Grokster gibt auf
Nach Berichten von Nachrichtenagenturen hat sich Grokster weiterhin dazu verpflichtet, 50 Millionen US-Dollar Schadensersatz an die Musik- und Filmindustrie zu zahlen. Das ist allerdings eher symbolisch zu verstehen, da die Firma als nahezu bankrott gilt.
Auf der Grokster-Website ist derzeit zu lesen, das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten habe einstimmig bestätigt, dass „es illegal ist, diesen Service zu nutzen, um urheberrechtlich geschütztes Material zu tauschen. Urheberrechtlich geschützte Filme und Musikstücke mithilfe von ungenehmigten Peet-to-peer-Diensten zu kopieren, ist illegal und wird von den Inhabern der Urheberrechte verfolgt.“
Wichtige Frage ungeklärt
Diese Interpretation des Urteils aus dem Juni dieses Jahres ist allerdings so einseitig, dass es vermutlich zur Einigung mit den Grokster-Gegnern gehört, sie auf der Homepage zu veröffentlichen. Die Unrechtmäßigkeit des Angebots ist nämlich bisher gar nicht abschließend erwiesen.
Der Oberste Gerichtshof hatte zwar die Argumentation der unteren Instanz aufgehoben, nach der es in jedem Fall legal sei, einen entsprechenden Dienst anzubieten, solange es auch möglich ist, ihn auf nicht-urheberrechtsverletzende Art und Weise zu nutzen. Er entschied aber, dass es nicht rechtmäßig ist, wenn eine Firma ihr Geschäftsmodell vollständig darauf gründet, dass Nutzer Urheberrechtsverletzungen mit diesem Dienst oder Software begehen. Ob das bei Grokster der Fall ist, ist unklar, denn darüber hätte nun das Gericht zu entscheiden gehabt, an das der Fall zurück verwiesen wurde. Nach der Einigung der Konfliktparteien wird es dazu nun nicht kommen.
Die Aussichten für ein weiteres Verfahren sind unklar. Nach Einschätzung des höchsten US-Gerichts können Tauschbörsenfirmen verklagt werden, wenn sie vorsätzlich Kunden ermutigen, urheberrechtlich geschützte Werke illegal aus dem Netz zu laden, um mehr Kunden zu gewinnen und dadurch mehr Geld mit Werbung zu verdienen. Das sei bei Grokster der Fall und damit die „Gesetzwidrigkeit der Zielsetzung unübersehbar“. So hatte es David Souter, vorsitzender Richter, in seiner Begründung des Urteils formuliert.
Grokster: Kein Geld für weiteren Rechtsstreit
Michael Page, ein Anwalt von Grokster, sagte am Montag, seine Firma wäre siegreich aus einem Gerichtsverfahren hervorgegangen, habe sich aber keinen weiteren langen und kostspieligen Prozess erlauben können.
„Grokster ist aus dem Geschäft“, kommentierte Charles Baker, Anwalt der Firma Streamcast, die gemeinsam mit Grokster angeklagt war, die Entscheidung. „Sie hatten keine Lust mehr, weiter zu kämpfen.“ Er ergänzte, dass die Einigung keinen Einfluss auf Streamcast haben werde. Die Firma wird sich – ebenso wie Sharman Networks, das die Kazaa-Software vertreibt – weiter vor Gericht gegen alle Klagen wehren. Die mündliche Verhandlung gegen Streamcast ist bereits für den 27. März 2006 vor einem Bezirksgericht festgelegt.
Dan Glickman, Vorsitzender des Verbands der US-Filmindustrie MPAA, sagte, Grokster werde ein starkes Signal gegen „Piraterie“ aussenden. Die Firma dürfe ihre Software und ihr Netz nicht weiter pflegen. „Ohne das wird das System mit der Zeit verfallen.“
Nur ein symbolischer Sieg?
Der Marktforscher Eric Garland hält den Sieg allerdings in erster Linie für symbolisch. Grokster habe über Jahre hinweg stetig Nutzer an innovativere Konkurrenten verloren, sagte Garland, Chef von Big Champagne, einem Unternehmen, das den Datenverkehr in Tauschbörsen-Netzen untersucht. „Die Marke ist hauptsächlich durch den Prozess bekannt geworden. Die meisten Menschen kennen Grokster, weil sie in der Zeitung darüber gelesen haben, nicht weil sie die Software benutzen.“
Nach Untersuchungen von Big Champagne waren im Oktober durchschnittlich 9,2 Millionen Nutzer zu jedem beliebigen Zeitpunkt in Peer-to-Peer-Netzen angemeldet. Im vergangenen Jahr waren es noch 6,3 Millionen gewesen.
Wayne Rosso, Groksters früherer Präsident, sagte, der Geist sei aus der Flasche, wenn es um die Peer-to-Peer-Dienste gehe: „In der zweiten Generation der Netze ist alles dezentralisiert, so dass man nicht Millionen Menschen davon ausschließen kann, die sie bereits nutzen.“
Mitch Bainwol, Vorsitzender des Verbands der großen US-Plattenfirmen RIAA, sagte in einer Stellungnahme: „Es geht um unsere Möglichkeiten, in Musik zu investieren. Ein Markt mit legitimen Musikdiensten erlaubt uns genau das.“
Kritik von Bürgerrechtlern und Unternehmen
Bürgerrechtler, aber auch Unternehmensverbände, vor allem die der Hardware-Hersteller, hatten das Urteil des Obersten Gerichts vom Juni scharf kritisiert, weil es zukünftige Erfindungen auf Kosten der Verbraucher behindern werde.
Sam Yagan, Präsident der Firma Meta Machine, die die Tauschbörsen-Software eDonkey entwickelt und vertrieben hatte, sagte in einer Anhörung des US-Kongresses im September, das Grokster-Urteil sei eine Einladung an die Rechteverwerter, andere Firmen zu verklagen, da der Maßstab für rechtswidriges Verhalten die Absicht sei, Nutzer zu Urheberrechtsverletzungen anzustiften. Ob eine solche Absicht vorliege, könne aber immer nur in einem Gerichtsverfahren geklärt werden.
Gerade kleine und neue Firmen könnten sich aber Prozesse gegen die Musik- und Filmindustrie nicht leisten. Das Ergebnis wäre, dass Innovation verhindert würden, worunter die US-Wirtschaft insgesamt leide. Yagan hatte im September eine Unterlassungserklärung der RIAA unterzeichnet und sich verpflichtet, die eDonkey- Software nicht mehr zu vertreiben.
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