Kompakter Selbstlernkurs: Buch „Freie Unterrichtsmaterialien“ erläutert OER
Mit dem jetzt erschienenen Buch „Freie Unterrichtsmaterialien“ wendet sich der Pädagoge Jöran Muuß-Merholz vor allem an Lehrerinnen und Lehrer. Um sie in ihrem Arbeitsalltag abzuholen, skizziert der Autor zwölf unterschiedliche Szenarien. Da geht es etwa darum, ein Arbeitsblatt zu erstellen, mit Schülern ein Projekt auf einer Webseite zu präsentieren, einen Film zu produzieren oder Folien für eine Fortbildung vorzubereiten.
In allen zwölf Fällen treten Unsicherheiten und Probleme mit dem Urheberrecht zutage, etwa ob und wie Musik und Fotos aus dem Netz darin verwendet werden dürfen. Diese typischen Probleme werden jedoch offen stehen gelassen – zunächst jedenfalls. Das ist der Kniff, mit dem der Autor seine Leserschaft mitnehmen will, ihm auf den Pfad zu freien Unterrichtsmaterialien zu folgen. In drei Kapiteln geht er auf die Grundlagen von Open Educational Resources (OER) ein und erläutert, wie und wo man sie findet und in der Praxis einsetzen kann.
Kompakte, praxisbezogene Einführung
Der Autor vermeidet es, seit vielen Jahren unergiebig geführte Debatten fortzuführen. Nur kurz geht er beispielsweise darauf ein, ob ein zentrales Verzeichnis für offene Lehrmaterialien erforderlich sei und ob zentrale Prüfinstanzen die Unterrichtsmaterialien beurteilen sollten. Bookmarking-Dienste und kollektive Bewertungen hält er dazu für praktikabel.
Mehr Raum gibt das Buch praktischen Tipps, etwa zu OER-Fundstellen, Sammlungen und Werkzeugen. Etwas zu kurz kommt dabei, wie Lehrer mit Schülern selbst OER erstellen können. Eine kürzere, weniger textlastige Darstellung der Theorie-Grundlagen und Lizenzdetails hätte das bei gleichem Umfang ermöglicht. Im Verlauf des Buches kann den Leser das Gefühl beschleichen, sich für die versprochenen Verheißungen von OER sehr viel Detailwissen über Lizenzbedingungen, Lizenzhinweise und vieles mehr aneignen zu müssen.
Gleichwohl bietet das in didaktischem Duktus, aber verständlicher Sprache und mit lockerer Herangehensweise verfasste Buch einen guten Zugang, um von der Theorie zur Praxis zu gelangen. Für Muuß-Merholz sind Lehrkräfte ohnehin geübt im Remixen, im ungezwungenem Umgang mit Vorlagen und die Idee freier Unterrichtsmaterialien daher naheliegend. (Verweise und Auszüge aus Veröffentlichungen von iRights.info sind zahlreich, sollen das Urteil in dieser Rezension aber nicht beeinflussen.)
Muuß-Merholz hat zudem der Versuchung widerstanden, als OER-Vorreiter das ultimative, 500-seitige OER-Kompendium vorzulegen. Stattdessen funktioniert das 185 Seiten umfassende Werk als kompakter, gut strukturierter und zielgruppengerechter Einstieg. Es will nicht missionieren, sondern mit praxisbezogenem Erfahrungswissen überzeugen. Den vielen Links lässt sich am Besten in der elektronischen Version folgen. Das Buch ist zudem vollständig als bearbeitbares Word- oder Open-Office-Dokument verfügbar – und somit selbst so offen, wie es freie Bildungsmaterialien dem Autor zufolge sein sollten.
Jöran Muuß-Merholz, „Freie Unterrichtsmaterialien finden, rechtssicher einsetzen, selbst machen und teilen – Alles über Open Educational Resources“, Beltz Verlag, 2018, erhältlich als Print (EUR 19,95) und als freie elektronische Fassung, ISBN: 9783407630612.
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