Schutzrechte in der digitalen Ära: Künstliche Intelligenz im Patentrecht und im Urheberrecht
An die Stelle von menschlichen Denk- und Schaffensprozessen treten beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) technische Prozesse. Das Patent- und Urheberrecht sind hingegen personenbezogen konzipiert. Weltweit setzen sich Gerichte daher mit der Frage auseinander, wie mit Erfindungen oder Werkschöpfungen, die durch eine KI geschaffen wurden, umzugehen ist. In diesem Zusammenhang stellt sich die spannende Frage, ob eine KI möglicherweise selbst als Erfinderin einer Erfindung oder Urheberin eines Werks gelten kann.
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied im Juni im Rahmen einer patentrechtlichen Auseinandersetzung im DABUS-Verfahren, dass eine KI nicht als Erfinderin anerkannt und folglich nicht im Patentregister eingetragen werden kann. Dabei stellte der BGH aber auch klar, dass die Integration von KI im Erfindungsprozess zulässig ist und eine Patentierbarkeit durch den Nutzer der KI nicht ausschließt.
Im Urheberrecht hingegen ist die Beurteilung vorsichtiger vorzunehmen. Die Erzeugung eines Werks mithilfe einer KI bedeutet nicht, dass der Nutzer der KI automatisch als Urheber des Werks gilt. Vielmehr ist entscheidend, inwieweit ein eigener, persönlicher Schaffensbeitrag des Nutzers vorliegt, um einen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen zu können.
Der Beitrag geht den Unterschieden in Patent- und Urheberrecht nach. Zudem klärt er auf, wer als Erfinderin oder Werkschöpferin in Betracht kommt und inwieweit dem Nutzer bei der Integration von KI eine Schutzposition zukommen kann.
KI als Erfinderin im Patentrecht?
Für eine Patenterteilung ist die Anmeldung der Erfindung unter Angabe der Erfinderin beim Patent- und Markenamt erforderlich. Ob eine Erfindung vorliegt, richtet sich nach dem objektiven Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen: Erfindungen müssen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen, gewerblich anwendbar und neu sein. Entscheidend ist dabei das Endprodukt. Der Weg, welcher zur Erfindung führte, ist für die Einordnung unerheblich, sodass auch die Integration einer KI in den Entwicklungsprozess eine Patentierbarkeit nicht ausschließt.
Das Europäische Patentamt unterscheidet beim Einsatz einer KI in der Erfindungsentwicklung nach dem Grad des Einbezuges zwischen computerimplementierten Erfindungen und autonomen KI-Erfindungen. Computerimplementierte Erfindungen setzen Handlungsbeiträge von Menschen voraus, wie beispielsweise die Identifizierung einer Aufgabe, sodass man von kombinierten Mensch-KI-Erfindungen sprechen kann. Autonome KI-Erfindungen hingegen entstehen gänzlich ohne menschlichen Schaffensbeitrag. Solche KI-Erfindungen sind zum derzeitigen Stand der Technik allerdings noch nicht vorstellbar, da Input-Leistungen von Menschen notwendig sind.
Um einen patentrechtlichen Schutz für eine Erfindung zu erreichen, ist zusätzlich die Anmeldung beim Patentamt erforderlich. Formelle Voraussetzung hierfür ist die Angabe des Erfinders. Erfinder ist demnach die Person, die einen Erfindungsgedanken erkennt und deren schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringt.
BGH im DABUS-Verfahren: KI kann patentrechtlich keine Erfinderin sein
Der BGH musste im DABUS-Verfahren die Frage klären, ob eine KI selbst als Erfinderin im Patentregister eingetragen werden kann. Der Fall: Ein KI-Entwickler erteilte seiner KI den Auftrag (sogenannter „Prompt“), einen speziell ausgeprägten Lebensmittelbehälter zu entwickeln. Dafür wollte der Entwickler die KI als Erfinderin im Patentregister ausweisen. Eine solche Eintragung verwehrte der BGH.
Die Begründung des BGH ist klar: Die Eigenschaft als Erfinderin knüpft an die menschliche Rechtssubjektivität an. Genau diese fehlt einer KI, sodass sich nur eine natürliche Person und nicht die KI als Erfinderin eintragen lässt. Unerheblich ist es in diesem Zusammenhang, welches Gewicht der menschliche Beitrag in der Erfindungsentwicklung hatte. Auch die bloße Abgabe der Aufgabe an die KI in Form eines „Prompts“ reicht als Mitwirkungsbeitrag aus, um als Erfinderin eingetragen zu werden.
Eine solch offene Beurteilung ist im Patentrecht möglich, nicht aber im Urheberrecht.
KI als Schöpferin im Urheberrecht?
Das Urheberrecht schützt Werke, d.h. persönliche geistige Schöpfungen. Es gilt das sog. Schöpferprinzip: Als Urheber gilt der Schöpfer des Werks, welchem die Urheberrechte zustehen.
Ein Werkschutz wird dabei nicht wie im Patentrecht durch eine Anmeldung und Patenterteilung erreicht. Er entsteht automatisch, sobald ein geschaffenes Werk die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht.
Patentrecht und Urheberrecht weisen unterschiedliche Schutzrichtungen auf: Das Patentrecht schützt Lösungen für technische Probleme – das Urheberrecht hingegen ist aufgrund des persönlichkeitsrechtlichen Einschlags einer eigenen kreativen Schöpfung auf den Werkschutz ausgerichtet.
Beurteilung von KI-Erzeugnissen im Urheberrecht
Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende Beurteilungen für KI-Erzeugnisse: Autonome KI-Erzeugnisse sind zweifelsohne nicht vom Urheberrecht geschützt. Denn einer KI fehlt das menschliche Substrat, sodass sie nicht als geistige Schöpferin eines Werks gelten kann.
Problematischer wird es bei computerimplementierten „Werkerzeugnissen“, bei denen die KI in den Schaffensprozess integriert ist. Dabei stellen sich die Fragen, in welchem Ausmaß ein schützenswerter menschlicher Schöpfungsbeitrag vorliegt und wie sehr technische Modifikationen der KI in den Vordergrund rücken. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die KI lediglich als Hilfsmittel bei einer vom Menschen gestalteten Werkschöpfung dient oder ob die KI das Werk überwiegend selbstständig erzeugt, ohne dass der menschliche Beitrag die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht.
Werkschutz durch eigene Kreativität – KI darf nur unterstützen
Nach der gängigen Nutzungsweise von KI ist ein urheberrechtlicher Schutz oft unwahrscheinlich. Der Grund: Die von der KI erzeugten Produkte sind häufig Zufallsprodukte mit potenziell großen Variationen – insbesondere wenn die Vorgaben des Nutzers nicht entsprechend präzise ausfallen.
Ein Beispiel: Lässt ein Nutzer eine KI ein technisches Handbuch zu einem bestimmten Softwareprodukt erstellen, reicht die bloße Auftragserteilung nicht aus, um den Nutzer als Urheber des Handbuchs anzusehen. Anders verhält es sich, wenn der Nutzer die KI mit eigenen, urheberrechtlich geschützten Inhalten füttert, die bereits die erforderliche Schöpfungshöhe aufweisen (wie beispielsweise eigenen Fachtexten oder detaillierten Anweisungen). Wird die KI dann lediglich damit beauftragt, die Inhalte grammatikalisch zu überprüfen oder stilistisch zu verbessern, bleibt der urheberrechtliche Schutz an den eingespeisten Werken bestehen, solange die ursprüngliche persönliche Prägung und der kreative Charakter der Werke erhalten bleiben.
Fazit: KI weder Erfinderin nach dem Patent- noch Schöpferin nach dem Urheberrecht
Das Urteil des BGH im DABUS-Verfahren klärt höchstrichterlich, dass nur eine natürliche Person und keine KI Erfinderin im Sinne des Patentrechts sein kann. Dennoch ist eine computerimplementierte KI-Erfindung patentierbar, wobei diejenige Person, welche den Auftrag an die KI erteilt hat, als Erfinderin in das Patentregister einzutragen ist. KI-autonome Erfindungen sind (noch) Zukunftsmusik. Für solche Erfindungen, bei denen kein menschlicher Mitwirkungsbeitrag vorläge, bleibt die Frage nach einer Patentierbarkeit antwortlos. An den Gesetzgeber dürfte an dieser Stelle wohl bald Handlungsbedarf herangetragen werden.
Im Urheberrecht muss der Mitwirkungsbeitrag selbst die erforderliche Schöpfungshöhe aufweisen, damit dem Werkschaffenden Schutzrechte zustehen. Die bloße Auftragserteilung führt somit nicht dazu, dass der Nutzer als Urheber des Werks einzustufen ist. Nur wenn eigene Schaffensbeiträge vorliegen, die die Schöpfungshöhe erreichen, und die KI eine bloß untergeordnete Rolle als Hilfsmittel einnimmt, kann ein urheberrechtlicher Schutz bestehen.
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