßen.
Für den einfache Lichtbildschutz gem. § 72 UrhG ist lediglich ein Mindestmaß an – nicht schöpferischer aber dennoch – persönlicher geistiger Leistung erforderlich. Bei schöpferischer Leistung würde sogar ein Lichtbildwerk entstehen, das wie auch andere Werke (z. B. Musikwerke oder Werke der bildenden Kunst) den vollen urheberrechtlichen Schutz des § 2 UrhG genießt.
Faustregel: Fotos von zweidimensionalen Werken genießen maximal nur Lichtbildschutz gem. § 72 UrhG, Fotos von dreidimensionalen Werken genießen häufig auch den vollen Schutz des § 2 UrhG
Fotos von im Internet verfügbaren gemeinfreien Skulpturen können daher sehr wohl auch als Lichtbildwerke im Sinne des § 2 UrhG geschützt sein und somit unter den Ausschluss des Artikels 14 fallen (in diesem Fall würde das “Material eine eigene geistige Schöpfung darstellen”) .
Die alles entscheidende Frage lautet: Was sind “eigene geistige Schöpfungen” im Sinne von Artikel 14?
Irritiert hat mich z. B. die Golem-Analyse zu Artikel 14:
https://www.golem.de/news/urheberrecht-das-steht-in-der-eu-urheberrechtsrichtlinie-1903-140273.html
Zitat daraus: “Mit diesem Artikel stellt die Richtlinie klar, dass Kopien von Werken der bildenden Kunst nach Ablauf des Urheberrechtsschutzes ebenfalls keinen Schutz mehr genießen, “es sei denn, dieses Material stellt eine eigene geistige Schöpfung dar”. Letzteres gilt beispielsweise für Fotografien von Gemälden, wie der Bundesgerichtshof (BGH) im Streit zwischen Wikipedia und einem Museum entschieden hatte.”
Da hat wahrscheinlich jeder seine eigene Interpretation ;-).
6 AndreasP am 17. April, 2019 um 15:54
Sorry, aber ich finde wiederum keine stringente Argumentation in der Zusammenfassung.
“Fotos von zweidimensionalen Werken genießen maximal nur Lichtbildschutz gem. § 72 UrhG”
Ja, aber der ist doch genau das Problem.
Die Frage: Dieser deutsche Lichtbildschutz wäre also nach der EU-Richtlinie gar nicht mehr erlaubt?
7 Schmunzelkunst am 17. April, 2019 um 22:25
“Fotos von zweidimensionalen Werken genießen maximal nur Lichtbildschutz gem. § 72 UrhG”
Das ist m. E. momentan lt. Urteil des BGH die Rechtslage in Deutschland, die für Fotos von allen(!) zweidimensionalen Werken gilt. Die Änderung des Artikels 14 erstreckt sich dagegen nur auf Fotos von gemeinfreien(!) Werken.
“Die Frage: Dieser deutsche Lichtbildschutz wäre also nach der EU-Richtlinie gar nicht mehr erlaubt?”
Die Änderung des Artikels 14 ließe sich wahrscheinlich am besten durch eine Änderung des § 72 in das deutsche Urheberrechtsgesetz übernehmen. Aber dazu müsste man erst wissen, was wirklich gemeint oder gewollt ist. Die Interpretationen von Golem, der Nr. 25 in der FaQ-Liste der EU und auch die von mir sind ja keineswegs identisch.
8 Schmunzelkunst am 23. April, 2019 um 10:31
Am 18.04.2019 erhielt ich von golem.de die Nachricht, dass dort der Artikel “Das steht in der EU-Urheberrechtsrichtlinie” inzwischen nach Rücksprache mit der Wikipedia aktualisiert wurde. Siehe https://www.golem.de/news/urheberrecht-das-steht-in-der-eu-urheberrechtsrichtlinie-1903-140273.html Seite 2.
Zu “Artikel 14 (gemeinfreie Werke)” heißt es dort nunmehr: “Mit diesem Artikel stellt die Richtlinie klar, dass Kopien von Werken der bildenden Kunst nach Ablauf des Urheberrechtsschutzes ebenfalls keinen Schutz mehr genießen, “es sei denn, dieses Material stellt eine eigene geistige Schöpfung dar”. Das dürfte bedeuten, dass einfache Reproduktionen oder Digitalisierungen von Kunstwerken nicht mehr geschützt sind. Gilt eine Aufnahme allerdings als “Lichtbildwerk”, ist sie weiterhin geschützt. Im Streit zwischen der Wikipedia und den Reiss-Engelhorn-Museen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die fotografische Aufnahme von Gemälden als “geistige Leistung” und damit als als schützenswerte Lichtbilder eingestuft. Bei der Umsetzung der Richtlinie müsste nur klargestellt werden, dass solche Lichtbilder keinen Schutz mehr genießen.”
Das ist auch meine Auffassung.
MfG
Johannes
9 AndreasP am 23. April, 2019 um 14:21
Danke für die Klarstellungen!
10 Bodo am 22. März, 2024 um 14:32
Und was ist jetzt?
Was sagen Sie dazu?