Freiwild oder Artenschutz: Ausbeutung durch AGB
Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass sie tagtäglich Verträge schließen. Hierzu zählen mitunter auch freischaffende Kreative. Ein Vertrag ist eine rechtlich verbindliche Vereinbarung zweier oder mehrerer Parteien. Sie muss weder schriftlich noch überhaupt ausdrücklich geschlossen werden. Auch in „konkludentem Verhalten“ (wie die Juristen sagen) können Vertragsschlüsse liegen. Ein klassisches Beispiel liegt darin, dass ein freier Journalist einem Zeitungsverlag seinen Artikel schickt und der ihn abdruckt. Auch wenn das Wort „Vertrag“ nie gefallen, keine Unterschriften geleistet und über Einzelheiten nicht geredet wurde, ist ein Vertrag geschlossen worden. Ein Vertrag, durch den der Urheber dem Verlag Nutzungsrechte an seinem Beitrag übertragen hat (den man auch Lizenzvertrag nennt).
Welche Rechte das sind, wird häufig in den AGB des Verlags geregelt sein. Und gegen die können freie Journalistinnen, Grafiker oder Übersetzer meist nicht (erfolgreich) opponieren, auch wenn sie noch so weit gehen. Denn nur sehr wenige, in aller Regel nur sehr berühmte, Urheber stehen auf dem Markt mit kreativen Leistungen mit den mächtigen Verwertungsunternehmen auf einer Stufe, wenn es um Vertragsverhandlungen geht. Hier kommt das „AGB-Recht“ ins Spiel. Das dient unter anderem dazu, die Schwachen davor zu schützen, dass ihre Vertragspartner beliebig diktieren können, was miteinander vereinbart wird.
Was sind AGB im rechtlichen Sinn?
Unter AGB stellt man sich typischerweise Standardklauseln (das „Kleingedruckte“) wie Nutzungsbedingungen von Online-Diensten, die Fußnoten bei Angeboten über Handy-Verträge oder die Regelungen auf der Rückseite von Auftragsformularen vor. Bei einem Vertrag, auf dem beide Parteien eine Unterschrift leisten, würde man im allgemeinen Sprachgebrauch im Zweifel nicht von AGB sprechen. Aus rechtlicher Sicht spielt es dagegen keine Rolle, wie Vertragsklauseln formal ausgestaltet sind [1]. Um Allgemeine Geschäftsbedingungen, handelt es sich vielmehr unter zwei Voraussetzungen:
Einer der Vertragspartner (der „Verwender“) hat die Vertragsklauseln, vorformuliert, um sie mehrfach (mindestens dreimal) bei Vertragsschlüssen zu verwenden. Ob sie dann tatsächlich für mehrere Vertragsschlüsse verwendet werden, ist unerheblich;
Die Klauseln werden vom Verwender „gestellt“ und deren Inhalt wurde nicht mit dem Vertragspartner ausgehandelt.
An dem zweiten Aspekt zeigt sich deutlich die Zielrichtung des AGB-Rechts. Es geht nicht darum, ob ein Vertrag schriftlich, per Mail oder online geschlossen wird, ob die Klauseln groß oder klein gedruckt sind oder ob sie sich auf der Rückseite eines auszufüllenden Formulars oder einer Webseite finden. Auch der Standard-Künstlervertrag des Musikproduzenten, ein Buchverlagsvertrag oder das von einem Softwareunternehmen für die Beschäftigung freier Programmierer vorgesehene und zu unterschreibende Auftragsformular, sind im rechtlichen Sinn AGB. Verträge können auch teilweise aus AGB und teilweise aus individuellen Vereinbarungen bestehen. Wenn etwa über die Kündigungsklausel verhandelt wurde und man sich auf eine abweichende Formulierung geeinigt hat, gilt hierfür kein AGB-Recht, während es auf die anderen Standardklauseln, die nicht durch die Vereinbarung abgeändert wurden, angewendet wird.
Entscheidend ist, dass der Verwender die Bedingungen des Vertrags vorgibt und sein Vertragspartner hierauf keinen Einfluss hat. Wie das eben häufig bei Verträgen zwischen Urhebern und Verwertern der Fall ist.
Einbeziehung von AGB
Ob und inwieweit AGB verbindlicher Inhalt eines Vertrages zwischen Urheber und Verwerter werden, hängt von zweierlei ab: Zum einen, ob sie wirksam einbezogen wurden und zum anderen, ob ihr Inhalt zulässig ist.
In den Regeln über Allgemeine Geschäftsbedingungen (die sich in den Paragrafen 305 bis 310 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) finden), ist bestimmt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nur Vertragsbestandteil werden, wenn deren Verwender vor oder beim Vertragsschluss hierauf hingewiesen hat. Es liegt auf der Hand, dass sich niemand auf Vertragsbedingungen berufen kann, von deren Existenz und Inhalt der andere in dem Moment, in dem er dem Kontrakt zugestimmt hat, nichts wusste.
Siehe § 305 Absatz 1 BGB: „Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.“
Fußnoten
Siehe § 305 Absatz 1 BGB: „Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.“
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