Kunst – mehr als Kommerz und Konsum?
Ein Debattenbeitrag im Rahmen der Sendereihe „U-Ton. Urheberrecht im Digitalen Zeitalter“.
Als freischaffende Künstlerin muss ich mich immer wieder mit dem Urheberrecht in der einen oder anderen Form auseinandersetzen. Sei es als Improvisatorin, als Komponistin, als Ideenfinderin oder als Kuratorin.
Die Verwertungsgesellschaften für musikalische UrheberInnen in Österreich sind die AKM (Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger) und die Austro-Mechana (Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte); da es für mich keine anderen, besseren Möglichkeiten gibt, bin ich Mitglied dieser beiden Gesellschaften.
Bei einem Beitritt bekommt man sämtliche rechtlichen Informationen, die sich über unzählige Seiten erstrecken. Es darf bezweifelt werden, ob jedes Mitglied sich wirklich die Zeit nimmt, sich innerhalb dieser Bürokratie zu orientieren oder über die AKM-Website zu niederschwelligeren Informationen zu gelangen, sei es zum Thema Werklisten, Abrechnungsschlüssel und so weiter.
Was ist E, was ist U?
Was aber sicher gleich am Anfang schon Thema ist: die Einteilung in E-Musik und U-Musik. Vor allem die unterschiedliche Verteilung der Tantiemen ist sehr auffallend. So bekommen KomponistInnen, deren Werke in E-Musik eingeteilt und abgegolten werden, wesentlich höhere Beträge.
Wenn man sich den Tantiemenschlüssel der einzelnen Sparten ansieht – also welche Bezugsberechtigten am meisten über die Verwertungsgesellschaften erhalten –, so bekommen UrheberInnen der Musiksparten volkstümlicher Schlager, Schlager und Popmusik, welche eine breite Masse von Zuhörern ansprechen, den größten Anteil.
Meine Arbeit zählt nicht zum Mainstream und ich verdiene damit auch nicht viel. Jedoch werden die für mich relevanten Genres wie Instant Composition, Improvisation und sogenannte rahmend-hinweisende Kompositionen unabhängig von ihrem Charakter immer als U-Musik oder Klangkunst (die noch niedriger vergütet wird) abgerechnet, was meine Arbeit weder ideell noch finanziell angemessen würdigt.
Das wirft die Frage auf, welche Kunst wertvoll beziehungsweise ernsthaft ist und welche nicht. Das entscheidet bei den Verwertungsgesellschaften eine Jury. Aber ist das überhaupt zulässig oder gerecht?
Eine akademische Ausbildung als KomponistIn verhilft einem Mitglied eher dazu, dass die Jury eine hinweisend-rahmende Komposition als E-Musik wertet, allein durch den Abschluss am Papier. Andere UrherberInnen, die ähnliche – um nicht zu sagen fast identische – Arbeiten herstellen, werden aber in U-Musik/Klangkunst eingeteilt. Es kann nicht sein, dass die Qualität einer Komposition sich mit einem akademischen Abschluss automatisch bewerten lässt.
Seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der improvisierte Musik und das sogenannte Instant Composing immer mehr Stellenwert, auch im klassischen Kontext, gewann, müsste es längst neue Bewertungen dieser schöpferischen Methode geben.
KünstlerInnen am Existenzminimum
Es gibt viele Parameter, die eine Arbeit wertvoll machen, und somit sollte diese als ernsthafte Arbeit abgegolten werden. Leider ist das nach wie vor nicht der Fall, was wiederum die Existenzberechtigung der KünstlerInnen in der heutigen „Geiz ist Geil“-Gesellschaft vergegenwärtigt. Ich muss nicht erwähnen, dass ich und viele meiner KollegInnen ständig am Existenzminimum leben.
Könnte das bedeuten, dass ich doch besser Mainstream-Musik schreiben oder spielen soll? Oder dass ich mir im nächsten Leben eine reichere Familie aussuchen sollte, die mir den Luxus einer Arbeit ohne Entgelt und gleichzeitig den Erhalt einer Familie ermöglicht, einen Arbeitsraum finanziert, Instrumente und die Veröffentlichungen bezahlt?
Zeit ist nicht vorhanden, muss aber unbezahlt zur Verfügung gestellt werden, um zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu kommen. Trotzdem bleibt die Frage offen, ob das daraus entstandene musikalische Schaffen ernsthaft ist? Armutsgrenze ist nun wahrlich kein Thema, da wir als KünstlerInnen nur von Luft und Luft leben?
Nun kann ich von Glück sagen, dass zwei meiner Produktionen aus dem SKE-Fonds der Austro-Mechana gefördert wurden. Als Kuratorin und Organisatorin des Festivals „New Adits“ wäre ich ohne die Fördergelder des SKE-Fonds und der Gesellschaft zur Förderung Österreichischer Musik (GFÖM) um vieles schlechter gestellt. Das Festival finanziert sich seit vier Jahren ohne private Sponsoren, allerdings wieder einmal nur mit unbezahlter Arbeitszeit der OrganisatorInnen.
Vergütung findet kaum statt
Es wäre deshalb für mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht von Vorteil, wie es immer wieder in meinem Umfeld diskutiert wird, aus der AKM/Austro-Mechana auszutreten. Es wäre nur dann sinnvoll, wenn es alternative Förderquellen und Verwertungsgesellschaften gäbe. Doch wenn man sich die wirtschaftliche Lage ansieht, ist das nicht sehr wahrscheinlich. Ebenfalls unverständlich ist es, dass dem Musikland Österreich ein breites Spektrum an Kultur anscheinend nicht einmal soviel wert ist, dass zumindest die Leerkassettenvergütung funktionieren würde.
Zusätzlich findet eine Entwertung des musikalischen Schaffens durch Raubkopien und schnelle Verfügbarkeiten statt. Es braucht Zeit und Geld, um eine qualitativ hochwertige Aufnahme zu schaffen und verfügbar zu machen, aber entgolten wird diese natürlich nur marginal. Als Künstlerin muss ich Tonträger als Visitenkarte produzieren, um überhaupt wahrgenommen zu werden – zum größten Teil selbstfinanziert. Aber Frau kann ja froh sein, wenn sie überhaupt wahrgenommen wird!
Nachdem das digitale Zeitalter unaufhaltsam ist, die freie Marktwirtschaft und der Kapitalismus zusehends auch in der Kunst Einzug gehalten haben, stehen der Wert eines Werkes, die investierte Arbeitszeit, Ressourcen und künstlerische Handlung im Hintergrund. Eine äußerst bedenkliche Tatsache in diesem Rahmen ist, dass sich die Gagen der KünstlerInnen in den letzten zwanzig Jahren nicht der Inflation angepasst haben.
Da größtenteils der Konsum und nicht der mündige Genuss von Kunst Profit bringt, sehe ich meine Situation doch eher realistisch. Was nichts an der Aussage ändert: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ingrid Schmoliner ist Komponistin und Pianistin sowie Lehrerin für Gesang und Klavier. Sie lebt und arbeitet in Wien.
2 Kommentare
1 mana am 8. Januar, 2014 um 16:24
Oje die autorin hat die bedeutung von e und u musik gar nicht verstanden – das hat nix mit uniabschluss etc zu tun…
2 Rainer Ostendorf am 1. Juli, 2016 um 11:46
“Wunderbar! Kommerz ist doch herrlich. Das muss sich noch steigern, so extrem werden, dass ein Kunstwerk fünf Milliarden kostet. Dann erst wird es spannend. Wenn ein Bild die Staatshaushalte von ganz Südamerika verschlingt. Der Kunstmarkt ist eine lustige Nebenerscheinung. Wie eine Glücksspielhölle in Las Vegas.” Jonathan Meese
Schöne Grüsse aus der http://www.freidenker-galerie.de
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