Gewerkschaft Verdi fordert Netzüberwachung gegen Urheberrechtsverletzungen
In einem Positionspapier des Bundesvorstands von Verdi, das am vergangenen Montag (25. Oktober) verabschiedet wurde und iRights.info vorliegt, heißt es unter „Leitgedanken der ver.di zur Zukunft des Urheberrechts“:
ver.di wirbt für den Grundsatz, durch Aufklärung und Transparenz Sanktionen so weit wie möglich unnötig zu machen. Deshalb halten wir es für notwendig, um illegale Nutzungen zu vermeiden, auf den Schutz des Urheberrechts und die Gefahr einer Verletzung eindeutig hinzuweisen. Ziel ist technische Instrumente zu finden, die es ermöglichen, dass beim Aufruf einer Seite mit illegalen Angeboten ohne Registrierung der Nutzer/innen-IP auf dem Monitor eine – von dazu legitimierten Institutionen vorgeschalteter – Information über die Rechtswidrigkeit des Angebots und dessen Nutzung erscheint. Der Anbieter illegaler Angebote muss im Vorfeld über das Vorhaben informiert und ihm ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden. Ein entsprechender Regelungsrahmen und auch auf Verlangen der Urheberinnen und Urheber zur Kennzeichnung legitimierte Institutionen sind zu schaffen.
Ein ähnliche Art der Überwachung steht bereits seit einiger Zeit zur Diskussion: in der Auseinandersetzung darüber, ob Seiten gesperrt werden sollen, die Bilder und Videos von sexuellem Missbrauch von Kindern („Kinderpornographie“) anbieten. Im „Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten in Kommunikationsnetzen“ (Zugangserschwerungsgesetz) ist festgelegt, dass das Bundeskriminalamt (BKA) eine Liste mit Anbietern derartiger Inhalte führt und Zugangsprovider mit mehr als 10.000 Kunden gesetzlich dazu verpflichtet sind, den Zugriff auf diese Inhalte zu sperren.
Gegen dieses Gesetz hatten sich in einer Online-Petition mehr als 134.000 Bürger ausgesprochen; der damalige Bundespräsident Horst Köhler hatte es erst nach langer Prüfung und Rückfrage über das geplante Vorgehen der neuen Bundesregierung unterzeichnet. Zwar ist es im Februar 2010 in Kraft getreten, doch wies das Bundesinnenministerium das BKA per Erlass an, bis auf Weiteres keine Sperrlisten zu erstellen.
Die Einschränkung, dass nur ein „Warnhinweis“ vorgeschaltet ist, sei zwar eine Unterscheidung zum Zugangserschwerungsgesetz, so Alvar Freude vom Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur (AK Zensur). Doch um zu erkennen, dass Nutzer bestimmte Webseiten aufrufen, müsse trotzdem der gesamte Internet-Datenverkehr überwacht werden, denn „nur dann kann festgestellt werden, dass ein Nutzer tatsächlich eine Website aufruft, auf der rechtswidrige Inhalte angeboten werden“, so Freude.
Im folgenden Absatz fordert die Gewerkschaft,
nach anlassbezogener Kontrolle durch eine nicht gewinnorientiert und im Interesse der Urheber und Urheberinnen handelnde Einrichtung, Nutzer/innen, die das Urheberrecht verletzen, nach einer richterlich angeordneten Herausgabe der entsprechenden Zugangsdaten mit einem maßvollen Ordnungsgeld zu belegen.
Es ist aus dem Papier nicht erkennbar, ob der Anlass der Kontrolle darin bestehen kann, dass Nutzer die Warnhinweise ignorieren und das Urheberrecht verletzen. Sollte das gemeint sein, was durch die Abfolge der Absätze im Dokument nahe liegt, müssten zu diesem Zweck die Daten registriert werden, von denen die Autoren das Papiers sagen, dass sie nicht gespeichert werden, allen voran die IP-Adresse der Nutzer.
Ziel des Verfahrens sei, so das Positionspapier, „Auswüchse im derzeitigen Abmahnwesen einzudämmen“. Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass dieses Ziel mit den vorgeschlagenen Mitteln erreicht werden kann, da es den Rechteinhabern weiterhin unbenommen wäre, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen. Um das zu verhindern, müssten weit reichende Gesetzesänderungen vorgenommen werden. Im Zweifel müssten Betroffene also ein Ordnungsgeld und die Kosten einer Abmahnung zahlen.
Was sagen Sie dazu?