[Update] Karl-Nikolaus Peifer, Dieter Frey: Trotz Reformen bleiben Mängel im Urhebervertragsrecht
iRights.info: Ihr Gesetzesentwurf beabsichtigt, das zuletzt 2002 reformierte Urhebervertragsrecht in Deutschland erneut zu ändern. Wie kommt es zu Ihrem Vorstoß?
Karl-Nikolaus Peifer und Dieter Frey: Am Anfang des Entwurfs stand der Befund, dass die vertragliche Situation der Urheber ungeachtet der Urhebervertragsrechtsreform 2002 als unbefriedigend angesehen wird. In der Praxis der Gesetzesanwendung haben sich diverse Mängel gezeigt. Dazu gehören die nur sehr zögerlich zustande gekommenen kollektiven Vergütungsregeln, die mit der AGB-Kontrolle kaum zu bekämpfenden Buy-out-Verträge, das Zögern der Urheber, individuellen Rechtsschutz zu suchen und der Umstand, dass Urheber kaum Möglichkeiten haben, aus langen Vertragsbindungen heraus zu gelangen.
Urhebervertragsrecht
Viele Urheber verwerten ihre Werke nicht selbst, sondern überlassen es Dritten, indem sie ihnen Nutzungsrechte einräumen: Autoren zum Beispiel treten ihre Rechte an Verlage ab, Komponisten an Musikverlage. Das Urhebervertragsrecht regelt diese Übertragung und das Verhältnis zwischen Urhebern und ihren Vertragspartnern. Zwischen Urheber und Verwerter besteht meist ein Machtgefälle; das Urhebervertragsrecht hat auch die Aufgabe, es auszugleichen und soll eine angemessene Vergütung sichern.
Solche Mängel zu beheben, ist die Absicht des Kölner Entwurfs. Bereits 2013 hat das Institut für Rundfunkrecht in Köln eine Tagung zum Thema durchgeführt, die auch dokumentiert ist (PDF). Die damals durch Befragung von Professoren, Richtern und Verbandsvertretern geäußerten Mängel und ihre Beseitigung werden in dem Entwurf adressiert.
iRights.info: Wieso kommen Sie mit Ihrem Reformvorschlag gerade jetzt?
Karl-Nikolaus Peifer und Dieter Frey: Mit den Schwächen des Urhebervertragsrechts auch nach der Reform 2002 befassten sich zwei Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages, die sogenannte Kultur-Enquete und die Enquete „Internet und Digitale Gesellschaft“. Der Koalitionsvertrag verspricht, sich des Themas anzunehmen. Auch die Europäische Kommission hat erste rechtsvergleichende Gutachten zum Urhebervertragsrecht in Europa in Auftrag gegeben. Es ist mithin der richtige Zeitpunkt, eigene Vorschläge zu präsentieren.
iRights.info: Was versprechen Sie sich von dem Entwurf? Wie soll es damit auf politischer Ebene weiter gehen?
Karl-Nikolaus Peifer und Dieter Frey: Der Entwurf soll Denkanstöße geben und dem Gesetzgeber eine Vorlage liefern. Er wurde von den Verfassern privat erstellt und von keiner Interessengruppe finanziert oder angeregt. Die neutrale Sichtweise soll dem Gesetzgeber bei der Formulierung einer Änderungsregelung helfen. Die morgige Berliner Veranstaltung „Urheber auf dem Vormarsch“ soll die Vorschläge nicht nur einem breiteren Publikum vorstellen, sondern auch zu Kritik und weiteren Vorschlägen zur Problembehebung einladen.
Das Interview mit Karl-Nikolaus Peifer und Dieter Frey wurde per E-Mail geführt.
Hintergrund
Der Entwurf zum Urhebervertragsrecht wird vom Verein Kölner Forum Medienrecht herausgegeben, Autoren sind Karl-Nikolaus Peifer, Dieter Frey und Matthias Rudolph, Mitwirkende sind Christopher Nohr und Benjamin Wahlen. Beteiligte des Forums sind die Universität Köln, die Stadt Köln, die Deutsche Medienakademie sowie die Kanzlei Frey Rechtsanwälte. Das Forum versteht sich nach eigenen Angaben als Plattform für Veranstaltungen, um „neuartige medienrechtliche Problemstellungen zu lösen und Fachwissen zu vermitteln“. Als Unterstützer nennen die Autoren die Deutsche Stiftung Eigentum. Der Wortlaut des Gesetzesentwurfs soll erst im Anschluss an die Konferenz „Urheber auf dem Vormarsch“ im Web veröffentlicht werden.
[Update: Seit 8.11.2014 steht der Gesetzesentwurf bereit zum Herunterladen (PDF)]
Die Regelungen zum Urhebervertragsrecht wurden zuletzt im Jahre 2002 reformiert. Im Mittelpunkt der damaligen Neuerungen stand die Absicht, die Position der Urheber zu stärken, vor allem durch den gesetzlich festgeschriebenen Anspruch auf „angemessene Vergütung“. Nach wenigen Jahren und zähen Verhandlungsrunden um entsprechende Vergütungsregelungen mehrte sich Kritik an den Gesetzesneuerungen, derzufolge es – unter anderem – für die Urheber zu schwierig und zu langwierig sei, ihre Rechte auch wirklich durchzusetzen.
Karl-Nikolaus Peifer ist Medienrechtsprofessor an der Universität Köln, Direktor des dortigen Instituts für Urheber- und Medienrecht und des Instituts für Rundfunkrecht sowie Richter am Oberlandesgericht Hamm. Er forscht und lehrt zum Immaterialgüter–, Medien- und Wirtschaftsrecht.
Dieter Frey ist Partner bei Frey Rechtsanwälte. Er ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Lehrbeauftragter für Medienmanagement und Sportrecht, Mitinitiator und Vorstand des Kölner Forums Medienrecht, Mitglied in der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR) sowie im Alumni Medienrecht Köln.
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