Jürgen Kasten: Den Urheber wieder in den Mittelpunkt rücken
Die Konfliktlinien in der digitalen Werknutzung verlaufen aktuell zwischen User und Verwerter. Fast unbemerkt bleibt die daraus erwachsene doppelte Urheber-`Enteignung`: eine durch Produzent und Verwerter, der ihn mit einer Pauschale abfindet, und eine durch den Nutzer, der im Internet nicht gewillt ist, für Werknutzungen eine Vergütung zu entrichten.
Das 2002 in Kraft getretene Urhebervertragsrecht erweist sich bisher als völlig stumpfes Schwert, dem Urheber eine angemessene Vergütung für tunlichst jede Nutzung des Werkes zu gewähren. Zentrale Begriffe, wie etwa der des „Werknutzers“ sind unklar, Verbindlichkeit fehlt. Deshalb verweigern sich sogar öffentlich-rechtliche Anstalten, wie das ZDF, dem Abschluss gemeinsamer Vergütungsregeln, die letztlich die Angemessenheit einer Vergütung bestimmen sollen. Sollte der BGH die Verweigerungshaltung des ZDF gutheißen, so wäre der Gesetzgeber dringend zu einer Klarstellung des Werknutzer-Begriffs bei Auftragsproduktionen und der Angemessenheit bei Buyout-Verträgen aufgerufen.
Jüngst hat die Allianz der Produzenten den Anspruch auf ein „Produzentenurheberrecht“ lanciert. Eine solche Forderung scheint absurd, da sie den grundlegenden Werkschöpfungs-Begriffen des Urheberrechts widerspricht. Sie markiert aber die Verdrehung, die es in den letzten Jahren erhalten hat. Aus dem Umstand, dass den Produzenten und Verwertern aufgrund gesetzlicher Vermutung alle wesentlichen Nutzungsrechte zufließen, durchsetzbare Vergütungsansprüche aber fehlen, hat sich faktisch eine Verlagerung des Urheberrechtschutzes ergeben. Von dem partizipieren vornehmlich die wirtschaftlich ohnehin überlegenen Großverwerter, Medienkonzerne und global agierenden Fernsehsender.
Erst wenn der Schöpfer des Werkes wieder im Zentrum des Urheberrechts steht, wird sich deren oft prekäre wirtschaftliche Lage und die Ignoranz der User vielleicht ändern lassen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat das zwar in ihrer Berliner Rede zum Urheberrecht versprochen. Allein es zählt, ob dieser Grundsatz auch tatsächlich die Novellierung des Dritten Korbs leitet.
Zur Person
Dr. habil. Jürgen Kasten, Film- und Fernsehwissenschaftler, Geschäftsführer des Bundesverbands der Film- und Fernsehregisseure e.V. Lehrtätigkeit an Universitäten in Berlin, Hamburg und Zürich. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Filmgeschichte, Dramaturgie, Drehbuch, Filmökonomie und Urheberecht.
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