Landgericht Hamburg bestätigt Urheberschutz für DIN-Normen
Carl Malamud und die von ihm gegründete Organisation Public.Resource.Org hatten im Dezember 2012 rund 10.000 Dokumente ins Netz gestellt: Regulierungen, Normen und technische Standards aus 24 Ländern, die der Sicherheit etwa von Produkten dienen sollen. Mit der Absicht, derlei Dokumente von Regierungen und anderen Stellen allgemein zugänglich zu machen, hatte Malamud Behörden und Normungsorganisationen angefragt, Webseiten wie die der Welthandelsorganisation WTO abgegrast und Gebühren von rund 180.000 Dollar bezahlt.
Im November 2013 klagte das Deutsche Institut für Normung (DIN) gegen die Veröffentlichung von vier Dokumenten aus dem von Malamud gesammelten Fundus an „Public Safety Codes“. Disclosure: Carl Malamud/Public.Resource.Org wird im Streit mit dem DIN unter anderem von der Kanzlei iRights.Law vertreten.
Urteil: Auch DIN-Normen sind Werke
Die Auseinandersetzung drehte sich besonders um die Frage, ob DIN-Normen Werke im Sinne des Urheberrechts und damit schutzfähig sind. Dafür muss es sich um „persönliche geistige Schöpfungen“ handeln.
- Malamud und Public.Resource.Org argumentierten, dass DIN-Normen keine Werke seien, weil sie innerhalb eines engen Korsetts entstünden. So müssten sie in einer technischen, stark regulierten Sprache verfasst sein; für die Normgestaltung gebe es wiederum eine eigene DIN-Norm und viele weitere Vorgaben, die zu beachten seien. Auch sei keine persönliche Urheberschaft erkennbar, wenn eine amorphe Gruppe aus Gremien und externen Experten die Dokumente nach und nach erstelle.
- Der Kläger, das Deutsche Institut für Normung, argumentierte mit der gegenteiligen Auffassung. Für das DIN bestehe vor allem genug Gestaltungsspielraum, um die Normen als urheberrechtlich schutzfähige Werke ansehen zu können.
Das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom vergangenen Dienstag dem DIN-Institut Recht gegeben (Aktenzeichen 308 O 206/13). Dabei beruft es sich unter anderem auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Werkbegriff und zur Schöpfungshöhe. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
Normen müssen ausliegen, aber nicht online stehen
Im Verfahren ging es auch darum, wie das DIN seine Normen den Bürgern zugänglich macht. Derzeit können sie in bundesweit 109 Auslegestellen eingesehen werden; daneben verkauft auch der Beuth-Verlag Normen, ein Tocherunternehmen des DIN. Auslegestellen, so argumentierten Malamud und seine Organisation, seien kein zeitgemäßes Mittel mehr. Besonders solche Normen, die Sicherheitsaspekte bei Konsumprodukten behandeln, müssten ebenso offen zugänglich sein wie Gesetzestexte und andere amtliche Werke, für die die größtmögliche Öffentlichkeit gefordert wird.
Für diese Dokumente gibt es zwar eine gesetzliche Ausnahme vom Urheberschutz, für „private Normwerke“ wird er in Paragraf 5 Absatz 3 Urheberrechtsgesetz jedoch ausdrücklich aufrecht erhalten. Das Landgericht Hamburg hat jetzt entschieden: Der besondere Schutz für private Normwerke muss auch nicht eingeschränkt ausgelegt werden, um verfassungskonform zu sein. Das bedeutet, dass sie nicht frei online stehen dürfen, um maximale Publizität zu erreichen – zumindest, solange das DIN es nicht extra erlaubt hat.
Zudem bezieht sich das Gericht auch auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, nach dem es ausreichend sei, wenn DIN-Normen an Auslegestellen in Deutschland eingesehen werden können. Malamud hat angekündigt, gegen das Urteil des Hamburger Landgerichts in Berufung zu gehen.
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