Kanadische P2P-Studie: Filesharer kaufen mehr CDs
Zwei Forscherinnen des Birkbeck College der University of London haben Daten einer Untersuchung zu P2P-Filesharing und Medienkonsum ausgewertet, die vom kanadischen Marktforschungsinstitut Decima Research zwischen April und Juni 2006 erhoben wurden. Birgitte Andersen und Marion Frenz sollten im Auftrag der Abteilung für Industrie- und Regionalentwicklung des kanadischen Wirtschaftsministeriums herausfinden, wie P2P-Aktivitäten den Medienkonsum in Kanada beeinflussen.
Filesharer kaufen mehr CDs
Die Ergebnisse der Forscherinnen widersprechen unmittelbar den Behauptungen von Film- und Musikindustrie, dass die Medienverkäufe aufgrund „illegaler Downloads“ massiv zurückgegangen sind. Im Gegenteil: „Unsere Analyse des Bevölkerungsteils, der P2P-Filesharing nutzt, zeigt eine stark positive Korrelation zwischen P2P-Filesharing und CD-Verkäufen. Das bedeutet, dass kanadische Filesharer mehr CDs kaufen. Wir schätzen, dass ein zusätzlicher Downloads im Monat dazu führt, dass im Jahr etwa 0,44 CDs mehr gekauft werden… Darüber hinaus finden wir Belege dafür, dass P2P-Filesharing einen Markt… für Angebote schafft, die sonst nirgendwo zu finden sind.“ Das unterstützt die Ergebnisse einer anderen P2P-Studie, die kürzlich gezeigt hat, dass gerade kleinere Plattenfirmen und unbekanntere Musiker zu den Gewinnern von P2P-Filesharing gehören.
Zwei weitere Faktoren, die spürbaren Einfluss auf CD-Käufe haben, konnten Andersen und Frenz identifizieren. Wenn der „wahrgenommene Preis“ einer CD zu hoch oder die „wahrgenommene Qualität“ der Musik zu schlecht ist, sinkt die CD-Kaufbereitschaft. Keinen Einfluss hat hingegen das Einkommen potentieller Musikkäufer: „Wir schließen daraus, dass Musikkäufe im Allgemeinen einen zu geringen Anteil des Einkommens in Anspruch nehmen, um einen spürbaren Einfluss auf das Kaufverhalten zu haben.“ Einen nennenswerten Einfluss von P2P-Filesharing auf den Erwerb von Musikdateien in kommerziellen Online-Angeboten konnten die Forscherinnen nicht nachweisen.
Medienkonsum „eine Frage des Lifestyles“
Wie viel Musik jemand kauft, wie oft das Kino besucht oder am Computer spielt, hängt nach Auffassung der Forscherinnen mit dem Lifestyle des Einzelnen zusammen. „Musik und andere Unterhaltungsgüter stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Vielmehr gibt es einen Zusammenhang zum Lifestyle, für den sich manche soziale Gruppen entscheiden.“ Das zeigt sich beispielsweise darin, dass Menschen, die von sich selbst sagen, „ein großes Interesse an Musik“ zu haben deutlich mehr CDs kaufen als Menschen, die „ein sehr geringes Interesse an Musik“ haben. Insofern P2P-Filesharer eher zu der ersten als zur zweiten Gruppe gehören dürften, überrascht es dann auch nicht, dass sie tendenziell mehr CDs kaufen. Unterm Strich dürfte die Musikindustrie sich damit am eigenen Ast sägen, wenn sie genau diejenigen verklagt, die am ehesten ihre Waren kaufen.
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