Risiko Störerhaftung: Symptom eines kaputten Urheberrechts

Foto: Svet Ivantchev, CC BY-NC-SA
Ob es mit dem Abmahnrisiko für WLAN-Betreiber wirklich bald vorbei sein wird, lässt sich mit guten Gründen bezweifeln. Dafür hat das Gesetz, das der Bundestag jetzt beschlossen hat, zu viele Haken und Ösen.
Doch was wird eigentlich mit der Reform versucht? Einzelne Hotspot-Anbieter sollen so wenig haften wie Telekom, Kabel Deutschland & Co., wenn jemand ihre Netze für Rechtsverletzungen nutzt. Man nennt das „Haftungsprivileg“. Es wäre gut, wenn es für WLAN-Betreiber Klarheit gäbe, aber es würde nicht dazu führen, dass es überhaupt keine Abmahnungen oder die jetzt viel diskutierten Unterlassungsansprüche mehr gibt.
Das wäre auch nicht nötig. Sie sind im Prinzip ein sinnvolles Instrument, solange sie sich nicht zur allgemeinen Plage entwickeln. Doch genau das ist beim Urheberrecht der Fall. Woran liegt das? Weil das Urheberrecht, das einmal für die Beziehungen zwischen Profis entwickelt wurde – also etwa zwischen Musiker und Label oder zwischen Autor und Verlag – heute alle Nutzer betrifft, die im Netz aktiv sind. Für sie ist das Urheberrecht nicht nur undurchschaubar. Es verbietet viele ganz alltägliche Handlungen.
Das Internet bleibt ein rechtliches Minenfeld
Es gibt wenige Dinge, die zur Legitimationskrise des Urheberrechts so sehr beigetragen haben wie die Erfahrung der Nutzer, sich im Internet in einem Minenfeld zu bewegen. Auf jeden Schritt könnte Post vom Anwalt folgen. Würden sämtliche Rechtsverstöße im Internet tatsächlich geahndet, das Urheberrecht wäre schon lange zusammengebrochen. Oder das Internet. Oder beide. Das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ hatte immerhin versucht, etwas Druck aus dem Kessel zu nehmen, konnte die Abmahnindustrie aber ebenfalls nicht bremsen.
Doch in der aktuellen Diskussion fragt niemand danach, welche Handlungen im Internet eigentlich erlaubt sein sollen und welche nicht. Das aber wäre doch die entscheidende Frage. Wo kein Verbot ist, ist auch kein Haftungsprivileg nötig. Haftungsprivilegien legen sich lediglich, wie die Juristen es ausdrücken, wie ein Filter über die allgemeinen Gesetze.
Sollte zum Beispiel Filesharing erlaubt werden? Lässt sich mit neuen Modellen vergüten, was sich ohnehin nie ganz wird stoppen lassen? Vor einigen Jahren wurden dazu Modelle wie eine Kulturflatrate oder eine Kulturwertmark diskutiert. Sie mögen noch keine zufriedenstellenden Lösungen gewesen sein, waren aber immerhin der Versuch, politische Antworten auf die Krise des Urheberrechts zu finden.
Die Politik hat sie nicht aufgegriffen und weiterentwickelt, sondern ignoriert – zumeist auf Druck von Verlagen, Musik- und Filmindustrie. Diese Mutlosigkeit rächt sich. Die Parteien sollten die Debatte um die Störerhaftung zum Anlass nehmen, sich wieder dem Kern des Problems zu widmen – und ein Urheberrecht schaffen, das der digitalen Welt angemessen ist.
Was sagen Sie dazu?