Kulturrat und SPD-Abgeordneter kritisieren Urheberrechtsentwurf
Der Deutsche Kulturrat, die Spitzenorganisation verschiedener Kulturverbände, fordert angesichts der Kritik von Experten die Abgeordneten des Rechtsausschusses des Bundestags auf, den Gesetzesentwurf zu ändern. In zwei Anhörungen im November hatten Urheberrechtsexperten ihre Einschätzungen zum so genannten „zweiten Korb“, der zweiten Stufe der Urheberrechtsreform, dem Justizministerium vorgestellt. Einige von ihnen hatten kritisiert, dass die geplanten Regelungen zur Vergütungsabgabe, zum Kopienversand auf Bestellung und zur Verwertung von Archivbeständen die Rechte von Urhebern, Wissenschaftlern und Verbrauchern zu stark zugunsten der Computerindustrie und der Rechteverwerter einschränkten.
Kulturrat: Bundestag sollte Gesetz nicht zustimmen
Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann fordert, dieser Kritik zu folgen: „Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben nun die Gelegenheit, von ihrem vornehmsten Recht als Gesetzgeber Gebrauch zu machen und den Gesetzesentwurf der Bundesregierung umfassend zu verändern, bevor er zur abschließenden Abstimmung im Deutschen Bundestag gestellt wird. Wir bitten die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die Künstler vor der mächtigen Computerindustrie in Schutz zu nehmen.“
Dabei kritisiert der Kulturrat vor allem den Plan, die Höhe der Abgaben auf Geräte auf fünf Prozent des Verkaufspreises zu begrenzen. Diese Regelung weise in die falsche Richtung, weil „mit einer solchen Kappungsgrenze nicht die angemessene Entschädigung der Urheber, sondern die Umsätze und Gewinne der Geräte- und Speichermedienindustrie im Mittelpunkt stehen.“
SPD-Fraktion: Privatkopie stärken, Bagatellklausel wieder einführen, Abmahnkosten deckeln
Manfred Zöllmer, Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion in der Arbeitsgruppe Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, fordert in einer Pressemitteilung von seiner Parteikollegin Zypries, dass das „Recht auf Privatkopie“ erhalten bleiben müsse: „Es muss für den Eigengebrauch möglich sein, die Lieblings-CD auch in kopierter Form im Auto, auf dem Handy oder im MP3-Player zu hören. Daraus folgt aber, dass dieses Recht nicht durch unangemessenen Kopierschutz der Anbieter vereitelt wird, der nicht umgangen werden darf. Hier brauchen wir eindeutig nutzerorientierte Lösungen“, schreibt Zöllmer in seiner Mitteilung. Justizministerin Zypries bestreitet, dass es ein Recht auf Privatkopie gibt; nach Auffassung des Ministeriums handelt es sich vielmehr um eine Duldung, die nicht rechtlich gegen einen bestehenden Kopierschutz durchgesetzt werden kann.
Zöllmer fordert weiter, die so genannte Bagatellklausel wieder ins Gesetz aufzunehmen, die im Referentenentwurf des Gesetzes enthalten war, dann aber – nach Aussage des BMJ auf Drängen von CDU/CSU – aus dem Kabinettsentwurf gestrichen wurde. Die Klausel besagte, dass Urheberrechtsverstöße in kleinem Rahmen und zu privaten Zwecken nicht strafrechtlich verfolgt werden sollten.
Außerdem macht sich Zöllmer dafür stark, anwaltliche Abmahnkosten zu beschränken: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Rechtsanwaltskanzleien aufgrund professionell betriebener Abmahnungsgeschäfte ganze Familien in den Ruin treiben, weil die Kinder im Internet aus Versehen ein geschütztes Werk heruntergeladen haben. Trotz aller energischer Bekämpfung der Piraterie von geistigem Eigentum – wir dürfen hier nicht über das Ziel hinausschießen und die Nutzer mit überhöhten Abmahnkosten konfrontieren“, schreibt Zöllmer.
Zypries hatte erst vor kurzem eine ähnliche Forderung formuliert. Auf dem 57. Deutsche Juristentag im Mai hatte die Justizministerin angekündigt, man werde in Zukunft bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen den Gegenstandswert präziser regeln und auch begrenzen. „Einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung dürfen nicht mehr als 50 bis 100 Euro für Abmahnung und Anwalt nach sich ziehen“, zitierte der Kölner Stadtanzeiger die Ministerin. Laut Bericht der Zeitung reagierten anwesende Anwälte mit Buh-Rufen auf diese Ankündigung.
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