[Update] Kölner Landgericht verlangt Urhebernennung direkt im Bild – Abmahnwelle aber unwahrscheinlich
Ausgangspunkt des Verfahrens ist die Beschwerde eines Fotografen gegen die Betreiberin eines Onlineportals wegen fehlender Urhebernennung bei einem von ihm stammenden Bild. Sie hatte das Bild kostenlos beim Fotodienst Pixelio bezogen und auf ihrer Website verwendet, dabei an sich auch korrekt die geforderte Urheber-/Lizenzinhaber-Kennzeichnung unter dem Foto eingesetzt.
In einer Artikelübersicht fehlte diese Kennzeichnung dann aber, und damit lag – nach der Ansicht des Fotografen – eine Urheberrechtsverletzung vor. Er forderte daher die Websitebetreiberin zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, welche diese aber verweigerte. Das berichtet der Rechtsanwalt Niklas Plutte in seinem Blog, er vertritt die Abgemahnte.
Pluttes Bericht zufolge war das Kölner Landgericht aber anderer Auffassung, was die Relevanz dieser Urheberkennzeichnung auf der Artikelübersichtsseite betraf. Danach sei der Fotograf dann argumentativ umgeschwenkt und habe angemahnt, dass dem Foto eine Urheber-/Lizenzinhaber-Kennzeichnung fehle, wenn man es allein unter der direkten Webadresse (Uniform Resource Identifier) öffnet, also herausgelöst aus dem Umfeld des zugehörigen Artikels oder der Website, etwa per Rechtsklick und „Bild anzeigen“. Dieser Ansicht folgte das Landgericht und erließ eine einstweilige Verfügung gegen die Onlineportal-Betreiberin.
Pixelio-Lizenzbedingungen unterschiedlich ausgelegt
Die Kölner Richter beziehen sich in ihrer Entscheidung auf die Lizenzbedingungen von Pixelio. In ihnen werden auch „unterschiedliche“ und „mehrfache Verwendungen“ von Fotos erwähnt. Laut Anwalt Plutte hat das Unternehmen Pixelio in einer Stellungnahme an das Gericht die Lizenzbedingungen näher erläutert, auch um die strittige Frage zu klären, was unter der „üblichen Nutzung“ zu verstehen ist.
Das Gericht sei jedoch bei seiner Auslegung der Pixelio-Lizenzbedingungen geblieben, die sie wie folgt begründet:
„Wird das Bild also mehrfach genutzt, so ist auch eine mehrfache Urheberbenennung erforderlich. Dies gilt unabhängig davon, ob man jede URL als eigenständige Internetseite oder lediglich als Unterseite beziehungsweise als Einbettung einordnen mag. Denn jede URL kann individuell und unabhängig von anderen URL gesondert aufgerufen und entsprechend eingestellte Bilder mittels der Bildersuche bei Internetsuchmaschinen aufgefunden werden. Der Umstand, dass auf der Artikelseite unter der [Artikel-URL] vorliegend eine Urheberbenennung erfolgte, kann das Defizit einer ebensolchen Benennung unter der [URL zur Bilddatei] nicht ausgleichen.”
Wie aber könnte eine derartige Kennzeichnungspflicht für alle Verwendungs-Fälle überhaupt umsetzbar sein, wenn sie zum einen schwer zu umgehen sein soll, zum anderen das eigentliche Bild nicht unzulässig verändern soll? Darüber streiten sich derzeit Fotografen, Juristen und Entwickler. Möglich wäre unter anderem, die Namen als Bildelement ins Foto einzufügen – wie es wohl das Gericht vorschlägt – oder sie als Meta-Informationen in die Bilddatei einzubetten.
Dennoch werden die allermeisten Bilder im Netz mit überschaubarem Aufwand kaum diesem Standard entsprechend in der URL oder im Bild selbst zu kennzeichnen sein. Dafür sind es viel zu viele, die Content-Management-Systeme sind darauf nicht ausgelegt und auch die jetzt vorgeschlagene Deaktivierung der Einzelansicht geht technisch längst nicht bei jeder Plattform. Hinzu kommen automatische Verarbeitungsfunktionen, etwas auf Facebook, die Metadaten und URLs entfernen oder verändern und damit unentwegt neue Problemfälle schaffen würden – wenn die deutschen Gerichte denn bei dieser Ansicht bleiben. Entsprechend schrill sind auch die Warnungen vor “Pixelio als Abmahnfalle”. Ganz so schlimm sieht es aber derzeit nicht aus. Wer auf Basis einer derart kontroversen Entscheidung (nur) eines Landgericht Abmahnungen aussprechen will, läuft ein relativ hohes Risiko, zu Unrecht abzumahnen und am Ende selbst schadensersatzpflichtig zu sein.
Update 10. Februar 2014, 11:25
Wie durch die aufmerksame Leserschaft (Dank an den Lawbster Sebastian Dramburg) angemerkt, wurde die einstweilige Verfügung bereits durch Widerspruch angegriffen und daraufhin durch Urteil bestätigt, gegen das die unterlegene iWare GmbH laut RA Plutte nun in Berufung geht. Damit wird es Sache des Oberlandesgerichts Köln sein, die Pixelio-AGB im konkreten Fall erneut auszulegen und damit auch darüber zu entscheiden, ob ein auf der Plattform mit Werken vertretener Fotograf durch Teilnahme hinnimmt, dass seine Bilder separat unter einer rein technischen Web-Adresse ohne Namensnennung abrufbar sind.
Auch rund um Creative-Commons-Lizenzen wird inzwischen darüber diskutiert, welche Auswirkungen eine obergerichtliche Bestätigung der Pixelio-Entscheidung zumindest in Deutschland auf Standardlizenzmodelle haben könnte. Hintergrund ist, dass der Text der CC-Lizenzen hinsichtlich Nennung des Urhebers ähnlich flexibel formuliert ist wie die Pixelio-AGB. In der gerade neu erschienenen Version 4.0 dieser Lizenzen heißt es:
Attribution.
If You Share the Licensed Material (including in modified form), You must:
retain the following if it is supplied by the Licensor with the Licensed Material:
identification of the creator(s) of the Licensed Material and any others designated to receive attribution, in any reasonable manner requested by the Licensor (including by pseudonym if designated);
(…)
You may satisfy the conditions in Section 3(a)(1) in any reasonable manner based on the medium, means, and context in which You Share the Licensed Material. For example, it may be reasonable to satisfy the conditions by providing a URI or hyperlink to a resource that includes the required information.
In diesem Abschnitt, der bisher noch nicht als offizielle deutsche Übersetzung verfügbar ist, ist von „reasonable manner“, also „angemessener Art und Weise“ die Rede. Der Name des Urhebers muss also in einer Art und Weise genannt werden, die im jeweiligen Falle mit Blick auf das Medium, die Mittel und den Kontext angemessen ist.
Viele fragen sich nun, ob ein Gericht auch hierzu zu der Überzeugung kommen könnte, dass ein Fehlen des Urhebernamens in der URL eines Bildes einen Verstoß gegen die oben genannte Lizenzbedingung sei. Die Bezugnahme auf „medium, means, and context“ spricht zwar dagegen, da es nun einmal der Technik des Mediums WWW als Verbreitungsmittel eigen ist, dass jedes Objekte darin jeweils eine eigene technische Adresse hat. Doch man darf gespannt sein, ob sich die zweite Instanz zum Pixelio-Fall überhaupt auf solch technische Erwägungen einlassen wird.
Pixelio hat derweil in einem netzpolitik.org-Interview mit Leonhard Dobusch erklärt, dass CC-Lizenzen als Ersatz oder Ergänzung der Pixelio-AGB derzeit keine Option seien.
3 Kommentare
1 Sebastian am 4. Februar, 2014 um 17:42
Kleiner Hinweis: Widerspruch wurde bereits eingelegt.
http://openjur.de/u/672132.html
2 Schmunzelkunst am 5. Februar, 2014 um 18:08
§ 13 (Anerkennung der Urheberschaft) darf in der Aufregung nicht verwechselt werden mit § 63 (Quellenangabe). Wie die Quellenangabe lt. $ 63 (z. B. beim Zitieren im Internet) auszusehen hat, kann die Rechtsprechung herausarbeiten. In welcher Form ein Urheber sein Recht auf Namensnennung lt. § 13 (z. B. bei der Einräumung von Nutzungsrechten für Internetpräsentationen) gewahrt wissen will, muss er schon selbst sagen. Und das hat er im vorliegenden Fall durch die Wahl der Vertriebsplattform Pixelio ja auch getan. Es geht also wie gesagt nur um die Auslegung der Nutzungsbedingung von Pixelio, mit denen der Urheber ja offenbar einverstanden war. Ob die Nutzungsbedingungen von Pixelio eine Urhebernennung in Bild verlangen, sollte sich leicht klären lassen. Ich vermute, wohl eher nicht. Der Fotograf ist ja anscheinend auch erst in der Verhandlung auf diesen Gedanken umgeschwenkt.
MfG
Johannes
Nur so kann es gehen:
http://www.schmunzelkunst.de/readme.png
3 Malte Sibaryk am 8. Februar, 2014 um 15:42
Abgemahnt wir leider heutzutage nicht nach gültiger Rechtslage, sondern nach Lukrativität. Es gibt immer genug, die zahlen und das ganze läuft dann professionell über Birefkastenfirmen ins Ausland. Eine Abmahnwelle bleibt nur deshalb (hoffentlich) aus, da es doch noch einige Rechtsanwälte und Institutionen gibt die schnell genug warnen und uns vorbereiten. Deshalb bitte nicht die Aufregung als “Panikmache” runterreden, wenn die Welle ausbleibt dann liegt es nämlich genau daran dass viele vorbereitet sind und die Abmahnwirtschaft den Gegendruck von Anfang an spürt.
Was sagen Sie dazu?