Im Neuland: Die Buchverlage und Creative Commons
Im Wiki von Creative Commons gibt es eine Liste von Büchern, die unter Creative-Commons-Lizenz erschienen sind. Die Liste ist nicht besonders lang, sie enthält aber große Namen wie Lawrence Lessig und Cory Doctorow. Anfang September darf ich mich auch in diese Liste eintragen, denn dann erscheint mein Buch „Eine neue Version ist verfügbar” bei Metrolit – unter CC-Lizenz. Das klingt weniger spektakulär als es in Wahrheit ist. Denn auch zehn Jahre nach den ersten Creative-Commons-Lizenzen sind diese für klassische Verlage noch immer eine fremde Welt.
Hartnäckig hält sich das erst unlängst von der GEMA verbreitete Gerücht, wer Creative-Commons-Lizenzen nutze, verzichte damit automatisch auf Vergütung. Es gibt kaum Erfahrungen mit alternativen Lizenzen und wenig Mut, diese auszuprobieren, weil – und hier dreht sich die Spirale der Bewegungslosigkeit – es kaum Erfahrungen damit gibt. Nur wenige Verlage durchbrechen diesen Kreislauf und wagen Experimente. Das ist keine leere Behauptung, sondern meine Erfahrung der vergangenen Monate.
Kultur als Software: Die Probe aufs Exempel
Nach Veröffentlichung meines Buches „Mashup” bei Suhrkamp, in dem ich die digitale Kopie lobe, war ich immer wieder gefragt worden, wie Kultur denn mit der digitalen Kopie funktionieren könne. Ich habe darauf keine Antwort, ich würde mich aber gerne auf die Suche nach einer machen. Deshalb startete ich im Herbst 2012 ein Crowdfunding-Projekt, um mein Buch „Eine neue Version ist verfügbar” gemeinsam mit meinen Lesern zu finanzieren.
Die These des Buches – Kultur wird zur Software – legte es nahe, dies nicht nur zu behaupten, sondern in die Tat umzusetzen und den Lesern Einblick in die Entstehung, also in die Versionierung, des Buches zu geben. 350 Leser nahmen das Angebot an und kauften sowohl ein Buch, von dem noch keine Zeile geschrieben war, als auch den Einblick in dessen Entstehungsprozess. Im Frühjahr dieses Jahres beobachteten sie mich dabei, wie ich ein Buch darüber schrieb, wie die Digitalisierung Kunst und Kultur verändert. Im Mai wurde dieser Prozess mit einer Tagung in der Evangelischen Akademie Tutzing und einer fertigen Buchversion in Exklusiv-Auflage abgeschlossen.
Mythen über Creative Commons
Ich wollte aber noch mehr Leute für meine These interessieren und suchte deshalb nach einem Verlag, der mir als Partner genau dabei helfen sollte. Dazu zählte für mich auch, das Buch mit einer alternativen Lizenz zu veröffentlichen. Die Suche gestaltete sich vergleichsweise einfach, weil ich in Metrolit sehr schnell einen mutigen Partner fand, der die Thesen des Buches und die damit verbundene Haltung unterstützt.
Die Gespräche mit anderen Verlagen zeigten mir aber auch: Dieser Mut ist sehr ungewöhnlich. Der Hauptgrund dafür ist die fehlende Erfahrung im Umgang mit Creative-Commons-Lizenzen. Verlagsmanager denken, sie würden derart lizenzierte Werke komplett verschenken; sie nehmen an, sie müssten sie für diese Lizenzierung in eine Liste eintragen oder Referenzausgaben an Creative Commons schicken. Und sie befürchten vor allem: Creative-Commons-Lizenzen raubten ihnen in erster Linie Einnahmen.
Die neue Realität anerkennen
Beispiele, die das Gegenteil beweisen – wie die erwähnten Lessig oder Doctorow – lassen sie meist nicht gelten. Beide sind für sie Ausnahmen, die ihre angenommene Regel nur bestätigen. Die Option, dass eine leichtere Verfügbarkeit von Werken die Popularität erhöhen und damit womöglich Verkäufe steigern könnten, kommt für sie also gar nicht erst in Frage. Das ist schade, denn das Netz liefert diese leichtere Verfügbarkeit völlig unabhängig davon, ob Verlagsmanager und Autoren sie gut heißen oder nicht. Sie stellt also eine Realität dar, mit der die künftige Kulturproduktion konfrontiert ist.
„Eine neue Version ist verfügbar” versucht Antworten auf genau diese Realität zu finden. Deshalb ist es nur konsequent, dass das Buch unter einer CC-Lizenz erscheint – unter der BY-NC-SA-Lizenz, die für viele Menschen, die mit Creative Commons vertraut sind, als schlechte Variante gilt. In der Welt der klassischen Verlage ist sie aber ein Anfang, ein Versuch neue Wege zu gehen und vielleicht Ansporn, selber Titel zu produzieren, die man dann im CC-Wiki eintragen kann.
Dirk von Gehlens Buch „Eine neue Version ist verfügbar” erscheint Anfang September bei Metrolit.
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