Letzte Worte
Dies ist also der letzte der Briefe, die den Ursprung und die Ziele von Creative Commons erläutern. Als ich vor drei Monaten begonnen habe, diese Briefe zu schreiben, war ich nicht sicher, dass ich etwas zu sagen haben würde – jede Woche, bis zum Ende des Jahres. Aber nun da das Jahr zu Ende geht, wird mir klar, dass ich damit noch das ganze Jahr 2006 weiter machen könnte, und am Ende hätte ich noch immer nicht alles gesagt, was es zu sagen gibt.
Diese Briefe waren Teil einer Kampagne mit dem Ziel, für die Creative-Commons-Organisation eine finanzielle Grundlage zu schaffen, die sich aus verschiedenen Quellen speist. Diese Organisation hat knapp 20 Mitarbeiter in Büros in Berlin, London, Boston und San Francisco. Etwa ein Viertel davon arbeitet an der technischen Infrastruktur. Ein anderes Viertel koordiniert die internationale Ausbreitung des Projekts. Ein Mitarbeiter (demnächst zwei) arbeitet am Science-Commons-Projekt in Boston. Der Rest kümmert sich in San Francisco darum, dass die Züge pünktlich fahren und hilft dabei, die Kunde und die Infrastruktur zu so vielen Orten wie möglich zu verbreiten.
Wenn man mich vor vier Jahren gefragt hätte, wie groß die Chance ist, dass ich einmal dabei helfen würde, 20 Mitarbeiter zu anzuleiten, hätte ich geantwortet: genau null. Mein Vater war der Unternehmer. Ich sollte der Wissenschaftler werden. Aber obwohl diese Jahre schwierig waren: der befriedigendste Teil war es, eine Organisation aufgebaut zu haben, die hart arbeitet und sich engagiert. Es sind unterbezahlte, überarbeitete Mitarbeiter, auf die ich außerordentlich stolz bin. Sie haben in diesen Jahren mehr erreicht, als jeder – ich selbst eingeschlossen – sich hätte vorstellen können.
Was aber selbst in einer vollständigen Beschreibung der Organisation Creative Commons fehlt, ist der Teil, der meiner Ansicht nach der wichtigste sein wird: die wachsende Zahl der Partnerorganisationen auf der ganzen Welt, die zuerst die CC-Lizenzen in ihre Rechtssysteme übertragen haben und nun die Bewegung weit über die Lizenzen hinaus voran treiben.
Wie ich in Woche sieben beschrieben habe, haben wir uns anfangs vorgestellt, wir könnten Creative Commons international voran bringen, indem wir einfach die Lizenzen auf die Rechtssyteme der Länder übertragen. Aber dieser Prozess hat ein Netzwerk von Kreativen, Wissenschaftlern, Bibliothekaren und Aktivisten geschaffen, die alle erkannt haben, dass sie ein gemeinsames Interesse haben, das Creative Commons helfen kann zu organisieren. Also wurde iCommons gegründet, um die Infrastruktur für dieses Netzwerk zu bilden. Der iCommons-Gipfel im vergangenen Juni war die Geburtsstunde. Und die wichtigste Aufgabe der kommenden Jahre wird sein, dieses internationale Netz zu unterstützen. Nicht jeder bei iCommons wird von Creative Commons sein. Aber ich möchte, dass Creative Commons dabei hilft, eine breit gestreute Vereinigung aus Individuen und Organisationen zu schaffen, von der „Free Culture“-Bewegung, die an Universitäten auf der ganzen Welt gegründet wurde, bis hin zu Wikipedianern und anderen, die dafür sorgen wollen, dass der Schutz des Rechts, den wir „Copyright“ nennen, im digitalen Zeitalter einen Sinn ergibt.
Das wird letztlich der wirkliche Beitrag sein, den Creative Commons leistet,– wenn wir dieses Ziel denn erreichen können. Auf meinen Reisen zu den Einführungen von Creative-Commons-Projekten auf der ganzen Welt habe ich buchstäblich Tausende getroffen, die an den gemeinsamen Idealen gearbeitet haben. Jeder davon hat eine Vision, welches kreative Potenzial das Internet ermöglichen könnte. Jeder davon glaubt daran, dass es sich lohnt, daran zu arbeiten, dieses Potenzial zu verwirklichen. Manche haben tatsächlich hunderte Stunden darauf verwendet, die Arbeit von CC zu verbreiten – nicht als Angestellte, sondern ehrenamtlich. Andere haben gerade erst mit dieser Arbeit begonnen, innerhalb und außerhalb von CC.
Nichts was ich sage, reicht aus, um mich angemessen bei diesen Ehrenamtlichen zu bedanken. Das beste, was wir tun können, ist dabei zu helfen, dass ihre Projekt funktioniert. Wir sind den Zielen, die wir uns mit dieser Kampagne gesetzt haben, sehr nahe gekommen. Wir müssen sie erreichen, um weitermachen zu können. Danke für die Erlaubnis, dass ich in den vergangenen Wochen in Ihre Postfächer eindringen durfte. Aber bitte helfen Sie uns in den verbleibenden Tagen dabei, unser Ziel zu erreichen, und verbreiten Sie CC.
Ein letzter Dank: Ich danke Maria Cristinia Alvite und dem iRights.info-Projekt dafür, dass sie diese Briefe übersetzt haben. Eines Tages werden wir einen Leiter für dieses Projekt finden, der alle Sprachen der Bewegung spricht. Ich verspreche es, ich halte Ausschau.
Noch einmal Dank für Ihre Zeit, Ihre Hilfe und Ihre Inspiration.
Übersetzung: Matthias Spielkamp. Originalversion dieses Textes: creativecommons.org/weblog/entry/5743
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