Großverlag Wiley übernimmt Open-Access-Vermittler Knowledge Unlatched

Website von Knowledge Unlatched (Screenshot: iRights.info)
Das Geschäftsmodell von Knowledge Unlatched – zu Deutsch etwa: entriegeltes oder befreites Wissen – besteht im sogenannten „Pledging“ von Open-Access-Publikationen: Das in Berlin ansässige Unternehmen verhandelt im Namen von Verlagen oder Autor*innen mit Bibliotheken Sammelfinanzierungen für Open-Access-Publikationen aus, etwa für einzelne Bücher, Buchreihen oder auch Zeitschriften.
Die Finanzierung funktioniert ähnlich wie ein Crowdfunding: Kommen genug Finanzierungszusagen seitens der Bibliotheken zustande, können die involvierten Verlage beziehungsweise Autor*innen ihre Publikationen per Open Access veröffentlichen oder nachträglich freischalten.
Nach eigenen Angaben konnte Knowledge Unlatched im Jahr 2019 für mehrere hundert Bücher und ein gutes Dutzend Zeitschriften solche Zusagen erreichen.
Wiley und Knowledge Unlatched gehen zusammen
Nun hat Knowledge Unlatched in einem Statement bekannt gegeben, dass eine Übernahme durch den Großverlag Wiley bevorsteht. Dort heißt es:
Wiley und die Knowledge Unlatched engagieren sich beide dafür, den offenen Zugang für alle einfach und leicht zu gestalten. Wiley ist aufgrund seiner Größe, in Kombination mit seiner Kultur der Partnerschaft und seinem Engagement für Open Access, die richtige Wahl, um Knowledge Unlatched auf die nächste Stufe zu bringen. (Übersetzung: iRights.info)
Was diese Übernahme für die involvierten Verlage und Bibliotheken bedeutet, ist derzeit unklar. Seit einigen Jahren befindet sich das wissenschaftliche Verlagswesen – und insbesondere Open Access – allerdings in einer tiefgreifenden Umwälzung (iRights.info berichtete). Dass Wiley sich weiterentwickelt und durch Zukäufe von kleineren Unternehmen neue Geschäftsfelder erschließt, ist daher nicht ungewöhnlich.
In Wileys eigener Pressemitteilung bekräftigte der Verlag seinen bisherigen Kurs:
Mit der Übernahme von Knowledge Unlatched setzt Wiley seine Akquisitionsstrategie fort, die das Ziel verfolgt, menschliches Potenzial zu erschließen. Die jüngsten Übernahmen von J&J Editorial, Hindawi, Madgex und Atypon betonen das Engagement des Unternehmens, innovative Produkte und Dienstleistungen anzubieten, Entdeckungen zu ermöglichen, die Bildung fördern und die Arbeitswelt zu formen. (Übersetzung: iRights.info)
Kommerzielles Open Access und Datentracking in der Wissenschaft
Mit dem 2019 unterzeichneten Projekt DEAL konnte Wiley einen umfassenden Vertrag zur Finanzierung von Open-Access-Publikationen durch Bibliotheken abschließen. Und der Konkurrent Elsevier holte vor einigen Jahren das Literaturverwaltungsprogramm Mendeley in sein Portfolio.
Der Naturwissenschaftler Björn Brembs beobachtet die Entwicklungen seit einigen Jahren. Im kürzlich erschienen Interview mit iRights.info ordnete er sie als zunehmende Monopolisierung des wissenschaftlichen Arbeitens ein: Verlage besitzen mehr und mehr Software und Unternehmen, die den wissenschaftlichen Arbeitsprozess abdecken und tracken könnten.
Podiumsdiskussion zu den Entwicklungen am 9. Dezember
Die Kommerzialisierung von Open Access und das Wissenschafts-Tracking sind auch Gegenstand einer digitalen Podiumsdiskussion am 9. Dezember. Sie trägt den Titel „Wenn du nicht für das Produkt bezahlst, bist du selbst das Produkt?“ und wird unter anderem von der FU Berlin und Wikimedia Deutschland organisiert.
Diskutieren werden Björn Brembs, die Urheberrechtspolitikerin Julia Reda, der Bundesvorsitzende des deutschen Bibliothekenverbands Andreas Degkwitz sowie Angela Holzer, Referentin in der DFG Gruppe Wissenschaftliche Literaturversorgung und Informationssysteme.
Weitere Informationen zu Inhalt und Anmeldung finden sich in diesem Artikel bei iRights.info.
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