Interdisziplinäre Betrachtungen zu den Wendepunkten des Urheberrechts
Üblicherweise ist der akademische Diskurs über das Urheberrecht und dessen Anpassung ans digitale Zeitalter die Domäne von Rechtswissenschaftler*innen und Jurist*innen. In dem jetzt erschienenen Sammelband „Tipping Points“ nähern sich hingegen auch Musik- und Literaturwissenschaftler*innen, Soziolog*innen sowie Historiker*innen den Fragen an das Urheberrecht von heute und an das von morgen.
„Tipping Points“ bedeutet im Englischen soviel wie „Wendepunkte“ oder auch „Kipppunkte“ und meint die Momente, wenn Prozesse an einem bestimmten Moment umkippen und ab dann – unumkehrbar – in eine andere Richtung verlaufen. Diesen Wendepunkten gehen die Beiträge im Großen nach – zum Beispiel in Bezug auf die derzeitige Urheberrechtsreform – wie auch im Kleinen, etwa bei der Produktion neuer Werke.
Urheberrechtliche Wendepunkte im Großen wie im Kleinen
Allein vier der insgesamt 13 Fachbeiträge gehen auf urheberrechtliche Aspekte des Samplings ein. Etwa auf die „Schöpfungshöhe aus der Perspektive empirischer Musikforschung“, auf die „Onlinemärkte für Musiksamples und die Fixierung flüchtiger Waren“ und auf „Aneignungskunst (Appropriation Art) in Zeiten von ‚Metall auf Metall‘ und des Internets“.
Zudem setzen sich die Autor*innen mit den Herausforderungen auseinander, die sich für das Urheberrecht bei nutzergenerierten Inhalten auf großen Plattformen stellen, am Beispiel von Clips bei Tik-Tok, die häufig geschützte Musik enthalten.
Des weiteren beleuchten einzelne Beiträge die „Konflikte zwischen ‚Musikverbrauchern‘ und Verwertungsgesellschaften im historischen Kontext“ sowie Crowdfunding und Crowdsourcing als „neue Geschäfts- und Rechtsmodelle der Netzliteratur“.
Die nach wie vor stark umstrittenen Uploadfilter stellt ein Beitrag in den Zusammenhang mit „Gemeinfreiheit, Kollektiv und Kulturallmende“, um sie als Auslöser für Wendepunkte in der Kulturindustrie einzuordnen.
Rechtliche Fragen zu Schattenbibliotheken und Forschungsdatenmanagement
Zu den vier Herausgeber*innen des Sammelbands zählt iRights.info-Redakteur Georg Fischer. In seinem Beitrag untersucht er das Phänomen der wissenschaftlichen Schattenbibliotheken und erörtert, was diese für das derzeitige Publikationswesen in der akademischen Welt bedeuten.
Fabian Rack, Autor bei iRights.info und Anwalt bei iRights.Law, steuert mit drei Kolleg*innen einen Beitrag zur nationalen Forschungsdaten-Infrastruktur bei, die derzeit von einem Konsortium aufgebaut wird. Ihr Aufsatz befasst sich mit dem langfristigen Management von Forschungsdaten in den Kulturwissenschaften und diesbezüglichen rechtlichen Herausforderungen.
Beiträge der gleichnamigen Fachtagung
Die „Tipping Points“-Publikation geht zurück auf die Fachtagung „zum Verhältnis von Freiheit und Restriktion im Urheberrecht“, die das Weizenbaum-Institut in Kooperation mit der Gesellschaft für Musikwirtschafts- und Musikkulturforschung im Februar 2020 in Berlin veranstaltete.
Der Sammelband enthält alle Beiträge dieser Veranstaltung. Er erscheint beim Nomos-Verlag und ist sowohl in gedruckter Fassung käuflich zu erwerben, als auch als kostenloses e-Book online verfügbar. Die Artikel stehen unter der freien Creative Commons-Lizenz CC BY-NC-ND, lassen sich online lesen und als PDF-Dateien herunterladen.
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